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Frauenquote für SpitzenfirmenNach dem Gipfel ist vor dem Gipfel

Wie kommen mehr Frauen an die Spitze? Die Frage bleibt nach dem Quotengipfel umstritten. Den Frauengruppen von Union und FDP ging der Quotengipfel nicht weit genug.

Drei Frauen, drei Meinungen: In der Regierung rumpelt es gewaltig. Bild: dapd

BERLIN taz | Philipp Rösler war erst gar nicht gekommen. Der Wirtschaftsminister und FDP-Chef schickte stattdessen seinen Staatssekretär Bernhard Heitzer zum Quotengipfel an diesem Montag in Berlin. Auf diesem hatten die 30 DAX-Unternehmen verkündet, dass sie demnächst mehr Frauen an der Spitze im unteren und mittleren Management haben wollen. Freiwillig und ganz ohne Gesetz. Denn ein solches lehnen die Topunternehmen strikt ab.

Bernhard Heitzer hatte die angenehme Aufgabe, den Unternehmen Schützenhilfe zu geben. Sein Haus, das Wirtschaftsministerium, und seine Partei, die FDP, finden so ein Gesetz nämlich überflüssig und wollen es auf jeden Fall verhindern. Genau wie Frauenministerin Kristina Schröder (CDU), sie setzt auf "Freiheit" und "Freiwilligkeit".

Bernhard Heitzer hatte aber auch den unangenehmen Part, sich mit Ursula von der Leyen (CDU) anzulegen. Die Arbeitsministerin kämpft mit Verve für eine gesetzliche Regelung und hat am Montag klargestellt, dass sie da auch nicht lockerlassen werde. Im Gegensatz zu ihrer Parteifreundin Schröder ist von der Leyen höchst unzufrieden mit den Ergebnissen des Gipfels und wiederholte, dass ein Gesetz dringend notwendig sei. Droht ein neuer Koalitionsstreit?

Die Debatte muss ausgeweitet werden

Auf jeden Fall rumpelt es sehr in der Regierung. Auch FDP-Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger will eine Quote dringend verhindern. Ihr Ministerium wäre für die Ausgestaltung eines Quotengesetzes zuständig. Dass es so weit nicht kommen soll, machte sie beim Quotengipfel deutlich: "Von Sanktionen halte ich nicht viel."

Aber auch innerhalb von FDP und CDU ist man sich keineswegs einig. So stellt sich die Frauenunion der CDU offen gegen die CDU-Frauenministerin. Die Vorsitzende der Frauenunion, Maria Böhmer, betont: "Zielvorgaben der Wirtschaft allein reichen nicht aus." Stattdessen fordert die Vereinigung, dass "zeitnah" beide Geschlechter mit mindestens 30 Prozent in den Aufsichtsräten vertreten sein sollen. 2013 stehen die nächsten Aufsichtsratswahlen an. "Unternehmen müssen die Zeit bis dahin nutzen, um den Frauenanteil in ihren Führungsgremien deutlich zu erhöhen", fordert Böhmer.

Auch bei der FDP gibt es Unstimmigkeiten. Die Liberalen Frauen (LF) stützen die Position von der Leyens indirekt. "Wir brauchen dringend mehr Frauen", sagt Hillgriet Eilers, LF-Vorsitzende in Niedersachsen. Erst wenn Frauen in bestimmen Positionen seien, ändere sich etwas. Die Debatte um Quoten für Aufsichtsräte und Vorstände müsse ausgeweitet werden, meint die freiberufliche Sinologin aus Emden: "Auch in den mittelständischen Firmen ist es für Frauen jetzt nicht immer leicht, ganz nach oben zu kommen."

Solche Worte treffen den Nerv vieler Frauen, die Firmen leiten. "Es ist lobenswert, dass einige Unternehmen den Frauenanteil in einem absehbaren Zeitraum erhöhen werden", sagte Petra Ledendecker, Präsidentin des Verbandes deutscher Unternehmerinnen. Das Spitzentreffen habe aber deutlich gemacht, dass einige Unternehmen erheblich weniger tun, als sie müssten und sollten.

