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die WahrheitNiete Ackermann

Gott ist tatsächlich manchmal ein Schweizer und nimmt die Seinen so hart ran, wie es im Alten Testament vorgesehen ist. Zum Beispiel die Banker aus St. Gallen.

Bild: Ari Plikat

Der Schweizer Erzähler und Romancier Hugo Loetscher (1929-2009) veröffentliche 1983 einen Band mit wunderbaren Erzählungen aus der Alpenrepublik. Der Untertitel der Sammlung lautete: "Was - wenn Gott Schweizer wäre". Der vor gut zwei Jahren verstorbene Autor erlebte nicht mehr, dass Gott manchmal wirklich Schweizer ist und die Seinen so hart rannimmt, wie es im Alten Testament vorgesehen ist.

Da wären zum Beispiel die Banker aus dem Kanton St. Gallen. In der Kantonshauptstadt steht die Bank Wegelin & Co. Es ist die älteste Privatbank der Schweiz, also die mit dem größten Know-how, wie man aus Steuerhinterziehung ein Geschäftsmodell macht.

Die Bankbesitzer mit dem geschäftsführenden Teilhaber Konrad Hummler an der Spitze trieben es damit so weit, dass Hummler seinen Spitzenkräften empfahl, nicht mehr in die USA zu fahren, weil dort die Verhaftung drohte. Wenn amerikanische Steuerbehörden Lunte gerochen haben - Wegelin & Co. sollen rund 1,2 Milliarden Dollar Fluchtgelder versteckt haben -, werden sie nämlich rabiat. Die präventive Einschränkung der Bewegungsfreiheit war nur der Anfang. Vor zwei Wochen verkaufte Wegelin & Co. die Bank, um wenigstens die Portokasse zu retten.

Auch das Kleinstädtchen Mels liegt im Kanton St. Gallen. Dort zeigte Gott, der Schweizer, wie gerecht er sein kann. Er beziehungsweise sein verlängerter Arm, die Kantonspolizei, verhaftete den Direktor der lokalen Sparkasse wegen des Verdachts auf Betrug und andere Delikte. Nach menschlichem Ermessen wird der Lokalbanker längere Zeit hinter Gittern verbringen müssen, denn in Banksachen ist mit Gott, dem Schweizer, nicht zu spaßen.

Und der geneigte Zeitungsleser fragt sich, warum der andere Banker aus Mels im Kanton St. Gallen - der Globalbanker Josef Ackermann - immer noch frei herumläuft, obwohl da einiges in den Büchern Gottes, des Schweizers, steht, das Ackermann belastet. Und dazu gehört nicht nur der Rattenschwanz von Prozessen, die seinen dubiosen Investmentgehilfen weltweit drohen, für die er in letzter Instanz mitverantwortlich ist. Es geht auch um Ackermanns Auftreten vor Gericht, wo er sich benahm wie einer, der provokativ fragt: "Herr Richter, was kostet das richtige Urteil? Ich zahle bar."

Es geht um das Bild des notorisch ehrlichen, sachkundigen und erfolgreichen Bankkaufmanns, das Ackermann eintrübt. In dieser Hinsicht sieht es für den noch frei herumlaufenden Ackermann nicht gut aus. Als er vor zehn Jahren die Deutsche Bank AG als Chef übernahm, lag der Kurs der Frankfurter Bankaktie bei 72 Euro, heute bei 33. Da fragt sich Gott, der Schweizer, wofür er diese Niete bezahlt. Für die Halbierung des Vermögens in Papier reicht jedem Stümper ein Streichholz, da braucht man keinen Großbanker.

Statt der geplanten zehn Milliarden Gewinn fuhr Ackermann außerdem im vergangenen Jahr nicht einmal die Hälfte ein. So etwas merkt sich Gott, der Schweizer. Der nächste St. Galler beziehungsweise Melser Banker, dem er zuerst das Reisen verbietet und den er danach verhaften und einbuchten lässt, heißt Ackermann, wenn Gott Schweizer bleibt.

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3 Kommentare

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  • L
    Lexi

    Wer Todesfonds auflegt, der hat in Deutschland seit 1945 nichts mehr verloren. Beppo Ackermann kann froh sein, dass Gott kein Deutscher ist.

    Es ist einfach nur widerlich, was diese elende Drecksbank macht und das unter der Firmierung "Deutsche"! Bei sowas gehört die Rübe ab und zwar flott!

    http://www.handelsblatt.com/finanzen/fonds/nachrichten/kritik-vom-verband-deutsche-bank-geraet-wegen-todesfonds-unter-druck/6161590.html

  • A
    André

    Das ist ja mal ein qualifizierter Artikel. Für so einen Satz wie "Es ist die älteste Privatbank der Schweiz, also die mit dem größten Know-how, wie man aus Steuerhinterziehung ein Geschäftsmodell macht." musste der Autor wahrscheinlich minutenlang recherchieren...

     

    Sicherlich sind einige Banken in der Schweiz nicht immer sehr abweisend gegenüber unversteuertem Anlagevermögen gewesen, aber man sollte dann doch sehen, dass viele Schweizer Banken auch mit versteuertem Vermögen erfolgreich sind. Dies liegt vor allem an dem Grundvertrauen in die gesellschaftliche und politische Stabilität des Landes, seine im Vergleich zu anderen europ. Ländern immer noch sehr hohe Redlichkeit im gegenseitigen Umgang miteinander und dem Primat der Qualität.

     

    zudem existiert Wegelin seit 1790...da war das mit den Steuern noch gar kein Thema. Ausserdem ist nur ein Teil der bank verkauft worden und zwar an die Raiffeisen-Gruppe.

     

    Vielleicht mal besser recherchieren als nur in dem Sud seiner eigenen Meinung zu schwelgen...

  • KK
    Karl K

    R.W.h.c. hat mal wieder erstklassig zugeschlagen !

     

    Das Ackermännchen würde wahrscheinlich auch

    völlig konsterniert nach der Psychatrie und den Männern

    in Weiß klingeln lassen, wenn er mit einem meiner

    vom Vadder selig übernommenen Lieblingssätze konfrontiert würde,

    den ich anbringe, wenn Banker glauben, unwirsch werden zu dürfen:

    " Sie vergessen, daß Sie von meinem Geld leben und nicht umgekehrt!"

    Dann ist Ruhe im Karton. So viel Contenance ist dann schon.

     

    Denn: Wie min Ohl aus Caracas, Venezuela der 20er , schmunzelnd über eine ähnliche

    Situation mit einem Haziendero direkt aus dem Busch erzählte!

    " Ja, der stutzte kurz, zerriss den gerade abgelehnten

    Scheck und schrieb einen neuen, mit einer gaaanz langen Zahl.

    Die Bank hatte gar nicht so viel Geld an Bord, mußte sich's leihen

    von den Banken am Plartz. Koffer mußten zum Transport besorgt werden.

    Haziendero Chlochard zahlte sodann die ganze Chose

    - alles auf Handkarren von den Bankangstellten befördert - zu aller

    Gaudi in der gegenüberliegenden Bank am Platze ein.

    Seelenruhig seine Havanna genüßlich in Brand.

    Tja, die hatte er mal so richtig an den cochones gepackt."