Hamburg kauft sich eine Reederei: Unter roter Flagge
Gewerkschaft spricht sich für Übernahme weiterer Anteile an Hapag-LLoyd durch Hamburg aus. Bürgermeister Scholz gibt am Mittwoch Regierungserklärung ab.
HAMBURG taz | Eine zügige Zustimmung der Hamburger Bürgerschaft zum Kauf weiterer Anteile an der Reederei Hapag-Lloyd hat die Gewerkschaft Ver.di gefordert. „Wer die Übernahme blockiert, gefährdet die Zukunft des Hamburger Hafens und der maritimen Wirtschaft in ganz Deutschland“, sagte der Hamburger Ver.di-Chef Wolfgang Rose am Montag. „Zehntausende von Arbeitsplätzen im Hafen und auf See“ hingen von der Rettung der Reederei ab, so Rose.
„Hapag-Lloyd ist die solideste und am besten aufgestellte Reederei der Welt“, behauptete Dietmar Stretz, Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat von Hapag-Lloyd. „Das unternehmerische Risiko hält sich in Grenzen. Die Finanzierungskosten sollten ab 2013 durch die Dividenden auszugleichen sein“, glaubt Stretz.
Am morgigen Mittwoch will Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) in einer Regierungserklärung vor der Bürgerschaft „die außerordentliche Relevanz des Themas betonen“, sagt Senatssprecher Jörg Schmoll. Zugleich wolle er um „eine breite Zustimmung“ der Opposition werben: „Das ist eine Frage, bei der ein Konsens wünschenswert ist.“
Hapag-Lloyd wurde 1847 in Hamburg gegründet und ist die größte deutsche Frachtreederei.
Umsatz 2011: 6,1 Milliarden Euro.
Gewinn 2011: 101 Millionen Euro.
Umschlag 2011: mehr als fünf Millionen Container.
Weltmarkt: Rang fünf mit einem Marktanteil von etwa vier Prozent.
Schiffe: etwa 150 Frachter und andere Schiffe.
Liniendienste: zu 215 Häfen weltweit.
Standorte: in 130 Ländern.
Mitarbeiter: fast 7.200 weltweit.
Der SPD-Senat will für 420 Millionen Euro weitere Anteile an der 164 Jahre alten Traditionsreederei (siehe Kasten) vom in Hannover ansässigen Reisekonzern Tui erwerben. Bei passender Gelegenheit wolle die Stadt die Anteile aber wieder mit Gewinn verkaufen. Auch ein völliger Rückzug aus dem Unternehmen sei denkbar, so Scholz.
Ihre Anteile aufstocken wollen auch der Logistik-Unternehmer Klaus-Michael Kühne (plus 160 Millionen Euro) sowie die Versicherungen Hanse-Merkur (plus 13 Millionen Euro) und Signal Iduna (plus sieben Millionen Euro). Sie arbeiten mit der Stadt seit 2008 im Konsortium „Albert Ballin“ zusammen, das damals gegründet worden war, um den Verkauf von Hapag-Lloyd an den Konkurrenten NOL in Singapur zu verhindern. Zusammen halten sie 61,6 Prozent.
Da Tui nun weitere 33,3 Prozent abstoßen will, stockt das Konsortium seine Beteiligung auf. Hamburg würde mit allein 36,9 Prozent größter Aktionär. Das sei notwendig, so die Argumentation des SPD-Senats, damit Firmensitz, Arbeitsplätze, Wirtschaftskraft und Steuereinnahmen in der Stadt blieben.
Das aber sieht die gesammelte Opposition in Hamburg kritisch. CDU-Fraktionschef Dietrich Wersich verlangt genaue Informationen über die Risiken. Diese beziffert die FDP auf „mindestens 14,7 Millionen Euro pro Jahr für den Haushalt“. So hoch seien die Zinsen für den Kredit, den Hamburg zum Anteilskauf aufnehmen muss. Ähnlich rechnen auch der Linksfraktions-Vize Norbert Hackbusch und der grüne Fraktionschef Jens Kerstan. Scholz werfe „ohne Not einem privaten Unternehmen hunderte Millionen Euro hinterher“, so Kerstan.
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