DFB-Team vor dem Belgienspiel: Bock auf Block
Im Spiel gegen Belgien sollen es wieder die Profis des FC Bayern München richten. Das wäre im Sinne des türkischen Teams, das auf deutsche Schützenhilfe angewiesen ist.
Guus Hiddink ist das, was man früher einen alten Fuchs genannt hätte. Es war kaum eine Stunde her, dass die von ihm trainierte türkische Elf ein entscheidendes Spiel verloren hatte. Durch die Niederlage lag ihr Schicksal vorm alles entscheidenden Spiel nun nicht mehr in ihren eigenen Händen, da spielte Hiddink seinen Trumpf aus. Er sagte, wohl wissend, dass die Nachricht seinen Kollegen Joachim Löw erreichen würde: "Ich kann mir nicht vorstellen, dass Deutschland das abgibt."
Gemeint war: Das letzte Spiel der deutschen Mannschaft in der EM-Qualifikation. Denn sollte Löws Team am Dienstag in Düsseldorf gegen Belgien verlieren, wären die Türken draußen. Stattdessen würden die Belgier den zweiten, zur Teilnahme an den Playoffs um die letzten EM-Plätze berechtigenden Gruppenplatz einnehmen. Also wiederholte Hiddink noch einmal: "Ich sehe nicht, dass die deutsche Mannschaft Punkte verliert."
Der Hinweis wäre gar nicht nötig gewesen. Schon bevor Hiddink in die psychologische Mottenkiste greifen konnte, hatte Löw in seiner Nachbetrachtung des 3:1-Siegs in Istanbul bereits tapfer versucht, das sperrige Wort Wettbewerbsverzerrung aus seinem Vokabular zu verbannen. Niemals käme er auf die Idee, jetzt schon mit Testreihen für die EM in Polen und der Ukraine zu beginnen. "Das gebietet die Fairness", versuchte Löw die türkischen Gastgeber zu beruhigen. "Wir haben die Pflicht, das Spiel seriös anzugehen."
"Wir werden nicht die ganze Mannschaft tauschen"
Zwar stellte der Bundestrainer "schon ein paar Wechsel" in Aussicht, aber größere Umbaumaßnahmen sollen ausbleiben. Man müsse abwarten, ob die angeschlagenen Miroslav Klose ("eher nicht") und Mesut Özil ("wenn er fit wird") gegen Belgien spielen könnten. Der von einer Grippe genesene Toni Kroos und der vor seinem Debüt stehende Ilkay Gündogan können sich hingegen Hoffnungen auf einen Einsatz machen. "Aber wir werden nicht die ganze Mannschaft austauschen, das dürfen wir nicht tun", versprach Löw.
Tatsächlich darf man davon ausgehen, dass selbst mehrere Veränderungen den immer wieder erstaunlich gut kanalisierten Spielfluss der DFB-Auswahl nicht großartig ins Stocken bringen könnten. Der entsteht momentan nicht zuletzt auch deswegen, weil Löw auf einen Block aus Spieler von Bayern München baut. Am Freitag standen gleich sieben in der Anfangsformation. Das erinnert an die glorreichen Zeiten des FC Bayern und des Nationalteams in den 70er Jahren, aber noch viel mehr an den FC Barcelona und die spanische Nationalmannschaft von heute.
Oft den letzten Schritt zu spät
Exemplarisch für die Blockbildung mag das deutsche Führungstor stehen. Dieser Treffer fiel nach einer ersten halben Stunde, in der sich die Türken ein Chancenübergewicht erarbeitet hatten. Die Deutschen boten zwar den gepflegteren Fußball, aber im Freundschaftsspielmodus gegen den noch um die Qualifikation kämpfenden Gegner oft den letzten Schritt zu spät kamen.
Vor allem aber war das Tor das Ergebnis der Blockbildung: Torhüter Manuel Neuer hielt einen harmlosen Schuss, erkannte sofort, dass der türkische Linksverteidiger zu weit aufgerückt war, platzierte einen weiten Abwurf genau in den Fuß von Thomas Müller, der ohne große Umstände an Mario Gomez weiterleitete, der seinen bemitleidenswerten Gegenspieler austanzte und zum 1:0 traf.
Drei Stationen, keine vier Sekunden, drei Bayern-Profis: "Das war schon ein bisschen geplant", erklärte Neuer nach dem Spiel. Auch gegen Belgien wird die DFB-Elf wahrscheinlich wieder vor allem aus Spielern des FC Bayern bestehen. Hiddink darf also weiter hoffen.
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