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Kreativer Protest gegen SOPAWie Katzen grillen

Der Protest gegen das umstrittene US-Zensurgesetz SOPA kennt viele Formen - nicht nur schwarze Seiten. Die wiederum führten bei etlichen Schülern zur Verzweiflung.

"Misch dich nicht ein, wenn du's nicht verstehst." Protest gegen SOPA in San Francisco. Bild: reuters

BERLIN taz | Dunkel wurde es am Mittwoch im Internet, etwa 7.000 Seiten schwärzten zusammen mit der Wikipedia weltweit ihre Inhalte ein – Buzzfeed hat die reichweitenstärksten dokumentiert.

Und auch in Deutschland fand die Aktion rege Teilnahme: Knapp unter hundert Seiten beteiligten sich am Wikipedia-Protest gegen SOPA und PIPA. Denn tatsächlich bedrohen diese Gesetzesvorhaben (und auch wie das europäische Pendant ACTA) die Netzkultur, wie man im Detail in der Pressemitteilung der Digitalen Gesellschaft nachlesen kann.

Dass die Proteste einen Großteil der Netznutzer unvorbereitet treffen würde, damit war zu rechnen gewesen. Aber wie würden sie reagieren? Hilferufe tausender verzweifelter Schüler und Studenten, die ihre Hausaufgaben nicht fertigbekommen, hallten durch Twitter und Facebook.

Quasi als Antwort darauf entwickelte sich sofort das Mem //twitter.com/#!/search/factswithoutwikipedia:#factswithoutwikipedia, ein Sammelsurium ausgedachter Fakten und erfundener Missverständnisse, ein Panoptikum nützlichen Unwissens: Die besten Tweets hat abc.net gesammelt.

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Wie Katzen grillen

Um sich einen Eindruck zu verschaffen, wie der Blackout aufgenommen wurde, lohnt es sich, einen Blick auf den Twitteraccount //twitter.com/#!/herpderpedia:herpderpedia zu werfen: dort werden gezielt Äußerungen größtenteils überraschter, häufig ziemlich ärgerlicher Kommentatoren gesammelt. Und es sind viele, viele Tweets: Zahlreich sind jene, die nicht wissen, warum ihnen die Wikipedia nicht zur Verfügung steht.

Denen kann geholfen werden: Worum es bei den Protesten genau geht, erklärt dieses drei Monate alte Video. Etwas anschaulicher und weniger detailliert hat Matthew Inman auf seiner beliebten Comicseite theoatmeal.com zusammengefasst, was SOPA und PIPA für seine Arbeit bedeuten. Moral: Diese Vorhaben sind wie Katzengrillen. Auf einen ganz ähnlichen Schluss kommt das Lied des Tages: The day the LOLcats died.

Clark Shirky liefert dazu in einem TED-Talk die historischen Hintergründe und die kulturellen Konsequenzen: Tatsächlich handelt es sich ihmzufolge um einen klassischen Verteilungskampf, einen Abwehrkampf der großen Medienunternehmen. Die nutzen gerade all ihren politischen Einfluss, um ihre Einnahmen zu sichern und die Kopie als solche zu verdammen, und bedrohen damit eines der wichtigsten Prinzipien des sozialen Netzes: dass nämlich Menschen Dinge miteinander teilen.

Dieses Prinzip wird, so Shirky, seit dem DMCA verfolgt, und SOPA und PIPA sind nur ein weiterer Schritt. Das Ziel der Medienunternehmen ist, aus den vielen vielen Produzenten und Verbreitern des Netzes wieder reine Konsumenten zu machen. Und SOPA und PIPA sind nur ein weiterer Sargnagel für diese Freiheit: more to come.

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7 Kommentare

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  • OV
    Otto von Bismarck

    twitter.com/rupertmurdoch

     

    Allen, die noch daran zweifeln, welche Seite im SOPA-Streit die richtige ist, empfehle ich das getwitter von Rupert Murdoch. Ein Multimilliardär, der Leute bezahlt, die Handys von ermordeten Kindern hacken, damit seine Boulevardzeitungen mehr Geld scheffeln, und der sich jetzt über die böse, böse "blogosphere" empört, die ihre armen Senatoren und Kongressmänner "terrorisiert".

     

    Das ist so absurd und schräg, man könnte an der Authenzität des Accounts zweifeln ;)

  • W
    wochenendheld

    Danke, taz, für diese hübsche Übersicht, die zeigt, dass Ihr zu den wenigen deutschen Zeitungen zählt, welche zumindest ein Grundprinzip des Internetzeitalters begriffen hat: Was soll ich mit einem Artikel über das Netz (oder irgend etwas sonst) ohne entsprechende Links?

