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Usbekische Diktatorentochter KarimowaLaufsteg der Menschenrechte

Die usbekische Diktatorentochter Gulnara Karimowa darf ihre Kollektion nicht auf der Fashion Week präsentieren – wegen Menschenrechtsverletzungen.

Folteropfer? Modeopfer? Designerin und Diktatorentochter Gulnara Karimowa. Bild: dapd

Gulnara Karimowa darf ihre Kleidungsstücke nicht auf der Mercedes Benz Fashion Week in New York zeigen. "Als Folge der entstandenen Bedenken haben wir die Guli-Show am 15. September abgesagt", sagte ein Sprecher von IMG, dem Organisator des Modeevents.

"Guli" ist die Modelinie der vielseitigen Tochter des usbekischen Diktators Islam Karimow. Die 39-Jährige fungiert als Botschafterin des zentralasiatischen Staates in Genf und Spanien und reüssiert als großherzige Kulturstifterin und Charitylady. Die US-Depeschen auf Wikileaks bezeichnen sie als "die meistgehasste Frau Usbekistans".

Eine Woche vor Karimowas großem Auftritt berichtete die New York Post darüber. Der Artikel, der die schweren Menschenrechtsverletzungen des zentralasiatischen Staates wie Folter und Millionenfach erzwungene Kinderarbeit auflistet, startet mit einem "So long, Folteropfer, hallo Modeopfer". Am Tag der Show wurden Proteste in der US-Metropole angekündigt.

Die Organisation Human Rights Watch orchestrierte die Empörung. "Gulnara Karimowa ist eine Schlüsselfigur des usbekischen Regimes, das für die schlimmsten Menschenrechtsverletzungen bekannt ist", sagt der Direktor der amerikanischen Menschenrechtsorganisation für Europa und Zentralasien Hugh Williamson. Eine solche Person dürfe auf der Modewoche kein Forum haben. Human Rights Watch kritisierte schon oft die Präsenz Karimowas im internationalen Jetset. Wohl auch deswegen wurde 2011 die Organisation endgültig aus Usbekistan geschmissen, zuvor wurde deren Vertretern über Jahre Visa verweigert.

Klagt die Designerin?

IMG zeigte sich "entsetzt" und zog nun die Notbremse. Da die Diktatorentochter sich nicht zurückziehen wollte, kündigte der Veranstalter den Vertrag. Modekreise gehen von einer Klage der Designerin aus.

Der Sponsor Daimler erklärte, keinerlei Einfluss auf die inhaltliche Gestaltung der Modewochen zu haben. "Daimler hat kein Interesse daran, Personen, denen Menschenrechtsverletzungen nachgewiesen werden können, eine öffentliche Plattform zur Verfügung zu stellen", sagte eine Sprecherin. Der Autobauer wurde 2010 in den USA wegen Bestechung auch in Usbekistan verurteilt. Haben Daimler und IMG wirklich erst in diesen Tagen von der tatsächlichen Rolle Gulnara Karimowas in Usbekistan erfahren?

Denn ihr Ausflug in die internationale Glitzerwelt ist nicht neu. Seit 2009 etabliert sie sich in Europa und den USA auf Mode- und Charityevents. 2010 war sie Koschirmherrin der prestigeträchtigen "Cimena against Aids"-Gala in Cannes, obwohl ihr Land Aidsaktivisten verfolgt. 2010 zeigte sie ihre Kollektion "Guli" zum ersten Mal auf den Mercedes Benz Modewochen in Moskau und New York.

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5 Kommentare

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  • R
    reblek

    "Wohl auch deswegen wurde 2011 die Organisation endgültig aus Usbekistan geschmissen, zuvor wurde deren Vertretern über Jahre Visa verweigert." - Da scheint jemand der Meinung zu sein, der Singular sei nicht "Visum", sondern "Visa", was allerdings der (Neutrum-)Plural ist.

    "Daimler hat kein Interesse daran, Personen, denen Menschenrechtsverletzungen nachgewiesen werden können, eine öffentliche Plattform zur Verfügung zu stellen." - Nett zu lesen, schließlich hat Daimler genügend Erfahrungen mit solchen "Personen" gesammelt, zum Beispiel in Südafrika.

    "... obwohl ihr Land Aidsaktivisten verfolgt..." - Was sind denn "Aidsaktivisten"? Verbreiten die HIV? Oder propagieren sie dessen Verbreitung?

  • AB
    a b c d

    Wenn es anonyme Melde-Systeme für nur ein paar Worte oder kurze Texte gäbe, hätte es jemand der taz gesteckt, die taz hätte vor ein paar Monaten schon eine schriftliche Anfrage gestellt und könnte damit heute in Folge ein paar Manager entlassen lassen. Wieder mal auf einen Scoop verzichtet... . Blogger decken mehr auf als viele Presse.

     

    Wie bei Fußball müssen Sanktionen wie Gelbe Karten usw. zumindest im gleichen Spiel gleichartig für gleichartige Vergehen verteilt werden.

    Menschenrechte oder z.b. auch Internet-Poker vor ein paar Wochen oder aktuell Kuba bei Paypal usw. werden allerdings extrem willkürlich verfolgt. Nach vergleichbarer Gerechtigkeit sieht das nicht aus. Bei Diktatoren weiß man wenigstens, das er seine Meschpoke begünstigt.

     

    Wenn Menschenrechtler besser wäre, könnten sie beispielsweise als nur mal eine Idee die 10 bösesten Diktatoren benennen und ihre beteiligten Familien und Mittelsmänner und ihre Auslands-Veranstaltungen dokumentieren. Soziale Ächtung wirkt oft sehr schnell.

    Kein Promi oder Firmenchef will mit Diktatoren bei Twitter erscheinen. Das ist sogar mit geringem Aufwand quasi selbst-organisierend. Die vertriebene Opposition lauert weltweit und hat auch praktisch immer ein Twitter-FotoHandy.

    Statt 1 Tag mit 100 Leuten zu demonstrieren dokumentiert man einen halben Tag lang die Geschäfte von Gadaffi und seinen jeweiligen Freunden in kleinen Gruppen. Im Prinzip oppositionelle Menschenrechts-Papparazzi.

    Und das man die entsprechenden Keywords bei google-Alerts laufen hat und automatisch informiert wird, sollte auch klar sein. Mashes heisst sowas technisch. Oppositionellen-Gruppen, Zeitungen, Menschenrechts-Organisationen. Informationsfluss durch Internet.

    Wohlgemerkt: Es geht nicht um Gafferei o.ä. Da muss man sauber selektieren und Infos auch mal nicht veröffentlichen.

    Diktatoren-Familien können gerne zu Hause leben und ihr eigenes (natürlich überlegenes und aller-wahrstes) TV schauen und an ihrer real existierenden und aller-tollsten Demokratie gleich vor Ort mitarbeiten... .

     

    In dem Zusammenhang noch: Ghaddaffis Sohn war wohl Internet-Chef. Die haben sicher Mobil-Funk-Firmen. Also wieso sollten die drei(?) einzigen Hersteller denen ihre UMTS oder GSM-Anlagen aufbauen ? Da wird also gerne mit zweierlei Maß gemessen.

  • R
    rodelaax

    Ich finde es seltsam, dass sie bei einem Event in New York auftreten will, obwohl sie (lt. Wikipedia) durch die USA per internationalem Haftbefehl gesucht wird.

  • R
    rodelaax

    @ von Vic

    Wer lesen kann ist im Vorteil.

  • V
    vic

    Was hat sie denn nun getan- außer Tochter zu sein?