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Kommentar Papst auf KubaGesunde Ernüchterung

Bernd Pickert
Kommentar von Bernd Pickert

Der Besuch des Papstes auf Kuba macht klar: Die Zivilgesellschaft, die DissidentInnen und BloggerInnen – sie alle können auf die Kirche nicht zählen.

D ieser Besuch des Papstes in Kuba ist eine einzige Enttäuschung. Sicher, Joseph Ratzinger hat in seinen Messen von Freiheit gesprochen, von der Notwendigkeit, alle KubanerInnen an der Gestaltung der Gesellschaft zu beteiligen. Aber auch er dürfte gewusst haben, dass gleichzeitig das kubanische Regime Dutzende Regimegegner kurzzeitig in Gewahrsam nahm, in Hausarrest steckte, Mobiltelefone abschalten ließ. Vom Papst kam dazu kein Wort.

Mit der Begründung, ein Treffen mit Oppositionellen sei schwierig, weil es so viele unterschiedliche Gruppen gebe, fand Benedikt XVI. nicht einmal die Zeit, um sich auch nur ein Minute mit DissidentInnen zu treffen – stattdessen zelebrierte er eine halbe Stunde mit Fidel Castro zum intellektuellen Gedankenaustausch und für Alte-Männer-Witzen.

Dass der Papst dann auch noch in der Messe das US-Embargo verurteilte – was ja im Prinzip nicht falsch ist – machte es endgültig offensichtlich: Benedikts ausschließliches Interesse galt der Stellung der katholischen Kirche in Kuba, nicht der Lage der kubanischen Bevölkerung, erst recht nicht der Demokratie.

Bild: taz

ist Redakteur im Auslandsressort der taz und zuständig für die Amerika-Berichterstattung.

Schon schreiben oppositionelle Medien von einem Konkordat. Und tatsächlich: Dieser Besuch wertete die Regierung Raul Castros und deren unzureichende Reformen in einer Weise auf, die für die dissidente Zivilgesellschaft schier unerträglich ist. Der Papst ließ sich zum nützlichen Idioten in einer Inszenierung machen, die Staat und Kirche aufwertet, bürgerrechtliche Kräfte jedoch komplett außen vor lässt.

In einer Diktatur hat die Kirche andere Verantwortung

Nun kann man argumentieren, dass es ja – auch angesichts der fatalen Auswirkungen katholischer Dominanz in den meisten lateinamerikanischen Ländern – nicht so schlecht ist, wenn der Papst sich aus allem Weltlichen heraushält und sich einfach nur um Kirchenfragen kümmert.

Nur: In einer Diktatur hätte die Kirche andere Möglichkeiten, etwas zu unternehmen, sie hat auch eine andere Verantwortung. Dieser ist der Papst nicht nachgekommen. Ja, er hat ein paar Dinge gesagt, die in Kubas Staatsmedien normalerweise nicht gesagt werden dürften. Aber das kostet nichts, und es bewirkt auch nichts – stets saß Raúl Castro in der ersten Reihe, und er zeigte zu Recht keine Spur von Indignation.

Warum auch? Die konkreteste Forderung des Papstes an die kubanische Regierung bestand darin, eine Wiedereinführung des Karfreitags als Feiertag zu fordern. Die Regierung kann das mit einem Lächeln tun – es tut niemandem weh. Und die sandinistische Regierung Nicaraguas mit dem Wahlbetrüger Daniel Ortega an der Spitze macht seit einigen Jahren vor, wie wunderbar „Linke“ und Katholische Kirche gemeinsam herrschen können – unter anderem mit dem striktesten Anti-Abtreibungsgesetz Lateinamerikas. Hier mag der Papst in Kuba, wo die liberalsten Abtreibungsregelungen des Kontinents gelten, noch Herausforderungen sehen.

Mit dem Besuch haben Benedikt XVI und die kubanische Kirchenhierarchie dokumentiert, dass sie einen Platz beanspruchen: an der Seite des Regimes, ganz oben, wo sich die Amtskirche schon immer sah. Die Zivilgesellschaft, die DissidentInnen, die Blogger – sie alle können auf die Kirche nicht zählen. Vielleicht ist das ja sogar eine ganz gesunde Ernüchterung.

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Bernd Pickert
Auslandsredakteur
Jahrgang 1965, seit 1994 in der taz-Auslandsredaktion. Spezialgebiete USA, Lateinamerika, Menschenrechte. 2000 bis 2012 Mitglied im Vorstand der taz-Genossenschaft, seit Juli 2023 im Moderationsteam des taz-Podcasts Bundestalk. Bluesky: @berndpickert.bsky.social In seiner Freizeit aktiv bei www.geschichte-hat-zukunft.org
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10 Kommentare

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  • HM
    Henryk M. Broder

    Lieber Herr Pickert,

     

    herzlichen Glückwunsch für Ihren gelungenen Kommentar. Darf ich Ihn bei mir in achgut.com einstellen?

