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50 Jahre Embargo gegen KubaEin Relikt des Kalten Krieges

Vor 50 Jahren beschlossen die USA ein Handelsembargo gegen Kuba. Dort leidet die Wirtschaft noch immer. Dabei würden US-Firmen gerne investieren.

Castros Truppen maschieren den Schweinebucht-Invasoren entgegen. Das Kuba-Embargo der USA jährt sich zum 50. Mal Bild: dpa

HAMBURG taz | „Kuba hat den gleichen Effekt auf die USA wie der Vollmond auf einen Werwolf“, erklärt Wane Smith. Er muss es wissen, denn seit mehr als 50 Jahren beschäftigt sich der ehemalige US-Diplomat nun schon mit Kuba. Er schob Dienst in der US-Botschaft in Havanna, als im Januar 1961 die diplomatischen Beziehungen zur kubanischen Regierung abgebrochen wurden.

Ende der 70er Jahre leitete er dann die US-Interessenvertretung in Havanna. Smith beendete seine Karriere im Außenamt Anfang der 80er, weil er mit der Ausrichtung der US-Diplomatie nicht einverstanden war. Heute lehrt er am Center for International Policy, einem Thinktank in Washington D.C. Und kritisiert weiter die amerikanische Außenpolitik: „Der Kalte Krieg ist längst vorbei, alle südamerikanischen Regierungen haben diplomatische und ökonomische Beziehungen zu Kuba – nur wir nicht“, ärgert er sich.

Smith attestiert der US-Sanktionspolitik, dass sie die Regierung in Havanna eher gestützt als geschwächt habe. Zentrales Symbol dieser Politik ist das am 7. Februar 1962 verhängte US-Handelsembargo gegen die rote Insel vor der eigenen Haustür. In Kuba nur als „El Bloque“, die Blockade, bezeichnet, wurde das Embargo zehn Monate nach der gescheiterten Invasion in der Schweinebucht beschlossen.

USA stellten auf stur

„Es war ein Reflex auf die Verstaatlichungen von US-Eigentum in Kuba“, sagt Alfredo Durán. Als Kuba in den 60er Jahren Verhandlungen über diese Verstaatlichungen begonnen hätte, hätten die USA sich stur gestellt, sagt der heute 73-jährige Anwalt.

„Sie setzten auf die Logik des Kalten Krieges.“ Der Veteran der Schweinebucht ist im Laufe der Jahre vom Hardliner zum Befürworter des Dialogs mutiert – entgegen der politischen Konjunktur, denn damals wurde das Handelsembargo verschärft. 1992 unterzeichnete US-Präsident George H.W. Bush den Torricelli Act, vier Jahre später setzte sein demokratischer Nachfolger Bill Clinton seine Unterschrift unter den Helms-Burton Act.

Die Gesetze sanktionierten kubanische Handelspartner und weiteten das Embargo auf Drittländer und Unternehmen aus. Diese wurden mit empfindlichen Bußgeldern bedroht. 2004 musste etwa die Schweizer Großbank UBS rund hundert Millionen US-Dollar Strafe zahlen, weil sie Kuba mit harter Währung versorgt hatte. Der Helms-Burton Act spielt noch immer eine wichtige Rolle: Er erlaubt es US-Amerikanern, Investoren in den USA zu verklagen, die in Kuba investiert haben und Immobilien von enteigneten US-Unternehmern nutzen.

Für die kubanische Wirtschaft, die sich damals – wenige Jahre nach dem Ende des sozialistischen Lagers – in einer prekären Lage befand, war das ein herber Schlag und ein Dämpfer für Investitionen in Tourismus, Nickelindustrie oder Agrarsektor. Minutiös haben kubanische Sozialwissenschaftler die ökonomischen Schäden zusammengerechnet, die das Handelsembargo der Wirtschaft der Insel zugefügt hat.

Widerstand gegen Embargo nimmt zu

90 Milliarden US-Dollar waren es bis 2008. Bis heute sind die Mehraufwendungen für Ersatzteile, aber auch Medikamente oder medizinisches Gerät, die über Drittländer bezogen werden müssen, weiter gestiegen. Gleichwohl nimmt der Widerstand gegen das Embargo in den USA stetig zu. Vor allem Unternehmen aus der Tourismus-, Agrar- und Erdölbranche gehören zu den Kritikern der gescheiterten Sanktionsstrategie.

Sie alle drängen nach Kuba; schon jetzt werden Lebensmittel en masse dorthin exportiert, Exxon Mobil würde nur zu gern wie die internationale Konkurrenz in kubanischen Gewässern nach Öl bohren. Mehrere Milliarden Barrel werden dort vermutet.

Ein derartiger Fund könnte die Koordinaten des Handelsembargos verschieben. In Kuba hätte da kaum jemand etwas dagegen, wenn man Parlamentspräsident Ricardo Alarcón Glauben schenkt. „Allerdings würde die Regierung auch eine treffliches Argument verlieren, um vom ökonomischen Scheitern abzulenken“, erklärt Oscar Espinosa Chepe, ehemals Ökonom der kubanischen Nationalbank und heute Dissident. Diese Einschätzung teilen auch Smith und Duran. Doch bislang hält man in Washington an den gescheiterten Konzepten von vorgestern fest.