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5 Kommentare

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  • FQ
    Freiwillige Quote

    Ich denke es bedarf nicht unbedingt einer gesetzlich festgelegten Frauenquote, um die Ziele zu erreichen. Es ist klassisch betriebswirtschaftlich formuliert eine Win-Win Situation für Unternehmen und Frauen. Frauen gehören genauso in Führungspositionen wie Männer. Die entsprechenden Rahmenbedingungen müssen dafür geschaffen werden. Hier besteht noch Nachholbedarf in Deutschland. Dazu habe ich einen interessanten Beitrag und Blog gefunden, der sich mit diesen Themen beschäftigt: http://bit.ly/mgfdBv

  • S
    Stefan

    Die Quote ist gerade für die Politiker-Kaste wichtig. Wo bitte sollen Politikerinnen nach einer verlorenen Wahl unterkommen, wenn es keine Quote in der Wirtschaft gibt?

  • IK
    Imme Klee

    Allmählich erstaunt die immer noch neue Familienministerin auf erfreuliche Weise die abgedroschene Diskussion unter Fraktionären. Frau von der Leyen erschreckt ein bisschen, dass sie als Mutter von mehreren Kindern wirklich Zwang für das beste Mittel der Wahl hält. Man konnte doch bereits sehen, dass die freiwillige Einstellung von Frauen in Unternehmen erste Früchte zeigt. Wer sagt denn, dass das kein Beispiel für andere Unternehmen zeigt, dass es nur vorteilhaft ist, wenn Frauen in Betrieben usw. verstärkt mitarbeiten. Wenn man selber die Vorteile sieht und von sich aus daraufhin mehr weibliche Fachkräfte beschäftigt, lockert das die angespannte und aufgeheizte Atmosphäre unter den Geschlechtern sowohl auf der politischen Bühne als auch in den Betrieben. Eine verordnete Quote ist Zwang und lässt höchstens die Seite, die die Quote wollen hämisch triumphieren, weil sie Recht behalten haben. Es geht aber darum, dass Betriebe verstehen, dass die Einstellung von mehr Frauen sinnvoll sind und das wird nicht durch Zwang erreicht. Pluspunkt für Frau Schröder, die bisher nicht durch überragende Ideen geglänzt hat. Aber dieser Schritt ist mutig und eben nicht ein trotziges Beharren auf der Quote, das die Fronten verhärtet.

  • A
    Annelies

    Was kümmert mich als durchschnittlich leistungsstarke Frau die mangelhafte Weiblichkeit beim Establishment? Egal ob freiwillig quotiert oder zwangsweise quotiert. Gar nicht. Auch mit mehr Weiblichkeit ändert sich nichts an der Macht der Finanzmärkte und der Welt-Monopol-Konzerne. Die Männer und Frauen des Establishments durchlaufen nämlich nachweislich alle und verinnerlichen nachweislich alle die gleiche Schule, Gesinnung, Weltanschauung mit den scheinbar unabänderlichen sogenannten "Gesetze des Marktes".

     

     

    Viel, viel wichtiger und notwendiger wäre die endgültige Abschaffung der 23-Prozent-Differenz zwischen Männern und Frauen bei der Gehaltsfestsetzung und Lohnfestetzung!

     

    Ebenso die Abschaffung des Lohnunterschieds von 17 % zwischen Ost und West!

     

    Mehr Weiblichkeit auf Managementebene heißt nicht mehr Gerechtigkeit.

    Mehr Weiblichkeit auf Managementebene verspricht auch nicht weniger Mißwirtschaft bei den Monopolunternehmen.

    Mehr Weiblichkeit auf Managementebene bringt auch nicht bessere oder gar gerechtere Lösungen für die Bewältigung der großen Finanzkrise.

     

    Auch die Weiblichkeit tanzt wie die Männlichkeit um das "Goldene Kalb" und ändert nichts an den Machtverhältnissen in der Gesellschaft. Leider.

  • N
    NormalBürger

    "Das Spitzentreffen habe aber deutlich gemacht, dass einige Unternehmen erheblich weniger tun, als sie müssten und sollten."

     

    Wer sagt das? Was sollten denn Unternehmen? Ich will mal Ihr Beispiel von Frau Ledendecker aufnehmen. Stellen Sie sich vor, Frau Schmollack, es gibt einen Verband der ausschliesslich Männer aufnimmt, nur für Männer arbeitet und sich nur für männliche Interressen einsetzt.

    Grauenhaftz, gell? Und irgendwie so 50er.

    Aber genau das macht der Verband der UnternehmerINNEN. Komischerweise finden Sie das ja total Super und irgendwie so modern.

    Es wird der Tag kommen an dem Sie erkennen, dass Gleichberechtigung heisst "Gleiche Rechte für Alle"

    Momentan befinden Sie sich ja immer noch im "Frauen werden üüüüberall benachteiligt und sind OOOOpfer" Modus