     

    Herzliche Grüße in Verbundenheit

    Ihr Henryk M. Broder

  • B
    Bernardo

    Dieser Artikel zeigt mir wieder einmal mehr, warum ich die TAZ nicht kaufe...

  • WK
    W. Krüger

    Schwarz-Weiss - so bau ich mir die Welt? Wie schön ist es, wenn das Weltbild so einfach ist. Der Umgang mit einer Diktatur ist aber ein wenig komplizierter, um z. B. die bisher erreichten Fortschritte nicht zu gefährden. Und diese Erleichterungen kommen doch vielen zugute (wenn die kathol. Kirche in Kuba z. B. schon etliche Entlassungen von Gefangenen vermittelt hat).

     

    Wer Benedikt näher kennt, weiss, dass ihm nichts ferner liegt, als Macht um der Macht willen zu haben. Es geht ihm um die Menschen. Auch wenn Sie es nicht glauben. Ich habe auf dem Weltjugendtag in Madrid selbst erlebt, wie er an jedem Einzelnen interessiert ist.

  • W
    Waage

    @p3t3r

     

    Jesses Maria:

    das heißt "Heiliges Römisches Reich Deutscher Nation"

    (oder sollte "römisch katholisches reich deutscher nation" ein Scherz sein?)

    Diese intellektuellen und verbalen Schlunzigkeiten in den Kommentaren sind ja langsam nicht mehr auszuhalten!

     

    Was der Papst macht ist schon o.k., er stärkt die katholische Gemeinde auf Kuba, dass ist an sich schon subversiv genug.

    Dann noch nen kleinen Schnack mit Castro - würd ich mir auch nicht entgehen lassen!

     

    Würde der Papst ne dicke Lippe riskieren müssten die Katholiken mit unangenehmen Retourkutschen des Maximo Lider & Co. rechnen während der Pontifex Maximus längst wieder weg ist.

     

    Bei Kritik an dem Castro Regime und der Kubanischen Revolution hat die deutsche Linke zumeist die Handbremse angezogen. Ich denke, den Papst für ein ähnliches Verhalten zu tadeln ist etwas unfair.

  • L
    Leser

    Der Kommentar zeugt umfassend von fehlender Bildung, nicht vorhandener Höflichkeit und fehlendem Anstand. Sind es nicht die Linken, die in Kuba regieren? Hat die deutsche Linke Fidel Castro nicht ein Glückwunsch-Telegramm gesendet?

  • H
    Hasso

    Nur Palaver-, nichts produktives! Nur: Da bin ich wieder!Ich ändere zwar nichts-, aber schließlich werd' ich ja subventioniert.Was könnte man mit dem Geld was dieser ganze Religions- Anachronismus kostet, alles anfangen, für die Belange der Menschen, für die Jesus stand. Einer der wenigen, die man von diesen Himmels-Komikern akzeptieren kann, das ist Franz von Assisi.Das war einer der anstatt des Mammons, die Menschen und auch(ein Thema, was von den Scheinheiligen nie angesprochen wird) die Tiere liebte. Das ist eine Blasphemie überall, dass man sich nur noch die Haare raufen kann.

  • IP
    Ines Prohl

    Das amerkanische Embargo gegen Kuba ist also richtig?

    So, so. Die Hintergründe, weshalb diese Embargo zustande kam, sind Ihnen aber schon bekannt?

  • J
    Julian

    Was hast du denn erwartet vom Papst? Das Oberhaupt einer rückschrittlich-repressiven Organisation soll sich in Kuba für die unsere sogenannte Demokratie einsetzen?

  • AG
    anna gerber

    Pickert jetzt voll in der Ecke rechtsradikale Freiheitskämpfer angekommen... das Geschwätz ist ja nur noch peinlich. Offensichtlich hat er noch nichtmal gelesen, was denn der Papst Nazinger alles erzählt haat... und warum hat Pickert keinen Kommentar zu Papst Nazingers Mexiko-Reise geschrieben? In Mexiko werden jährlich Tausende von Menschen von der Regierung ermordet, verfolgt, eingesperrt usw. aber das Macht ja nichts, Mexiko ist ja eine Demokratie. Rechtsradikale Hetzpropaganda oder Alterssenilität?

  • P
    p3t3r

    hat die kath kirche nicht schon immer so gehandelt...sie steht da in der tradition...

    römisch katholisches reich deutscher nation... fällt mir da spontan ein

    die katholische kirche arbeitet seit jeher mit den mächtigen zusammen noch nie mit den unterdrückten...

    das sind alles scheinheilige und der papst insbesondere