piwik no script img

Bauwagen-StreitNur Schreiber will räumen

Bezirksfürst Markus Schreiber probt den Aufstand gegen den Senat. Die Stadtentwicklungsbehörde strebt eine langfristige Lösung für "Zomia" an.

In den Behören umstritten: Der Bauwagenplatz "Zomia". Bild: Privat

Um den Bauwagenplatz Zomia am Wilhelmsburger Ernst-August-Kanal ist ein Behördenstreit entbrannt. Der Hauptausschuss der Bezirksversammlung Mitte stellte der Bauwagengruppe am Dienstagabend ein Ultimatum, den Platz umgehend zu räumen. Zeitgleich beschloss der Stadtentwicklungsausschuss der Bürgerschaft, eine Lösung zu finden. "Der Stadtentwicklungsausschuss hat einstimmig beschlossen, den Senat zu bitten, zusammen mit Zomia einen Platz zu suchen, der eine langfristige Perspektive bietet", sagt Sprecher Volker Dumann von der Stadtentwicklungsbehörde (BSU).

Für Debatten hatte die SPD-Fraktion im Hauptausschuss wenig übrig. "Wir haben bald Herbst und Winter, das Thema muss jetzt schnell vom Tisch", sagte der SPD-Bezirksabgeordnete Fred Rebensdorf. Ein entsprechender Antrag der SPD-Fraktion liege vor, nach dem auf der jetzigen Zomia-Fläche wieder ein "der gültigen allgemeinverbindlichen Gesetzeslage genügender Zustand" hergestellt werden soll - im Zweifelsfall durch Räumung. Während die FDP sich dem anschloss, äußerten die übrigen Fraktionen (CDU, GAL, Piraten- und Linkspartei) geschlossen Bedenken, mitten in der parallel laufenden Debatte über einen derart endgültigen Antrag abzustimmen. SPD-Mann Rebensdorf berührte das nicht: Der Hauptausschuss sei frei, jederzeit zu entscheiden.

Bezirksamtsleiter Markus Schreiber (SPD) frohlockte nach dem Beschluss: "Die Politik hat mir ganz klar den Auftrag gegeben, die illegale Nutzung der Industriefläche durch die Zomia-Gruppe zu beenden." Doch Stadtentwicklungssenatorin Jutta Blankau (SPD) möchte, dass Schreiber das Ultimatum nicht umsetzt. "Der Senat hat deutlich gesagt, dass ein Alleingang Schreibers nicht gewünscht ist", berichtet die Grünen-Bürgerschaftsabgeordnete Antje Möller. Es sei ein Unding, wenn Schreiber dieses Votum ignorierte. "Es soll eine Lösung gefunden werden, davor wird nicht geräumt", sagt Heike Sudmann von der Linksfraktion. Die vier bislang von der BSU vorgeschlagenen Areale waren für Zomia nicht in Betracht gekommen.

Auch Senatssprecher Christoph Holstein gibt sich entspannt. "Die sollen sich in dem Konflikt einigen und Alternativen suchen", sagt Holstein. Schreiber könne nicht allein räumen, so Holstein. "In diesem Moment wäre die Innenbehörde am Zuge."

Am Mittwoch rudert der Bezirk Mitte dann ein wenig zurück: "Es wird von der BSU nächste Woche noch ein Platz angeboten", sagt Behördensprecher Lars Schmidt-von-Koss. "Wenn die zuständige Fachbehörde nach einer adäquaten Lösung sucht, warten wir das natürlich ab." Sonst werde es allerdings eine Räumungsverfügung geben wie damals bei der Wagenburg Bambule. "Dann wird das wohl vors Verwaltungsgericht gehen", sagt Schmidt-von-Koss.

Die Zomia-Gruppe appelliert indes an die Politik: "Es ist bitter, wenn bei den Politikern nicht die Bereitschaft besteht, sich mit der perfekten Lösung auseinanderzusetzen", sagt Zomia-Sprecher Simon. Wenn es eine echte Alternative gäbe, wären die Gruppe bereit, ihren "Lebensmittelpunkt Wilhelmsburg" aufzugeben. "Für uns bleibt Wilhelmsburg aber die beste Lösung", sagt Simon. "Wenn es einen neuen Bauwagenplatz geben soll, muss das die Bürgerschaft beschließen", sagt Schmidt-von-Koss.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

12 Kommentare

 / 
  • NP
    No Pasaran

    Fuer mehr Bauwagenplaetze!!

