Die Woche: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?
Gabriels Radikalisierung, Schirrmachers Stattfindenwollen und der zerlegte MDR.
taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht letzte Woche?
Friedrich Küppersbusch: "500 Gewaltbereite lassen friedliche Demo von 200.000 eskalieren", wird die "Occupy"-Version von Rom beschreiben. In der angesprochenen Bankenbranche ist der Proporz deutlich günstiger für die Gewaltbereiten.
Was wird besser in dieser?
Sigmar Gabriel radikalisiert sich. Vermutlich wird er irgendwann sogar Sozialdemokrat.
Merkel war in der Mongolei - die wird künftig Rohstoffe nach Deutschland liefern: Kupfer, Gold, Silber, Uran, Seltene Erden. Welche Gegenleistung bieten wir?
Pferdeverstand. Der mongolische Staatschef nennt sein Land ein "friedliebendes Pony zwischen zwei Elefanten" - China und Russland. Mal abwarten, ob die beiden mongolische Lieferungen von Seltenen Erden - Kernrohstoff für Hochtechnologie von Smartphones über Autos bis Rüstung - nach Deutschland durchlassen. Und umgekehrt Merkels Einladung zu mehr Demokratie und Unabhängigkeit bejubeln. Sie setzt jedenfalls auf das richtige Pferd.
ist Journalist und Fernsehproduzent. Jede Woche wird er von der taz zum Zustand der Welt befragt.
Philipp Rösler landete zu Beginn seiner Libyen-Reise auf dem falschen Flughafen. Und irrte in schusssicherer Weste übers Rollfeld auf der Suche nach einem Empfangskomitee. Was hat er den Libyern getan ?
Die Luftwaffe lieferte den Zivilisten Rösler völlig korrekt auf dem zivilen Flughafen von Tripolis ab. Der offenbar spaßeshalber Landeerlaubnis funkte, obwohl er seit Monaten geschlossen ist. Es handelt sich um eine Kunstinstallation: Deutsche Wirtschaftsminister haben auf Militärflughäfen nichts zu suchen. Vielleicht noch ein Fehler in der Übersetzungssoftware, "Hallo Tower, wohin mit dem german witzekanzler" oder so.
Der Bundestrojaner soll Computer von verdächtigen Personen ausgespäht haben. Wäre es nicht einfacher, den Server von Facebook zu hacken?
Mit Exhibitionisten ist kein ordentlicher Porno zu drehen. Bisher scheint der Staat nur die Unvorsichtigen gehackt zu haben, ein Stelldichein digitaler Deppen auf beiden Seiten. Ergebnis: künftig wird es bessere, also für die Bürger schlechtere Trojaner geben. Unter uns: Der Vorgang war seit Januar öffentlich, kein Datenschutzbeauftragter, keine Piraten und keine investigative Redaktion hat die angemessen große Nummer draus gemacht. Der abgesprengte Bürgerrechtsflügel der FDP verhilft ihr dazu, seit Jahren anmutig im Kreis zu fliegen. Nüchtern: Wenn der irre Sponti Schirrmacher von der FAZ nicht Bock auf ordentlich Stattfinden gehabt hätte - die Linke hätte es erfolgreich verschlafen.
Franziska van Almsick könnte bald die "Sportschau" moderieren. Der Untergang der ARD ?
Bis 2006 kommentierte Rudi Altig dort die "Tour de France", gerne mal mit dem Satz "Wir wollen nicht nur über schwarze Schafe reden", wenn es um Doping ging. Altig trug als Aktiver den Ehrennamen "Die rollende Apotheke", entzog sich Kontrollen und empfahl Kollegen via Bild: "Ich nehme nur Sachen, die man im Urin nicht nachweisen kann." Vorm Schuss glaube ich mal nicht, dass Franzi noch tiefer tauchen kann.
Am Sonntag findet im MDR-Rundfunkrat die Wahl des neuen Intendanten statt. Wem ist dieser Job eigentlich noch zuzumuten?
Geniale Strategie der ARD: Bild kann ihre Kampagne gegen den Sender wegschmeißen, weil der MDR sich einfach selber viel schneller zerlegt. Die Skandale um die Hütchenspielertricks des Unterhaltungschefs und den von dort gelenkten Kika aufklären: da kann man eine zupackende Juristin gut gebrauchen. So wird die Kandidatin Karola Wille beschrieben. Problem: sie war schon Chefjuristin des Senders, als das alles durchging.
Iran wehrt sich gegen den Vorwurf der USA, ein Attentat auf den saudischen Botschafter in Washington geplant zu haben. Religionsführer Chamenei unkte, die USA wollten "eine Islam- und Iran-Phobie in der Welt schüren". Wer ist der Dumme?
Im Irak fanden sich keine Massenvernichtungswaffen, Bin Laden war nicht in Afghanistan, und den ersten Golfkrieg hatte eine US-PR-Agentur im Solde Kuwaits mit Horrorlügen befeuert. Diese neue Story ist so erhaben bescheuert, dass sie schon wieder wahr sein könnte. Neu ist, dass die Schote auch von Freunden der USA als solche rezensiert wird - vor dem Krieg bereits.
Und was machen die Borussen?
Auf der oberen Schneiderstraße, wo der kundige Eingeborene sich Silvester einfindet, um aus der Höhe das ganze Stadtpanorama samt Feuerwerk und illuminiertem Westfalenstadion zu genießen: dort prangt neuerdings quer über dem Asphalt eine gesprayte Würdigung des BVB. Ein schönes Gesamtbild.
FRAGEN: CAK, FSEI
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israelische Fans angegriffen
Gewalt in Amsterdam
+++ Nach dem Ende der Ampel +++
Habeck hat Bock
Auflösung der Ampel-Regierung
Drängel-Merz
Die Regierungskrise der Ampel
Schnelle Neuwahlen sind besser für alle
Trumps Sieg bei US-Präsidentschaftswahl
Harris, Biden, die Elite? Wer hat Schuld?
Angriffe auf israelische Fans
Sie dachten, sie führen zum Fußball