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Reaktionen auf rot-grünes Aus in BerlinWie groß ist der Schaden?

Falsche Versprechen, Klientelpolitik – Schuld sind immer die anderen. Was rote und grüne Spitzenpolitiker zu den gescheiterten Koalitionsverhandlungen in Berlin sagen.

Enttäuschte Grüne: Daniel Wesener und Ramona Pop. Bild: dpa

BERLIN taz | Nach dem rot-grünen Crash in Berlin schieben sich SPD und Grüne gegenseitig die Schuld zu. Die Grünen unterstellen Klaus Wowereit, Rot-Grün gar nicht gewollt zu haben - SPD-Politiker bescheinigten den Grünen Klientelpolitik. Allerdings mühen sich vor allem SPD-Bundespolitiker den Eindruck zu zerstreuen, dass Berlin eine Blaupause für den Bund sei. Die Grünen hingegen fürchten, dass die nahende schwarz-rote Koalition in Berlin sich 2013 im Bund wiederholt.

Grünen-Chefin Claudia Roth sagte: "Es hat allein Wowereit zu verantworten, dass Berlin nun gegen einen klaren Wählerauftrag regiert wird." Wowereit führe "Berlin mit einer großen Koalition zurück in eine spießige Vergangenheit". Ähnlich formulierte es ihr Co-Chef Cem Özdemir. "Wir Grüne waren bereit, an der für uns schwierigen Frage des Autobahnausbaus bis an die Schmerzgrenze zu gehen", sagte er.

"Aber Wowereit wollte alles, und wer alles will, bekommt manchmal nichts." Bundespolitisch nutze das rot-grüne Scheitern in Berlin nur Angela Merkel. Die SPD müsse sich gut überlegen, ob sie dieses Signal aussenden möchte. "Denn das Signal heißt Schwarz-Rot." Will sagen: In einer großen Koalition im Bund kann die SPD den Traum, den Kanzler zu stellen, vergessen.

SPD-Politiker versuchten das Scheitern der Koalitionsverhandlungen lieber als Regionalkonflikt ohne bundespolitischen Kollateralschaden zu deuten. "Dass sich die Grünen für drei Kilometer Autobahn so gerieren, wirkt selbstgerecht", kritisierte SPD-Politiker Karl Lauterbach. Bundespolitische Folgen habe es nicht: "Wenn es im Bund für Rot-Grün reicht, machen wir das."

Auch der SPD-Rechte Johannes Kahrs schätzt die bundespolitischen Effekte gering ein. "Im Bund sind die Grünen, was etwa Infrastrukturprojekte wie Stromtrassen angeht, einsichtiger." In Berlin habe jeder gewusst, dass Rot-Grün nur mit der A 100 geht. Schuld sei die "Klientelpolitik der Kreuzberger Grünen.

Der Kreuzberger Grüne Christian Ströbele konterte: "Kahrs weiß nicht, was er da redet." Offenbar sei Wowereit eine Koalition mit der CDU einfach lieber. Allerdings formulierte Ströbele durch die Blume auch Kritik an der Verhandlungstaktik des Berliner Grünen Volker Ratzmann. Der Stopp der A 100 sei für die Kreuzberger Grünen im Wahlkampf "ein wichtiger Punkt, aber nie ein Essential gewesen". Das Geld für die A 100 stehe noch nicht zur Verfügung. Für den Bund sei Berlin kein gutes Zeichen. "Wir hätten für die nächste Bundestagswahl gerne ein Beispiel einer funktionierenden rot-grünen Koalition gehabt."

Hinter vorgehaltener Hand sehen SPD-Spitzenpolitiker das ähnlich. "Wir kämpfen darum, dass der Euroraum nicht kollabiert - und in Berlin können die sich noch nicht einmal auf 3,2 Kilometer Autobahn einigen. Das, so ein SPD-Mann, "ist ein schlechtes Signal für Rot-Grün". SR, HG, DZY, IPO

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19 Kommentare

 / 
  • JK
    Juergen K.

    Die SPD hat die Gruenen GESCHREDDERT

     

    - auf den Politischen Komposthaufen geworfen.

     

    Bundesweit.

     

    Da mag es den Einen oder Anderen geben, der auch in der unvermeidbaren Opposition seine Zukunft sieht ?!

     

    Wie abgesprochen beinahe:

     

    400 mio für die SPD aus dem Bund, von Merkel.

