Start des Castortransports: Atommüllzug soll früher fahren
Geht es schon Mittwochnachmittag los? Gegner reagieren gelassen auf die mögliche Vorverlegung des Transports nach Gorleben. Den lehnen zwei Drittel der Deutschen ab.
GÖTTINGEN taz | Die Castortransporteure haben es offenbar eilig. Das französische Anti-Atom-Netzwerk Réseau Sortir du Nucléaire teilte am Wochenende mit, die Abfahrt des Atommüllzuges vom Bahnhof Valognes in der Normandie sei um 24 Stunden auf Mittwochnachmittag vorverlegt worden. Die Betreiber der Plutoniumfabrik in La Hague und die französische Bahngesellschaft SNCF befürchteten, dass die Mobilisierung zu Protesten speziell in Frankreich so stark ist, dass ein reibungsloser Transport gefährdet sein könnte.
Eine offizielle Bestätigung für die Vorverlegung gab es nicht - die Behörden nennen ohnehin nie die genauen Termine. Nach Angaben der Anti-Atom-Organisation "Ausgestrahlt" sind die Informationen der französischen Umweltschützer aber "in der Regel sehr zuverlässig".
Unbekannt bleibt weiterhin, wo der Zug die deutsch-französische Grenze passiert. Von drei möglichen Varianten ist aber ein Grenzübertritt zwischen Lauterbourg und Wörth in Rheinland-Pfalz am wahrscheinlichsten. Die Bahn kündigte an, dass diese Strecke am Freitag gesperrt wird; statt Regionalzügen verkehren dann Busse.
Auch Rückschlüsse für die Ankunft des Transportes im Wendland lassen sich aus dem möglichen früheren Start kaum ziehen. Theoretisch könne der Zug zwar schon vor der für Samstag geplanten Großdemonstration in Dannenberg eintreffen, sagt "Ausgestrahlt"-Sprecher Jochen Stay. Gegen eine so frühe Ankunft spreche aber, dass das Versammlungsverbot 50 Meter rechts und links der Castor-Transportstrecke von Lüneburg bis Gorleben erst am Samstag um Mitternacht beginnt.
Camps ab Mittwoch bereit
Die Bürgerinitiative (BI) Umweltschutz Lüchow-Dannenberg reagierte gelassen auf die Nachricht aus Frankreich. Die Camps im Wendland seien ab Mittwoch bereit, Menschen zu beherbergen, zu informieren und zu versorgen, sagte die BI-Vorsitzende Kerstin Rudek. An dem Zeitplan für die Protestaktionen im Wendland ändert sich zunächst nichts. Sie beginnen am Donnerstagmorgen mit einer SchülerInnen-Demo in Lüchow. Um 18 Uhr gibt es eine erste große Kundgebung mit anschließendem Laternelaufen und einer "Landmaschinenschau" in Metzingen. Über den genauen Beginn der von "Widersetzen" und "X-tausendmal quer" angekündigten Blockaden auf der Transportstrecke sowie des "Schotterns" soll ohnehin erst kurzfristig entschieden werden.
Nach Angaben von Greenpeace lehnen 68 Prozent der Deutschen den Castortransport ganz ab, weil der Streit um die Strahlenmessungen am Zwischenlager in Gorleben nicht hinreichend geklärt sei. Das habe eine repräsentative Umfrage unter rund 1.000 Bürgern ergeben.
Das Niedersächsische Umweltministerium verweigert Greenpeace nach wie vor die beantragte vollständige Akteneinsicht in den Schriftverkehr zu den Messungen, wie aus der taz vorliegenden Unterlagen hervorgeht. Während das Ministerium zu dem Ergebnis kommt, der Strahlengrenzwert werde in diesem Jahr nicht überschritten, prognostizieren die Umweltschützer für 2011 eine Strahlendosis oberhalb des Grenzwertes von 0,3 Millisievert. Damit wäre eine weitere Einlagerung nicht zulässig. Auch der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages hat nach einem Spiegel-Bericht Zweifel, ob die Atommülllieferung zu Recht genehmigt wurde.
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