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Republikaner suchen Obama-HerausfordererStartschuss im Maisfeld

Lobbyisten, Kreationisten und Mainstreamer: Die sieben Anwärter für die US-Präsidentenwahl bei den Repulikanern. Als erstes stimmt der kleine Bundesstaat Iowa über sie ab.

In Reih und Glied - noch: Santorum, Perry, Romney, Gingrich, Paul, Bachmann und Huntsman (von links). Bild: ap

Am Dienstagabend kommen im US-Bundesstaat Iowa in rund 1.700 Kirchen, Spritzenhäusern, Privathäusern, Schulen und anderen öffentlichen Einrichtungen republikanische Wähler zusammen und stimmen ab, wen sie gern als Herausforderer Barack Obamas bei den Wahlen am 6. November sehen möchten. Iowa, der kleine Bundesstaat im Mittleren Westen mit seinen gerade einmal 3 Millionen Einwohnern, eröffnet wie immer den republikanischen Vorwahlprozess, und wie immer sind es nicht die gerade einmal 28 der insgesamt 2.306 Delegierten, die Iowa zu vergeben hat, die den "Corn State" (Maisstaat) so besonders wichtig machen.

Aber wer in Iowa gewinnt, dem wird "Momentum" zugesprochen, der kann sich als Erster als Gewinnertyp zeigen, über den wird geredet und geschrieben, und oft wird er auch der spätere Kandidat. Nicht immer allerdings: 2008 gewann in Iowa Mike Huckabee - der spätere Kandidat John McCain war bei den konservativen Iowanern nur auf 13 Prozent gekommen.

Aber George W. Bush hatte hier gewonnen, genau wie zuvor der glücklose Clinton-Herausforderer Bob Dole. Die heutige republikanische Ikone Ronald Reagan allerdings war 1980 in Iowa nur auf dem zweiten Platz gelandet - sein späterer Vizepräsident George H. W. Bush hatte gewonnen. Als der aber dann 1988 wirklich Kandidat und Präsident wurde, kam er in Iowa auf gerade 19 Prozent.

Iowa sagt mehr über den Verlierer als über den Sieger aus

Über den Sieger sagt Iowa also noch nicht so viel aus - über Verlierer allerdings schon. Wer in Iowa klar verliert und abgeschlagen auf dem letzten Platz landet, der kann seinen Wahlkampf eigentlich einstellen.

Für alle, die dabeibleiben, ist der 6. März das wichtigste Datum. An diesem ersten "Super Tuesday", an dem in über zehn Bundesstaaten gleichzeitig gewählt wird, darunter das bevölkerungs- und delegiertenreiche Texas, dürfte sich ein klarer Favorit herausstellen. Die letzte Vorwahl findet am 26. Juni in Utah statt, einen Monat später halten die Republikaner dann in Tampa, Florida, ihren Wahlparteitag ab.

Noch wenige Tage vor Beginn der Caucuses, an denen in diesem Jahr, so schätzen republikanische Parteistrategen, rund 150.000 der insgesamt 620.000 in Iowa registrierten republikanischen WählerInnen teilnehmen werden, zeigten sich in Umfragen noch rund 40 Prozent unentschieden. Mitt Romney und Ron Paul führen hier das Feld an, gefolgt von Rick Santorum, der in den letzten Wochen in Iowa deutlich aufgeholt hat. Hier zeigt sich ein klar von der nationalen Stimmung unterschiedenes Bild: Im Ganzen gesehen führt Newt Gingrich noch immer die Umfragen, in Iowa steht er nur auf dem vierten Platz.

Die Herausforderer

RON PAUL

Politische Erfahrung: Seit 1997 Mitglied des Repräsentantenhauses

Zielgruppe: Libertäre, Fiskal-Konservative, Friedensbewegung

Erstaunlichster Vorschlag: Das Recht auf US-amerikanische Staatsbürgerschaft für alle, die in den USA geboren werden, soll abgeschafft werden. Außenpolitik: Die USA die Nato verlassen, Militärbasen in Übersee schließen und sich auf die eigene Grenzsicherung konzentrieren.