    Alternative Lebensformen zu Leben, die im krassen Gegensatz zu blinder Akzeptanz des Mietenwahns stehen ist positiv und nicht negativ! Letztendlich betrifft das jede und jeden in dieser Stadt, darueber sollten alle Kritiker einmal nachdenken bevot sie nach "Recht und Ordnung" schreien. Jede/r kann naechster sein im Mietenkarussel - eins, zwei, drei und raus bist Du!

     

    NO PASARAN

  • RW
    Robert W.

    Die hier offen zur Schau getragene Gegnerschaft gegenüber ZOMIA ist mE erschreckend. Ich möchte den Kritikern gern die Frage stellen, ob sie den Bauwagenplatz jemals selbst besucht und mit den ZOMIAnern gesprochen haben? Ich vermute, dass das nicht der Fall ist, da viele der in den Kommentaren benannte (Vor-)Urteile den aus meiner Sicht sehr umsichtigen Bewohnern ZOMIAs nicht annähernd gerecht werden. Daher meine Aufforderung, besucht ZOMIA und redet selbst mit den Leuten anstatt unreflektierte Hetze zu betreiben. Mit freundlichem Gruß! Robert

  • WB
    Willi & Burkhardt

    Endlich menschen, die sich mal trauen und genug Mumm haben eine radikale Alternative außerhalb von Vermietungswahnsinn und (Haus-)eigentum zu starten. anstatt Solidarität bekommen sie Missgunst und Boykott aus der linken.

    Was bedeutet das Rädchen Zomia schon in Gentrifizierungsprozess? Auf jeden Fall greift es zu kurz den Zomias die Schuld am Aufwertungsprozess zuzuschieben und zu glauben 'die (richtigen) Wilhelmsburger' könnten wieder ihre gewohnte Ruhe haben, wenn die Störer vom Staat entfernt worden sind. Die tatsächliche Ursache ist schlicht in der Marktförmigkeit der Immobilienverteilung die erfahrungsgemäß früher oder später nicht nur gegen die 'Ursprungsbevölkerung' sondern auch gegen die zugezogenen alternavien 'Pioniere' richtet.

    Der Platz definiert sich ja selbst nun eher als IBA-Gegenprojekt, das sich auch nicht so ohne weiteres integrieren lassen will und wird, und als tatsächliche Alternative zu elbüberspringenden Investorenträumen.

     

    Wo sind die Linken, die sich achsosehr um die Verdrängung der Alteingesessenen des ehemaligen Arbeiterviertels besorgen? Die funktionalen Details im Gentrifizierungsprozess, die unrechten Rauswürfe und Mieterhöhungen der Vermieter, welchen die bisherigen Mieter eher hilflos ausgesetzt sind zum beispiel. Wo wird Übersetzungshilfe und Begleitungshilfe geleistet? Wieviele der Gentrifizierungskritiker sitzen in den z.b. türkischen Cafe´s und plaudern beim Tee mit den Anwohnern über Strategien und Lösungen? Wo werden basisdemokratische Stadtteilarbeit und -selbstverwaltung und nachhaltige widerständige Strukturen aufgebaut? Warum verlaufen die Baumaßnahmen so reibungslos, sind die Baustellen für die Iba/igs im Zeitplan? Wo ist die Gentrifizierungskritik, die in Taten umschlägt?

  • I
    Ichwarvorherhier

    Zomia betreibt Landnahme mit linken Argumenten und unangemessenem Sendungsbedürfnis. Die eigentlichen Gegner sind nicht die Schreibers, sondern die Wilhelmsburger, die ihre Ruhe vor dieser Vereinnahmung haben wollen.

  • P
    Paolo

    Gegner_innen der gegenwärtig politisch forcierten Stadtteilaufbewertung in Hamburg-Wilhelmsburg können die Räumung des Wagenplatzes nur gutheißen. Dieser ganze pseudo-revolutionäre Quatsch ist das Letzte, was das Viertel derzeit braucht. Zufall, dass die Platzbesetzung hier stattfand? Wer's glaubt. Szene-Standort – no, grazie.Ihren Kommentar hier eingeben

  • Z
    Zomia

    Zomia.... ungewollte Nachbarn.

    Vermeintliche Umweltschützer in schlecht isolierten Bauwagen auf einer Wiese, die keine Wiese mehr ist.

    Ich hoffe, dass Zomia bald geräumt wird.

    Und wenn nicht, dann sollen sie angemessen Miete zahlen, die Fläche pachten oder kaufen.

    Und der Müll landet fortweg in den Büschen. Vielleicht nicht durch die Zomia Leute, sondern durch das Gesocks, dass die Bauwagen anlocken.

  • NP
    No Pasaran

    Fuer mehr Bauwagenplaetze!!