     

    Weggestellt sind sie - wie Hartz4er - Die Gruenen.

  • W
    Wüstenratte

    Im Grunde wird es Betrug am Wählerwillen, warum haben Viele Grün, Piraten, Linke und SPD gewählt?? Weil Sie kein Schwarz /Gelb in Berlin wollten!! Nur wegen eines Sturkopfes der SPD sollen nun die Schwarzen doch dürfen, was sie nicht können, nämlich regieren. Der schwafelt von großen Schnittmengendie er sehe, ich frage mich ob er überhaupt noch durchsieht. Bankenskandal, Howogevergabeskandal mal sehenwas noch kommt.

  • H
    hoelz

    @JFSebastian:

     

    >Das ist genau der Grund, weshalb die Piraten Zulauf haben(..)ab jetzt wird nur noch links außen gewählt...<

     

     

    da versteh' ich jetzt aber den Zusammenhang nicht...

  • DR
    dieter rollfs

    Wer hat uns mal wieder verraten?

     

    WO?

    WER?

    EITel?

  • M
    Max

    Chance auf rot-grün vertan, Ströbele sollte sich mehr einmischen, das was jetzt rauskam wirkt irgendwie dilletantisch und stärkt die Union wo es eigentlich nichts zu stärken gab.

  • RP
    Rainer Pieda

    ich hätte mir gewünscht, die grünen wären weniger auf die autobahn fixiert und hätten statt dessen die wirtschaftliche seite berücksichtigt. es ging nach dem kompromiss doch in erster linie darum, die investitionen in der stadt zu behalten, deshalb der, von den grünen wohl als realistisch eingeschätzte, versuch, die mittel umzuleiten. offensichtlich ist den grünen die wirtschaftliche entwicklung der stadt, die arbeitsplätze weniger wichtig. dass der bürgermeister von friedrichshain kreuzberg für den fall des scheiterns der mittelumleitung sogar seinen austritt aus der grünen partei ankündigt, zeigt, daß es hier offensichtlich ums prinzip geht. wenn jemand nicht seinen willen bekommt, dann ...

    es hätte nur noch gefehlt, daß ein spd bürgermeister

    mit seinen parteiaustritt gedroht hätte, falls das autobahnstück nicht gebaut wird.

  • R
    Rosa_Lux

    Die SPD hat leider nichts gelernt.

    Kaum hat sie (nach ihrem "der Teufel trägt Prada" mit seiner neoliberalen Agenda etc.) wieder ein wenig Auftrieb - schon vergisst sie, dass sie (hoffentlich) von Vielen 2013 nicht gewählt werden wird, wenn damit die CDU weiter regiert.

    Und das die SPD jetzt die Mehrheit im Bundesrat aufs Spiel setzt (um z.B. das verf*** Steuerflucht Abkommen mit der Schweiz noch zu verhindern) zeigt mir, dass die SPD einfach nur regieren will - koste es Deutschland & "den Souverän" was es wolle.

    Mieses Spiel - mieser Zug!

    Sozialdemokratie?

    Nur noch - zuweilen - an der Farbe der Kravatte erkennbar!

    Wenn die CDU klug ist, schmeißt sie sich jetzt so richtig an die SPD ran - und verpaßt ihr auf diese Weise einen eleganten Todeskuß....

  • B
    broxx

    Hä, das mit dem Wählerauftrag muß Frau Sonne-Mond-und-Sterne mal erklären. Die Grünen sind nicht die zweitstärkste Partei sondern die drittstärkste. Wählerauftrag wäre also Rot-Schwarz. Aber Ehrlichkeit...

  • S
    stromboli

    nun , wenns die spd will und mappus-wowereit es nicht besser verdient, halt ein berlin-A100- 21..

    hier wird die grüne nicht in die länderfalle tappen wie in baden würtemberg...

     

    Eine volksabstimmung lässt sich schneller aus dem boden stampfen, als spd und cdu es sich wünschen werden!

    Inhaltlich zur autobahn in einer "weltstadt":

    Wenn zukunft bemessen wird an der zügigkeit, mit der ein auto, besetzt von einer person, eine zügigere abbiegemöglichkeit in eine so oder so überfüllte innenstadt bekommt, dann wird mir angst und bange vor dieser art zukunft!

    Seit den 50zigern wird dieses konzept gebaut..; Ja herrgott nochmal, wann wachen eigentlich die planer und bürger auf?