Größtes Problem: In der Verteidigungspolitik vertritt Ron Paul Positionen, die bei Teilen der Friedensbewegung gut ankommen, aber im republikanischen Mainstream als verantwortungslos gelten. Pauls Positionen schrecken viele von allen Seiten ab, weil er als radikal Libertärer weder Rechten noch Linken nach dem Mund redet.

Der Satz: "Wir müssen mit dem Militarismus aufhören. Amerika ist vor allem wegen seiner verfehlten Außenpolitik in Gefahr."

RICK SANTORUM

Politische Erfahrung: 1990-1994 Mitglied des Repräsentantenhauses, 1994-2006 des Senats. 2006 verlor er die Wiederwahl gegen seinen demokratischen Herausforderer. 2001 versuchte der Kreationist, staatliche Curricula zur Diskussion über Alternativen zur Evolution zu verpflichten. Fiel durch zahlreiche homophobe Äußerungen auf.

Zielgruppe: Tea Party, Christliche Rechte

Erstaunlichster Vorschlag: Wenn Iran seine Atomanlagen nicht für Inspektoren öffnet, sollen die USA sie bombardieren, was er als Präsident sofort täte.

Größtes Problem: Santorum gilt als radikal-konservativ und als jemand, der vielleicht Vorwahlen in konservativen republikanischen Staaten, nicht aber allgemeine Wahlen gegen Präsident Obama gewinnen kann.

Der Satz: "Ich habe kein Problem mit Homosexualität, ich habe ein Problem mit homosexuellen Handlungen."

NEWT GINGRICH

Politische Erfahrung: 1979 bis 1999 Kongressabgeordneter für Georgia, 1995-1999 Sprecher des Repräsentantenhauses. Anführer der "Konservativen Revolution" und der Lewinsky-Untersuchungen gegen Bill Clinton.

Zielgruppe: Mainstream

Erstaun-lichster Vorschlag: Hausmeistertätigkeiten an Schulen sollen durch bezahlte Kinderarbeit ersetzt werden, um die Gewerkschaften auszuhebeln.

Größtes Problem: Gingrich ist Washington-Insider. Jahrelang hat er als Lobbyist für Freddie Mac gearbeitete, dabei Millionen verdient. Wenn es von ihm betreuten Firmen wirtschaftlich passte, unterstützte er auch staatliche Gesundheitsprogramme, die die Republikaner leidenschaftlich bekämpfen. Gingrich hat einen Hang zur Arroganz und zum übertriebenen Ego - gerade in einem Umfeld, wo er der politisch Erfahrenste ist.

Der Satz: "Es gab nie einen palästinensischen Staat. Das palästinensische Volk ist eine Erfindung - in Wirklichkeit sind sie Araber."

RICK PERRY

Politische Erfahrung: Seit 2000 Gouverneur von Texas. Seither gibt es mehr Hinrichtungen denn je.

Zielgruppe: Tea Party, Christliche Rechte

Erstaunlichster Vorschlag: Die Diäten für Senatoren und Abgeordnete um die Hälfte kürzen und Mitarbeiterstäbe abbauen - all das zugunsten eines "Bürger-Kongresses".

Größtes Problem: Seine unglaublich schlechten Debattenauftritte, bis hin zum "Ooops"-Moment, als ihm einfach die dritte Bundesbehörde nicht einfallen wollte, die er auflösen will. In einem "Strong" überschriebenen YouTube-Spot beklagt sich Perry, dass zwar Schwule im Militär dienen, aber Kinder nicht Weihnachten feiern und in der Schule beten dürften. Er wurde zum öffentlichen Gespött.

Der Satz: "Als Präsident werde ich Obamas Krieg gegen die Religion beenden, und ich werde alle liberalen Angriffe auf unser religiöses Erbe bekämpfen."

MICHELE BACHMANN

Politische Erfahrung: Seit 2007 Kongressabgeordnete für Minnesota, Anführerin der Tea Party im Repräsentantenhaus.

Zielgruppe: Tea Party, Christliche Rechte

Erstaunlichster Vorschlag: Schon als Senatorin in Minnesota brachte sie einen Gesetzentwurf ein, an öffentlichen Schulen Kreationismus gleichberechtigt zur "unbewiesenen Theorie" der Evolution zu unterrichten.

