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Länder stemmen sich gegen SolarkürzungenWenn schon runter, dann maßvoll

Thüringen und NRW werfen der Bundesregierung Versagen vor. Sie kündigen gemeinsamen Widerstand mit unionsgeführten Ländern gegen die Solarkürzungen an.

Will im Bundesrat Druck gegen die Kürzungen der Solarförderung machen: Thüringens Wirtschaftsminister Matthias Machnig. Bild: dpa

BERLIN taz | Einige Bundesländer sehen die Energiewende in Gefahr. „Wir werden scheitern“, sagte Thüringens Wirtschaftsminister Matthias Machnig (SPD) am Rande einer Pressekonferenz in Berlin. Die Kürzungen der Solarförderung nannte er ein „Abbruchkonzept“, das die gesamte Branche gefährde. „Wir sind dabei, den ökonomischen und ökologischen Mehrwert der Energiewende zu verspielen“, sagte Nordrhein-Westfalens Umweltminister Johannes Remmel (Grüne).

Vergangene Woche einigten sich Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) und Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) darauf, die Fördersätze für neu installierte Fotovoltaikanlagen im März um bis zu 37 Prozent zu senken – nachdem sie bereits zum 1. Januar um 15 Prozent sanken. Zwar hatten Rösler und Röttgen stets die Zahl von 20 bis 30 Prozent kommuniziert – nun liegt allerdings die Antwort auf eine kleine Anfrage der Grünen im Bundestag vor.

Darin schreibt die Bundesregierung: Da nur noch 90 Prozent des erzeugten Stromes gefördert werden, liegt die Kürzung de facto bei bis zu 37 Prozent. Für große Solarparks mit einer Leistung über 10 Megawatt entfällt die Förderung komplett.

1,5 Prozent weniger Strom

Zudem wollen Röttgen und Rösler eine EU-Richtlinie für mehr Energieeffizienz ändern. Nach ihr hätten Energieversorger jährlich 1,5 Prozent weniger Strom an ihre Kunden abgeben sollen, was in anderen europäischen Ländern gut funktioniert. Nun ist auch eine Steigerung der Energieeffizienz möglich, was bedeutet: Bei zu viel Wirtschaftswachstum sinkt der Stromverbrauch nicht.

Noch handelt es sich um einen Kabinettsbeschluss, der noch durch das Parlament muss. Machnig kündigte an, zusammen mit Bundesländern wie dem CSU-FDP-geführten Bayern über den Bundesrat Druck aufzubauen – auch wenn das Gesetz in der Länderkammer keine Zustimmung braucht.

Der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) forderte bereits, die Kürzungen zu verschieben, weil viele Leute bereits im Vertrauen auf die rechtlichen Grundlagen finanzielle Verpflichtungen eingegangen seien. Theoretisch hätten die Länder über einen anderen Streitpunkt politische Verhandlungsmasse:

Seit Monaten streiten sich Bund und Länder erfolglos über ein Gesetz, mit dem die Sanierung von Gebäuden stärker gefördert werden soll – ein zentraler Pfeiler der Energiewende. Machnig schloss aus, dem Bund hier für Änderungen bei der Solarförderung entgegenzukommen.

Eine Diskussion im Bundestag findet nicht statt

Künftig wäre dergleichen ohnehin nicht mehr möglich: Laut des Röttgen-Rösler-Entwurfs können künftig Bundesumwelt- und Bundeswirtschaftsministerium per Verordnung die Fördersätze sämtlicher erneuerbarer Energien kürzen. Eine Diskussion im Bundestag findet dann nicht mehr statt.

Aus dem Südwesten Deutschlands appellierten gestern Universitäten und Unternehmen, die Fördersätze maßvoll zu senken, darunter die Universität Stuttgart und das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme in Freiburg. Sie sehen allein im Südwesten 15.000 Arbeitsplätze bedroht.

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9 Kommentare

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  • W
    Waage

    Genosse R.Hagen:

     

    der größte Teil (zwar nicht an der installierten Leistung aber rein zahlenmäßig) der inzwischen über 1 Mio. Solaranlagen in Deutschland befindet sich im Besitz von Arbeitern und Angestellten.

    Diese sind heute vor allem im suburbanen und ländlichen Raum nicht durchgehend grund - und dachlos sind wie z.B. noch im 19.Jhd, als diese Klasse außer ihren Ketten nichts zu verlieren hatte.

     

    Selbst ein Anteil von 7500Euro eines "eigendachlosen" Alg2 Empfängers an einer Bürgersolaranlage und deren Erträge fallen unter das Schonvermögen.

     

    Mit solidarischen Grüßen...

  • RH
    R. Hagen

    Genosse Machnig habe ich mal für einen ernsthaften Politiker gehalten. Nach diesem Artikel muss ich das bezweifeln: Man staunt, wie ein pragmatischer Sozialdemokrat dazu kommen kann, eine völlig überzogene Subventionierung zulasten des grund- und dachbesitzlosen Arbeiters und Angestellten zu verteidigen. Von der enregipolitischen Begründung angesichts des immer noch bescheidenn Anteils von Solarstrm am Gesamtverbrauch -3-4% - ganz zu schweigen. Und induustriepolitisch subventionieren wir bekanntlich vornehmlich die chinesische Wirtschaft. Wann besinnt sich die SPD endlich wieder auf ihre Wurzeln?

