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Neonazi-Morde und der BNDPatzer, Pannen, Peinlichkeiten

Auch der Auslandsgeheimdienst BND war in die Suche nach dem untergetauchten Terrortrio einbezogen. Dabei waren die drei nicht in Südafrika, sondern in Sachsen.

Hätte das wahrscheinlich besser hinbekommen: James Bond alias Daniel Craig in "Casino Royale". Bild: ap

BERLIN taz | Nicht nur Polizei und Verfassungsschutz, sondern auch der Bundesnachrichtendienst (BND) war in die Suche nach den 1998 in Thüringen untergetauchten späteren Rechtsterroristen Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe einbezogen.

Das geht aus einem Protokoll der viereinhalbstündigen vertraulichen Sondersitzung des Innenausschusses von Anfang der Woche hervor, das der taz vorliegt. Was genau der Auslandsgeheimdienst damals unternahm, wurde dort aber nicht erwähnt.

Man habe damals fast 100 Hinweise bekommen, wonach die drei nach Ungarn verschwunden seien, sagte laut Protokoll der Chef des Bundeskriminalamts, Jörg Ziercke. Später hätten sich Hinweise auf einen Aufenthalt in Südafrika gemehrt. Aus heutiger Sicht, so Ziercke, müsse man annehmen, dass die anonymen Hinweise "möglicherweise bewusst fehlgesteuerte Informationen waren, die den Eindruck erwecken sollten, als seien diese Leute nicht mehr im Lande".

Wie man inzwischen weiß, konnte das Trio sich einfach im Nachbarland Sachsen im Untergrund einrichten. Dort sollen Zielfahnder übereinstimmenden Medienberichten zufolge zwar immer wieder nah am Trio dran gewesen sein - sogar Observationsfotos hat es gegeben -, doch zu einer Festnahme kam es nie.

Nun behauptet ein Schreiber in einem der zentralen Neonaziforen, die heute in U-Haft sitzende Beate Zschäpe habe bis 2002 in Dresden gelebt, dort sogar an einer Demo teilgenommen, und sei dann 2003 nach Chemnitz gezogen. Uwe Böhnhardt soll laut dem Foreneintrag bis 2005 als Paketfahrer gearbeitet haben, er und Mundlos seien außerdem bei Festen und NPD-Veranstaltungen gesehen worden.

Normalerweise würde man das als Szene-Geschwätz abtun. Doch der Verfassungsschutz und das BKA nehmen diesen Eintrag offenbar ernst. Das seien "konkrete Aussagen", sagte Verfassungsschutzpräsident Heinz Fromm laut Innenausschuss-Protokoll, "die für die Ermittlungen zur Verfügung gestellt worden sind".

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6 Kommentare

 / 
  • OP
    Otto Pardey

    Die Poltiker in der Bundesrepublik Deutschland

    sind auf dem rechten Auge blind dabei hat sich

    die Sehschwäche seit 1989 verstärkt!

  • L
    Larens

    Natürlich ist das Vorsatz,Herr Haller!

     

    Deutschland ist auf dem rechten Auge blind, vorsätzlich blind. Vorsätzlich weil es dort sehr viele Menschen gibt die, sei bewusst oder unbewusst, rechtem Gedankengut nahestehen. Die Mentalität der Ministerin Schröder (Relativierung der rechten Gefahr, durch Hinweis auf die vermeintliche linke Extremismusgefahr (die in Deutschland doch einfach nicht besteht: Die Mehrheit der Deutschen "tickt" nicht links, sondern bieder konservativ bis rechts)ist beispielhaft. Von daher ist die Entrüstung der Politik einfach nur lächerlich. Áls taktvoll beweisen sich diesmal unsere konservativen Politiker erstaunlicherweise nur dadurch, das dieser nicht wieder irgendeine dieser "Pfeifen" darauf hinweist, das aber in Deutschland auch linke Terrorismusgefahr besteht.

  • W
    Webmarxist

    Bestimmt haben V-Männer den BKA die Hinweise gegeben, dass das Trio nach Südafrika geflohen sind, um Sie auf eine falsche Spur zu führen.

  • P
    P.Haller

    Entweder sind das alles hochgradige Dilletanten, dann sollte man sie zu Kaufhausdedektiven umschulen, oder das Ganze hat irgendeinen Vorsatz, dann allerdings wirds extrem kriminell.

    Wer soll denn dann diesen ganzen Misthaufen aufmischen ? Irgend ein militärischer Abschirmdienst ? Die NATO ? Die UNO ?

    Oder dürfen sich die jetzt alle selbst untersuchen und Eigenaufklärung betreiben ?

    Manchmal habe ich den Verdacht, dass die STASI doch der bessere BND war !

  • C
    Celsus

    Die Frage ist jetzt allerdings auch, was gegen die Patzer zu tun ist. Die Sehnsucht nach echten Fachleuten bei der Problemlösung ist jetzt groß. Die Zusammensetzung der griechischen Regierung hat auch in Deutschland Sensüchte ausgelöst.

     

    Aber was kriegen wir da vom Innenminister als Expertenkommission geboten? Eine kleine Gruppe von Leuten scheinbar aus dem Freundeskreis des Ministers, die schon in der Vergangenheit versagt haben und bei dem mindestens einer das gleiche Parteibuch hat wie der Innenminister. Gerade die CSU-Mitgliedschaft scheint mir da aber verdächtig. Dahinter kann sich schon eine knackige Einstellung verstecken, bei der lieber Leute verfolgt werden, die ein deutlich durchgestrichenes Hakenkreuz verkaufen.

  • RP
    rita poser

    Derart unprofessionell vorzugehen, spricht wirklich nicht für die Ermittlungsbehörden. Obwohl die Morde mit ein und derselben Waffe in unterschiedlichen Bundesländern verübt wurden, noch dazu mit einer Waffe, von deren Serie es ganze 24 Stück!! gab, konnte der Generalbundesanwalt die Ermittlungen nicht übernehmen. Wie der Sprecher des Bundesamtes der Berner Polizei bestätigte, hatte der tschechische Waffenhersteller die Pistole des Typs Ceska 83, Kaliber 7,65 ausschließlich in den Kanton Solothurn geliefert.