Größtes Problem: Für alle außerhalb der erzkonservativen Christlichen Rechten und der Tea Party ist Michelle Bachmann nicht wählbar. Ihr Mann arbeitet als "christlicher Psychotherapeut" - und bietet unter anderem Therapien gegen Homosexualität an. Bei öffentlichen Auftritten bringt Bachmann Fakten durcheinander.

Der Satz: "Es heißt immer, Kohlendioxid sei schädlich. Aber es gibt keine einzige Studie, die zeigt, dass Kohlendioxid irgendwie gefährlich ist."

JOHN HUNTSMAN

Politische Erfahrung: Gouverneur von Utah 2005 bis 2009, US-Botschafter der Regierung Barack Obama in China 2009 bis 2011

Zielgruppe: Moderate Republikaner

Erstaunlichster Vorschlag: Die Amtszeiten für Abgeordnete und Senatoren sollen auf 12 Jahre beschränkt werden, sie sollen nach ihrem Ausscheiden keine Lobbyarbeit in Bereichen machen dürfen, für die sie zuvor zuständig waren.

Größtes Problem: Zu leise, zu moderat, wird in den öffentlichen Debatten nicht wahrgenommen. In einer politischen Kultur und republikanischen Basiskommunikation, die von rechtskonservativen Krawallsendern und Radios beherrscht wird, kommt Huntsman nicht durch.

Der Satz: "Um es klar zu sagen: Ich glaube an die Evolution und vertraue den Wissenschaftlern in Sachen Klimawandel. Nennt mich verrückt."

MITT ROMNEY

Politische Erfahrung: 2003 bis 2007 Gouverneur von Massachussettes. In dieser Zeit verantwortete er gescheiterte Initiativen zur Wiedereinführung der Todesstrafe und das Verbot der Homoehe, aber auch die Einführung einer flächendeckenden Gesundheitsversorgung, die als Vorbild für Obamas Gesundheitsreform gilt.

Zielgruppe: Republikanischer Mainstream

Erstaunlichster Vorschlag: Teilprivatisierung von Medicare.

Größtes Problem: Die Christliche Rechte hadert mit seiner Religionszugehörigkeit und den mehrfachen Positionswechseln. Und der Multimillionär Romney gilt als Mann der Wall Street - als Kandidat würde seine Tätigkeit als Chef einer Beteiligungsgesellschaft in den Mittelpunkt rücken.

Der Satz: "Amerika ist das großartigste Land der Welt. Und auch wenn wir nicht perfekt sind: Ich werde mich niemals für Amerika entschuldigen."

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4 Kommentare

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  • ML
    Martina Lippmann

    Zu Rick Perry kann man sagen, daß man ihn als harmlosen Präriepenner bilanziert hat, was nicht ganz zutreffend ist, harmlos ist er eigentlich nicht.

    Aber grundsätzlich scheint sich die Qualität des Präsidenten/in erst nach der Wahl und nicht davor herauszustellen.

    Wenigstens versprechen sie Geschenke, die sie auch zu verteilen haben, religiöse, politische, militärische

  • DR
    Del Rey

    Der Mann heißt "Jon Huntsman" ohne "h" ;-)

  • P
    Philipp

    Ich hoffe, dass die Kreatonisten sich endlich per Gebet wählen lassen.

  • A
    Achwe

    Ich muss Allgemein über die amerikanische Politiklandschaft sagen, sie ist mir zu klein. Wenn man das hier aus dem Ausland beobachte, sieht man immer nur zwei eiserne Fronten die es nicht schaffen sich zu einigen. Dazu muss man sagen, wie will man sich mit der Tea Party einigen. Es gibt nur zwei Parteien, in Deutschland sind es 6 Parteien. Das zwei Parteien System hat den gravierenden Fehler, das beide Parteien sich versuchen gegenseitig abzugraben. Also z.B. die Demokraten sind so gut wie Handlungsunfähig, weil sie im einen Entscheidungshaus keine Mehrheit mehr haben. Meine Meinung ist, dass man das Wahlrecht dringend überarbeiten muss, vor allem das System mit den Wahlmännern.