     

    @Herbert: Sicherlich wäre das einen Artikel wert, schon um den anscheinenden Widerspruch zu erklären, weshalb sich eine Softwarebranche, die vergleichsweise stark unter nicht vergüteten Kopien leidet, wie die bei SOPA/PIPA federführende Unterhaltungsindustrie, gegen das Vorhaben stellt.

     

    Weshalb aber diese Häme gegen taz und -zumindest impliziert- nicht wirtschaftlich motivierte Opponenten der Gesetze?

    Das müsstest Du bitte selbst erklären, mir scheinen viele der Befürchtungen der Bürgerrechtsseite nachvollziehbar.

     

    Mir ist ein breit getragener Netzprotest allemal lieber als Schwarze Koffer aus Walldorf ;-)

  • I
    iBot

    Ein Scriptblocker würde das Problem auch lösen. Aber woher soll man so etwas wissen, wenn Wikipedia nicht erreichbar ist?

  • H
    hans

    Hallo Herbert,

     

    Sie machen da wie ich finde etwas ungenaue Gegenpole auf:

    Sie zählen sich also zu den Yes-Men (so kürze ich mal "Nichtprotestler" ab)?

     

    Sie wissen schon, daß an der "Softwarebranche" nicht nur zusätzlich die Hardware und Gegenwehr u.a. der Provider hängt, sondern vor allem eine komplette Kultur (des Teilens, der Offenheit und ganz besonders der individuellen Interaktion!), die auf der anderen Seite von einem Gemisch aus autoritärer Politik und analoger Unterhaltungsindustrietradition bekämpft wird (und leider läßt sich für mich nicht mal sagen, wer von den letztgenannten der Kontrollierfreaks wen mehr beeinflusst).

     

    Ich jedenfalls möchte, so gut und wichtig ich auch einige Artikel der taz finde, nicht mehr in eine Welt zurück, in der ich von zentralen Zeitungen als Informationsquelle angewiesen bin.

     

    mfg

    hans

  • B
    Bachsau

    @herbert: Die Software-Branche mag tatsächlich auf unserer Seite stehen. Am Ende geht es aber dennoch darum, dass staatliche Organe nicht auf willkürliche Weise Macht über das Internet ausüben dürfen. Die Zugriffe auf inländische Provider nach Gerichtsentscheid sind auch ohne diese Killer-Gesetze möglich, und werden auch angewendet.

  • B
    Brandeis

    Zitat:

    "(...) und bedrohen damit eines der wichtigsten Prinzipien des sozialen Netzes: dass nämlich Menschen Dinge miteinander teilen."

     

    Meines Erachtens fasst dieser Halbsatz die gesamte Problematik des digitalen Zeitalters zusammen.

     

    Es ist viel leichter, zu teilen, wenn man selber nichts weggeben muss (wie es beim Teilen materieller Güter stets der Fall ist). Digitale Inhalte (oder auch Immaterialgüter) können völlig schmwerzlos und schnell mit anderen geteilt werden.

     

    Deshalb muss endlich die elementare Frage diskutiert werden, wie wir damit weiter umgehen. Ansätze wie SOPA, Websperren oder andere Formen von pauschaler Zensur halte ich für vollkommen verfehlt.

     

    Man muss die Frage grundsätzlich im Rahmen einer interdisziplinären, interkulturellen, internationalen und interessengruppenübergreifenden Debatte angehen. Hierbei können und müssen auch die Rechteinhaber zu Wort kommen aber vor allem auch Experten.

     

    In der US-Legislative sind handeln derzeit oft Leute, die von sich stolz behaupten keine "Nerds" zu sein ;-)(treffend auf die Spitze getrieben von http://www.thedailyshow.com/watch/wed-january-18-2012/ko-computer ab 3:28).

     

    Klar, diese Debatte ist nicht einfach und wird lange dauern. Aber, wenn wirklich eine vernünftige Lösung gefunden werden soll, führt an ihr kein Weg vorbei.

     

    Man muss sich nur mal historisch die Zensurbestrebungen der Regierungen beim Aufkommen der Zeitung anschauen.

  • H
    herbert

    Diese ganzen Protestler (und auch die taz) haben eins nicht begriffen: Das es hier nicht um Unterdrückung vs. Freiheit geht sondern um den Kampf zweier Industrien (nämlich die Unterhaltungsindustrie gegen die Softwarebranche). Somit ist auch die taz am Ende nichts anderes ein nützlicher Idiot von Google. Google etc. sind (wie schon bei der "Netzneutralität") Meister im Erfinden von Worten und Begriffen. Das wäre doch mal ein Artikel wert, oder ?