Juristinnenbund kritisiert DAX-Konzerne: Frauen, die Fragen stellen
DAX-Konzerne haben zu wenig Frauen an der Spitze. Das sagen sie nicht gern. Der Juristinnenbund fragt aber nach und hat jetzt die Ergebnisse veröffentlicht.
BERLIN taz | Mechthild Düsing steigt ständig in den Ring. Dann kämpft die Anwältin und Notarin aus Münster mit Buhrufen und bösen Blicken - in den Hauptversammlungen börsennotierter Unternehmen. Dabei will die 67-Jährige, die selbst Aktionärin ist, nur wissen, wie viele Frauen in den Konzernen arbeiten, warum so wenig Frauen in den Chefsesseln sitzen und wie man das ändern kann. Sie will auch wissen, wie viele Männer Elternzeit nehmen.
Solche Fragen hören die meisten Aktionäre nicht gern, das sind nämlich fast alles Männer. Und bei den Antworten schneiden Frauen nach wie vor schlecht ab: Bei den MDAX- und TecDAX-Konzernen beträgt der Frauenanteil bei den Aufsichtsräten auf Anteilseignerseite 7 Prozent, bei den Vorständen sind es 2 Prozent.
Aber Mechthild Düsing lässt nicht locker. Auch viele ihrer Kolleginnen nicht. Seit zwei Jahren besuchen Juristinnen, Wirtschaftswissenschaftlerinnen und Ministerinnen, die sich im Deutschen Juristinnenbund (djb) organisiert haben, große Unternehmen und stellen die Gretchenfrage: Wie halten Sie es mit Frauen an der Spitze?
Am Mittwoch präsentierte der djb die Ergebnisse seiner Anfragen in 75 Hauptversammlungen in diesem Jahr. Die gute Nachricht: In den Chefsesseln gibt es jetzt ein paar Frauen mehr als 2010. Knapp 11 Prozent der Aufsichtsräte auf Anteilseignerseite sind derzeit Frauen, vor einem Jahr waren es 7,4 Prozent.
"Männer wählen Männer aus"
Die schlechte Nachricht formuliert djb-Präsidentin Ramona Pisal so: Die Zahlen "stagnieren auf unakzeptabel niedrigem Niveau". Geht es in diesem Tempo weiter, dauert es noch fünfzig Jahre, bis 40 Prozent Frauen an der Spitze von Topunternehmen stehen, hat Daniela Bankier, Abteilungsleiterin bei der EU-Kommission für soziale Angelegenheiten und Chancengleichheit, herausgefunden.
Vergleicht man die Frauenanteile der Vorstände in Europa, belegt Deutschland einen der letzten Plätze. Selbst in den Unternehmen mit einem hohen Frauenanteil finden sich nicht mehr Frauen an der Spitze. Und in den meisten Unternehmen sitzen in den Besetzungsgremien gerade mal ein Drittel Frauen. Die Folge: "Männer wählen Männer aus", sagt Ramona Pisal.
Freiwillig rückten die Unternehmen ihre Zahlen nicht heraus. Inzwischen erheben die meisten Firmen zwar alle möglichen Daten zur "Frauenförderung", darunter solche zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf, aber diese werden kaum oder nur unvollständig veröffentlicht, fand der djb heraus. Auf schriftliche Anfragen des Vereins haben nur 6 von 75 Unternehmen reagiert. Erst wenn Mechthild Düsing und ihre Kolleginnen auf den Hauptversammlungen direkt nachhakten, wurden die Fakten genannt.
Wie kann der Halsstarrigkeit der Unternehmen begegnet werden? "Mit einer gesetzlichen Quote", sagt Ramona Pisal: "Fördermaßnahmen für Frauen gibt es schon lange. Aber die haben nichts gebracht." Die Selbstverpflichtungen der DAX-30-Unternehmen von Oktober hält der djb für nicht wirksam und fordert eine Frauenquote von 40 Prozent.
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