  • RH
    R. Hagen

    Genosse Machnig habe ich mal für einen ernsthaften Politiker gehalten. Nach diesem Artikel muss ich das bezweifeln: Man staunt, wie ein pragmatischer Sozialdemokrat dazu kommen kann, eine völlig überzogene Subventionierung zulasten des grund- und dachbesitzlosen Arbeiters und Angestellten zu verteidigen. Von der enregipolitischen Begründung angesichts des immer noch bescheidenn Anteils von Solarstrm am Gesamtverbrauch -3-4% - ganz zu schweigen. Und induustriepolitisch subventionieren wir bekanntlich vornehmlich die chinesische Wirtschaft. Wann besinnt sich die SPD endlich wieder auf ihre Wurzeln?

  • L
    LaoKe

    Chinesische Solarzellen auf deutschen Dächern - hoch subventioniert.

    Über Spanien lacht die Sonne . über Deutschland die ganze Welt!

  • V
    vic

    "Eine Diskussion im Bundestag findet nicht statt"

    Und dafür werden wir zur Wahlfarce geschickt.

    Demokratie, nennen sie das.

  • E
    edefault

    Der jetzt von Merkel, Rösler & Röttgen angekündigte Solar-Kahlschlag sieht sehr nach Rache für die verdorbene AKW Laufzeitverlängerung aus.

     

    Dass sich Röttgen und Rösler nach langem Streit "geeinigt" haben und/oder vorher nicht einer Meinung waren - das ist das perfide Theater, mit dem die geplante Radikalkur medial als Kompromiss verkauft werden soll.

     

    Röttgen redet wie immer ganz anders als er handelt - eine altbekannte Taktik.

    Es geht dabei um den Erhalt des Geschäftsmodells von vier großen Stromkonzernen: Kohlekraftwerke, zentral, mit miesem Wirkungsgrad und immensem Klimaschaden - und der Verbraucher soll dafür kräftig blechen bis ans Ende der Zeiten.

     

    Energie-Automomie? Saubere Stromerzeugung? Dezentrale, demokratische Strukturen? Hahaha. Fehlanzeige.

     

    Der ganze EEGÄG Referentenentwurf trägt erkennbar die Handschrift des Atomlobbyisten Gerald Hennenhöfer.

     

    Energiewende? Das soll platt gemacht werden.

    Irgendwann, spätestens aber nach ein paar spektakulären (inszenierten) Blackouts, so das Kalkül der Konmzerne und ihrer schwarzgelben Satrapen, werden die Verbraucher wieder nach dem netten Atomstrom winseln.

     

    Es wird Zeit, dass diese Bundesregierung daran gehindert wird, an Deutschlands Zukunftschancen herumzuferkeln.

  • W
    Wolf

    Staatliche Subventionen die eigentlich nur den reichen Säcken dienen sollten gänzlich abgeschafft werden.

     

    Hauseigentümer können durch verbilligte Solarzellen den Wert ihres Objektes steigern.

     

    Und wer bezahlt diesen Unsinn?

     

    Wir alle bezahlen es über den Strompreis und ein Mieter i.d. Mietwohnung hat gar nichts davon !

     

    Genauso zu betrachten ist der von Politheinis den

    Hauseigentümern aufgezwungene Unsinn m.d. Wärmedämmung.

    Hauseigentümer können dadurch das Objekt wertsteigern und bezahlen tun es die Mieter mit nur für diesen Unsinn mit Miterhöhungen bis zu 30 %.

     

    Hier wird eine "Schweinepolitik im Sinne des Kapitalismus gemacht, nur die Masse des dummen Mobs hat es noch nicht bemerkt !

  • W
    Waage

    Die CDU Landesgruppe aus dem Saarland will auch schon nicht mehr mitmachen da die RAG dort in größerem Umfang in PV investieren möchte und dieses Engagement nun in Frage stellen könnte.

    Viele CDU Abgeordnete merken zudem grade überhaupt erst, wie viele mittelständische Unternehmen in ihren Wahlkreisen direkt oder über Umwege mit der PV-Branche in Verbindung stehen und jetzt mit geschäftsschädigenden und zum Teil sogar ruinösen Stornierungen und Rückstaueffekten zu kämpfen haben.

     

    Es scheint so, dass sich Rösler/Röttgen da ein riesiges Ei gelegt haben:

     

    1) Die Shock & Awe Taktik des 9. März als Fallbeilfrist stößt auf Unverständnis und wird über Parteigrenzen hinweg, sogar von Vielen in der FDP-Fraktion, als grobes Foulspiel betrachtet.

     

    2) Die Ermächtigung zu künftigen willkürlichen Vergütungskürzungen am Parlament vorbei zerstört jegliche Planungssicherheit. Diesen Klops und noch andere Gemeinheiten habe ich bei meiner ersten Bewertung vollkommen übersehen. Jaja, das Kleingedruckte!

     

    Will man die, wie ich finde, grundsätzlich sinnvollen Kürzungsschritte, welche die Leistungsfähigkeit der PV auch besser darstellen würde, durchbekommen muss sich unser neues "Traumgespann" bzw. "Alptraumgespann" doch noch mal in etlichen Punkten mächtig bewegen.

     

    Wenn alle Stricke reißen, am ersten Juli gibts eh die turnusgemäße Kürzung.

  • RL
    Rainer Lischka

    Warum sagt denn niemand aus den politischen Parteien der Opposition laut und deutlich: Diese Bundesregierung, insbesondere die FDP-geführten Ministerien und auch Röttgens NRW-CDU-Clique-Umweltministerium sind die korruptesten Ministerien, die es je in diesem Land gab. Gegen Wahlspenden verkaufen sie die Zukunft der Bürger. Bürger wehrt euch, jagt diese Schande zum Teufel!