    Alternative Lebensformen zu Leben, die im krassen Gegensatz zu blinder Akzeptanz des Mietenwahns stehen ist positiv und nicht negativ! Letztendlich betrifft das jede und jeden in dieser Stadt, darueber sollten alle Kritiker einmal nachdenken bevot sie nach "Recht und Ordnung" schreien. Jede/r kann naechster sein im Mietenkarussel - eins, zwei, drei und raus bist Du!

     

    NO PASARAN

  • RW
    Robert W.

    Die hier offen zur Schau getragene Gegnerschaft gegenüber ZOMIA ist mE erschreckend. Ich möchte den Kritikern gern die Frage stellen, ob sie den Bauwagenplatz jemals selbst besucht und mit den ZOMIAnern gesprochen haben? Ich vermute, dass das nicht der Fall ist, da viele der in den Kommentaren benannte (Vor-)Urteile den aus meiner Sicht sehr umsichtigen Bewohnern ZOMIAs nicht annähernd gerecht werden. Daher meine Aufforderung, besucht ZOMIA und redet selbst mit den Leuten anstatt unreflektierte Hetze zu betreiben. Mit freundlichem Gruß! Robert

  • WB
    Willi & Burkhardt

    Endlich menschen, die sich mal trauen und genug Mumm haben eine radikale Alternative außerhalb von Vermietungswahnsinn und (Haus-)eigentum zu starten. anstatt Solidarität bekommen sie Missgunst und Boykott aus der linken.

    Was bedeutet das Rädchen Zomia schon in Gentrifizierungsprozess? Auf jeden Fall greift es zu kurz den Zomias die Schuld am Aufwertungsprozess zuzuschieben und zu glauben 'die (richtigen) Wilhelmsburger' könnten wieder ihre gewohnte Ruhe haben, wenn die Störer vom Staat entfernt worden sind. Die tatsächliche Ursache ist schlicht in der Marktförmigkeit der Immobilienverteilung die erfahrungsgemäß früher oder später nicht nur gegen die 'Ursprungsbevölkerung' sondern auch gegen die zugezogenen alternavien 'Pioniere' richtet.

    Der Platz definiert sich ja selbst nun eher als IBA-Gegenprojekt, das sich auch nicht so ohne weiteres integrieren lassen will und wird, und als tatsächliche Alternative zu elbüberspringenden Investorenträumen.

     

    Wo sind die Linken, die sich achsosehr um die Verdrängung der Alteingesessenen des ehemaligen Arbeiterviertels besorgen? Die funktionalen Details im Gentrifizierungsprozess, die unrechten Rauswürfe und Mieterhöhungen der Vermieter, welchen die bisherigen Mieter eher hilflos ausgesetzt sind zum beispiel. Wo wird Übersetzungshilfe und Begleitungshilfe geleistet? Wieviele der Gentrifizierungskritiker sitzen in den z.b. türkischen Cafe´s und plaudern beim Tee mit den Anwohnern über Strategien und Lösungen? Wo werden basisdemokratische Stadtteilarbeit und -selbstverwaltung und nachhaltige widerständige Strukturen aufgebaut? Warum verlaufen die Baumaßnahmen so reibungslos, sind die Baustellen für die Iba/igs im Zeitplan? Wo ist die Gentrifizierungskritik, die in Taten umschlägt?

  • I
    Ichwarvorherhier

    Zomia betreibt Landnahme mit linken Argumenten und unangemessenem Sendungsbedürfnis. Die eigentlichen Gegner sind nicht die Schreibers, sondern die Wilhelmsburger, die ihre Ruhe vor dieser Vereinnahmung haben wollen.

  • P
    Paolo

    Gegner_innen der gegenwärtig politisch forcierten Stadtteilaufbewertung in Hamburg-Wilhelmsburg können die Räumung des Wagenplatzes nur gutheißen. Dieser ganze pseudo-revolutionäre Quatsch ist das Letzte, was das Viertel derzeit braucht. Zufall, dass die Platzbesetzung hier stattfand? Wer's glaubt. Szene-Standort – no, grazie.Ihren Kommentar hier eingeben

  • Z
    Zomia

    Zomia.... ungewollte Nachbarn.

    Vermeintliche Umweltschützer in schlecht isolierten Bauwagen auf einer Wiese, die keine Wiese mehr ist.

    Ich hoffe, dass Zomia bald geräumt wird.

    Und wenn nicht, dann sollen sie angemessen Miete zahlen, die Fläche pachten oder kaufen.

    Und der Müll landet fortweg in den Büschen. Vielleicht nicht durch die Zomia Leute, sondern durch das Gesocks, dass die Bauwagen anlocken.