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Streit der Woche„Der Abstieg wandelt sich zum Absturz“

Ist die Atomkraft nach Fukushima am Ende? Nuklearexperte Mycle Schneider ist sich sicher, dass die Atomenergie längst ausgedient hat.

Da war der Ausstieg greifbar: AKW-Gegner vor dem Reichstag am 30. Juni 2011. Bild: dapd

Der Autor des „World Nuclear Industry Status Reports“, Mycle Schneider, kritisiert die Darstellung der internationalen Atomgemeinde, Fukushima sei lediglich ein „Schlagloch auf dem Weg der Atomkraftentwicklung“.

Für den 53-Jährigen sprechen die Fakten deutlich gegen diese Einschätzung: „Seit 1973 wurde in den USA kein Atomkraftwerk gebaut“, schreibt er in einem Beitrag im Streit der Woche der sonntaz. „Die Tendenz bleibt nach Fukushima unverändert – abwärts, nur schneller.“ Der Beweis für Schneider: das wachsende Misstrauen gegenüber der Atomkraft in vielen Ländern. In Italien etwa, argumentiert der Experte, „haben sich in einem Referendum 94 Prozent der Menschen gegen den Wiedereinstieg ausgesprochen“.

Anders sieht das Christopher Weßelmann, Chefredakteur der Zeitschrift Atomwirtschaft. Er räumt zwar ein, dass die Ereignisse in Japan einen Einschnitt für die Kernenergie bedeuteten, diese aber nicht die Vorteile der Atomkraft in Zweifel gezogen hätten. Der 48-Jährige argumentiert im Streit der Woche der sonntaz, dass die Kernenergie einen wichtigen Beitrag zum Energiezugang weltweit leistet. Weßelmann sieht hier die Vorzüge in der „Ressourcenschonung“, im Klimaschutz und einer „kostengünstigen Erzeugung, die den jeweligen Wirtschaftsstandort sichert und subventionsfreie Arbeitsplätze schafft“.

Die Katastrophe in Japan ist laut Weßelmann allein auf die unzureichende Absicherung vor Flutwellen zurückführen. An den Fortbestand der Atomenergie glaubt er fest: „Zukunftsoffene Gesellschaften müssen dabei vorurteilsfrei Forschung und Entwicklung ermöglichen und fördern – Potenziale sind Zukunft, ihre Verhinderung beruht auf Dogmen!“

Im Streit der Woche kommentieren außerdem Jochen Stay, Sprecher der Anti-Atom-Organisation .ausgestrahlt, und taz.de-Leser Alessio Mantanario die Frage "Ist die Atomkraft am Ende".

Foto: taz
sonntaz

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6 Kommentare

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  • JK
    Juergen K.

    Sonne und Wind kosten nichts.

     

    Alle Brennstoffe kosten etwas und werden immer etwas kosten.

     

    NUR Wind und Solar haben die Eigenschaft,

    dass sich die Investitionen je amortisieren können.

     

    Dass im Brennstoffbereich Renditen abgegriffen werden

    ist etwas anderes, keine Betriebswirtschaft.

  • TE
    Thomas Ebert

    Wenn sich die Hysterie gelegt hat, dann wird auch mit weniger Vorurteilen diskutiert. Unglücke stellen immer einen Punkt dar, an dem Bewährtes auf den Prüfstand gestellt wird. Das ist auch bei der Energiegewinnung aus Kernspaltung so. Jetzt ist in Deutschland aber eine Stimmung aufgekommen, in der sachlicher Meinungsaustausch kaum mehr möglich scheint. Kernkraft ist, mit Ausnahme der Revisionszeiten, ständig verfügbar. Die Klimabelastung durch CO2-Ausstoß ist minimal. Ebenso die Belastungen durch Lärm, Staub und andere Emissionen. Problematisch sind Störfälle und Endlagerung. Jeder Störfall führt zu Verbesserungen in der Reaktorsicherheit. Bei den,durch ein extremes Naturereignis ausgelösten,Ereignissen in Fukushima kam kein einziger Mensch um. Dieses mal gegenübergestellt den tausenden Opfer von Naturereignissen die dem Klimawandel zugeschrieben werden. Atomenergie rettet Leben!

    Schließlich ist die Endlagerung ein politisches Problem, kein technisches! Wer hier auf der Bremse steht ist offensichtlich - die Partei, die ohne Atomenergie nicht existieren würde.

  • R
    r.p.weller

    "Gerd" hat vollkommen recht!

     

    solange die Entsorgung des gesamten Atommülls

    für 100.000de von Jahren nicht SICHER geregelt

    ist, bleibt es ein VERBRECHEN neue radioaktive

    Abfälle zu produzieren.

     

    Mit den Atommeilern hat man "Flugzeuge" ohne

    Landebahn gebaut.

     

    Strahlender Gruß!

     

    r.p.

  • Y
    yohak

    Referendum in Frankreich? Es gab kein Referendum zum "Wiedereinstieg" in Frankreich. (wäre auch unsinnig, da Frankreich nie einen Ausstiegsbeschluss gefasst hatte.)

    Offenbar hat da jemand da jemand Frankreich mit Italien verwechselt. Da gab es nämlich tatsächlich so ein Referendum.

  • G
    Gerd

    An Herrn Weßelmann: Was machen wir mit dem Atommüll? Was machen wir mit dem Atommüll? Was machen wir mit dem Atommüll? Was machen wir mit dem Atommüll? Was machen wir mit dem Atommüll? Was machen wir mit dem Atommüll? Was machen wir mit dem Atommüll? Was machen wir mit dem Atommüll? BEANTWORTET DOCH ENDLICH MAL DIESE FRAGE BEVOR IHR WEITER ÜBER DIE VORTEILE DER ATOMENERGIE SCHWAFELT!!!!!!!!!!!!! WUT!!!!

  • R
    Rainer

    Es ist für mich jedes mal wieder schrecklich zu lesen mit welcher Gleichgültigkeit die Vertreter der Atomlobby ihre wirtschaftlichen Interessen über die Sicherheit der Bevölkerung stellen. In Japan sind mMn. in verschiedenen Ebenen Fehler gemacht worden. Diese Fehler können auch in Deutschland schon gemacht worden sein, die sich aber erst manifestieren werden, wenn in den entsprechenden AKWs die Situation eintritt die diese Fehler zu Tage treten lassen.

    Ein Ingenieur arbeitet während seiner Planungsphase mit Annahmen bezüglich der zu erwartenden Belastungen, Leistungen, notwendigen Überdimensionierung von Bauteilen ( so genannten Sicherheiten), möglichen Notsituationen etc.. Es ist für das spätere AKW. sehr wichtig, hier alles zu bedenken was evtl. später eintreffen kann. Hier wurde mMn. bei der Planung von Fukushima schon der erste, aber alles entscheidende Fehler gemacht. Ob in anderen AKWs in der Welt immer alles bei der Planung berücksichtigt wurde, wage ich zu bezweifeln. Der Mensch macht Fehler und Ingenieure sind auch nur Menschen. Ich glaube auch der Atomlobby ist dieses klar, aber sie stellen mMn. Geld über Leben.

    Der einzige logische Schritt kann mMn. nur sein Techniken, die bei einem Unfall solch enorme Gefahren wie die Kernspaltung mit sich bringen, schnellstmöglich und für immer stillzulegen.