    Umwidmung der bundesgelder?

    Haben wir nicht eine marode s-bahn die mit bundesmittel auszubauen ist?

    Ist nicht ein konzept der modernen verkehrsplanung nötig, in dem auto seine rolle gespielt und endlich ein sozial-ökologisches verkehrssystem ins zentrum des denkens rückt?!

  • V
    vic

    Wer die CDU an Bord holt obwohl er nicht muss, ist kein Sozialdemokrat.

    War vermutlich nie einer.

  • D
    drehmstz

    Herr Wowereit tönte gelegentlich von den zahlreichen Schnittmengen mit den Grünen. Wenn er wegen 3,2 km Autobahn (und ca. 450 Mio. für ein paar Straßenbaufirmen) mit der CDU koalieren will, wird klar, dass die SPD immer noch in total reaktionären Stadtplanungsmustern denkt, und die anderen, wichtigeren Politikfragen (Soziales, Bildung usw.) kurzerhand über Bord wirft: Hauptsache Asfalt, Beton usw.

  • J
    JFSebastian

    Das ist genau der Grund, weshalb die Piraten Zulauf haben. Diese bürgerlichen Parteiein, CDU, SPD und die Grünen gehören da längst dazu, sind einfach nicht mehr wählbar: Selbstgerechtes und selbstverliebtes Auftreten, nur sich selbst und der eigenen Karriere verpflichtet. Hinfort mit Euch, ihr akademischen Sesselfurzer .. ab jetzt wird nur noch links außen gewählt...

  • F
    Fritz

    Wieso ein Schaden? Man hatte doch noch nichts, was kaputtgehen konnte.

  • T
    Teermaschine

    Da dürfen wir uns aber nach der nächsten Bundestagswahl auf die nächste "Wunschkoalition" freuen, nachdem die jetzige so grandios gescheitert ist. Da faseln die Protagonisten von Rot und Grün unentwegt von den großen europäischen Perspektiven einer gemeinsamen Wirtschafts- und Sozialpolitik, von gemeinsamen Eurobonds undundund...und blamieren sich wg 3200m Autobahn bis auf die verotteten Knochen!

  • S
    Stefan

    "Dass sich die Grünen für drei Kilometer Autobahn so gerieren, wirkt selbstgerecht", kritisierte SPD-Politiker Karl Lauterbach."

     

    Dass gilt ganz genauso für die SPD - selbstgerecht wirkt hier also viel eher derjenige, der das einseitig sieht.

     

    Bin maßlos enttäuscht - damit wird die SPD für mich endgültig unwählbar. Wenn Wowereit den linken Flügel in der SPD repräsentiert, wo steht dann deren Mitte bzw. der rechte Flügel? Rechts neben Merkel?

     

    Ist mal wieder ein schönes Beispiel, dass es nicht um den Wählerwillen geht, sondern um reinen Machterhalt. Wowereit hat damit eine Menge Sympathie- und schlimmer noch, Hoffnung verspielt.

  • GG
    General Green

    Ich bin ein langjähriger treuer Grünenwähler und habe die Grünen gewählt trotz ihrer Ablehnung der A100. Ich bin maßlos enttäuscht. Die CDU in der Regierung haben wollte keiner.

    Wegen dem bisschen Autobahn sollte man sich wirklich nicht so anstellen.

  • UM
    Ulli Müller

    3,2 Kilometer Autobahn,

    wer so redet will blenden.

    Dahinter stehen Konzepte, "wie weiter mit der gleichen Scheiße" oder "Wege suchen für die Zukunft!"

    In Stuttgart hatten sich die Grünen über den Tisch ziehen lassen.

    Nur so kann es nicht weitergehen!

  • K
    Katrin

    Was heißt hier Schaden? Rot-Grün verhindert ist absolut Spitze für Berlin. Den Schaden hätten wir, wenns tatsächlich dazu gekommen wäre.

     

    Klar hat Wowi die GRÜNEN auflaufen lassen, weil er wußte wie ideologisch verbort die sind. Aber wenn die erst an die Macht gekommen wären, dann gute Nacht Berlin.

    Wowi ist und bleibt eben der Beste für Berlin!

  • D
    Dietmar

    Gott sei Dank, die Ökodiktatoren sind drausen.

    Löscht doch, ihr Meinungskiller.