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6 Kommentare

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  • B
    Buhuhuuuu

    Eine Diktatur zu boykottieren ist eine gute Sache. Auch wenn sie kommunistisch ist und deshalb von Altlinken als das "bessere System mit geringem Verbesserungsbedarf(durch sie natürlich) angesehen wird. Sobald die Kommies dort Demokratie und Freiheit zulassen hört das Embargo auf. Ganz einfach. Dann kullern aber in der taz wieder die Tränen wie 1989. Dann bleibt ja als besseres System nur noch Nordkorea mit deinen KZs, da ja die Genossen in China in der schönen sozialistischen Diktatur den Sozialismus weggelassen und nur noch die Diktatur behalten haben.

  • M
    Müller

    Vielleicht sollte doch zum Helms-Burton Act, auch bekannt durch den Namen "Barcadi Act" o.ä., da er weitestgehend von Anwälten der Firma Barcadi ausgearbeitet wurde, nicht unerwähnt bleiben, dass er ein so starkes Sanktionsmittel ist, dass er mit eine Art "Not Aus" ausgestattet wurde.

    Wenn es im Interesse der USA liegt, kann er vom Präsidenten für 6 Monate ausgesetzt werden. Die ist seit seinem in Kraft treten ausnahmslos (!) der Fall.

     

    Der Helms-Burton Act ist also niemals angewandt worden, sondern lediglich eine Drohgebärde richtung Kuba. Die Frage ist, ob die US-Regierung mit diesem Gesetz nicht ehr US-Firmen schadet, wenn es angewandt würde. Und wenn nicht, warum sie es dann doch nicht anwenden.

  • P
    P.Haller

    Die Kubaner können nur hoffen, dass ihnen die Amis noch für eine lange Zeit erspart bleiben. Die Nachteile durch das Ami-Embargo sollten anderweitig kompensiert werden (Europa, China usw.).

    Denn wenn die Ami-Industrie sich erst mal eingenistet hat, dann gute Nacht liebe Kubaner, dann herrschen dort bald wieder Zustände, wie sie vor der Revolution geherrscht haben, siehe auch Jamaika und viele andere Karibikstaaten, welche zu einem Ami-Puff mutiert sind und wo die Einheimischen nur die Klos der US-Hotelerie putzen dürfen.

  • CV
    Christopher von T.

    Dieses Relikt aus der Vergangenheit ist quasi der ultimative Beweis für die amerikanische Doppel-Moral.

    Auf der einen Seite haben wir also die konservativen Idealisten, die sich an längst veraltete und überholte Ideen und machtpolitische Konstellationen aus der Zeit des Kalten Krieges klammern und auf der anderen Seite die imperialistischen Großunternehmer, die so unheimlich gern ihr Geld und Produkte auf die "rote Insel" spülen würden um ihren Profit noch weiter in die Höhe zu treiben. Moment, die oben genannten Gruppen sind ja ein und dasselbe Macht-Konglomerat, dass die USA kontrolliert und sich im Fall von Kuba einfach mal selbst die Steine in den Weg schmeißt.

    Die Frage ist nun, haben die USA, mit ihren debilen Werten und Weltanschauungen, immer noch Angst vor einer Infiltration durch die "rote Bedrohung" und ist die Aufrechterhaltung des Handelsembargos gegen Kuba einfach nur ein weiterer Beweis dafür, dass die USA immer noch in Strukturen des Kalten Kriegs denken?

    Was hat ein profit-orientierter, imperialistischer Staat wie die USA davon sich einen Markt mit 11.500.000 potentiellen, direkten oder indirekten "Kunden" zu verschließen?

  • RD
    Rainer David W. Früh

    Ooooch, die Armen Firmen, auch die in den USA, würden soooo gerne in Kuba investieren.......

    Interessant, dass in einer Zeitung, die ansonsten kein gutes Haar am Kapitalismus lässt, ein Herz für die investitionsfreundlichen Unternehmen entdeckt.

    Der eine Punkt, der am Kapitalismus ob privater oder staatlich gelenkter Staatskapitalismus wirklich deutlich zu kritisieren ist, ist die Tatsache, dass Unternehmen, ebenso wie leider die meisten Wirtschaftspolitiker des Umsatzes willen überall auf der Welt, in jeder Kackdiktatur investieren, wenn sie hier einen Vorteil für sich entdecken. Unternehmensführern gehen Werte wie Demokratie, Menschenrechte, Pluralismus, individuelle Freiheiten regelmäßig am Arsch vorbei: am kapitalistischen wie dem sozialistischen......

  • T
    Thomas

    Sicherlich wäre das aufheben des Embargos für Kuba erstrebenswert...aber wer schonmal da war der sieht zwar keine raffgierigen Möchtegern Amis wie hier in Europa, aber dafür eine wunderbare Insel mit Kultur und Seele die schnell verloren gehen würde wenn die Amis da rein dürften.

     

    An sich ist es eher etwas positives das die USA sich aus Kuba raushält (oder so tut als ob) denn so bleibt eine geniale Insel mal erhalten und wird nicht durch McDonalds verschmutzt!