Bayern und 1860 sind für Flughafenausbau: Der enttäuschte Dieter
Die Bayern und die Sechziger sind für eine dritte Startbahn am Flughafen München. Das erbost manchen Fan so sehr, dass er die Mitgliedschaft beim Rekordmeister aufkündigt.
MÜNCHEN taz | Dieter Janecek ist bayerischer Politiker. Einer, der auch mal dahin geht, wo es wehtut. Zwar nicht zur SPD, aber immerhin zu den Grünen, deren Landesvorsitzender er seit vier Jahren ist. Den Weg des geringsten Widerstands kennt er nur vom Hörensagen. Mit seiner Klage vor dem Bundesverwaltungsgericht zwang er 2007 die Münchner Stadtverwaltung zur Einrichtung der Umweltzone, verdiente sich damit den Kampfnamen „Mister Feinstaub“ und den Unbill tausender Autobesitzer, deren Gefährt keinen Katalysator hatte.
Doch nun ist selbst er an seine Grenzen gestoßen und hat sich in seiner Verzweiflung zum Äußersten entschieden: zur Kündigung seiner Mitgliedschaft beim FC Bayern. Dabei ist er doch seit 30 Jahren Fan und „in Bayern-Bettwäsche groß geworden“, wie er unlängst in einem offenen Brief mitteilte.
Was ist passiert zwischen Janecek und seinen geliebten Bayern? Nun, es geht nicht um das womöglich nächste titellose Jahr für den Rekordmeister, sondern um den umstrittenen Bau einer dritten Startbahn für den Münchner Flughafen. Der FC Bayern München gehört, wie auch der TSV 1860 München, die Olympiapark GmbH und bis vor Kurzem auch noch der Tierpark Hellabrunn, dem Bündnis „Ja zur 3. Startbahn“, an.
Der Landtagsabgeordnete und Startbahngegner Michael Piazolo (Freie Wähler) forderte die Fußballvereine auf, das Bündnis zu verlassen: „Mit diesen klar politischen Aktivitäten verletzen die Vereine ihr satzungsgemäßes Gebot zu politischer Neutralität.“ Auch die Stadtrats-Grüne Lydia Dietrich ist empört: Städtische Gesellschaften hätten in so einem Bündnis nichts zu suchen: „Es ist nicht deren Aufgabe, sich in einem politischen Konflikt zu positionieren.“
Einmischung in die Politik
Dieter Janecek sagt, trotz vieler verschlafener Nächte auf Bayern-Bettwäsche, in seinem Blog: „Ich sehe dich nicht als legitime Interessenvertretung in der Politik an. Du bist ein Fußballverein und keine politische Kampforganisation, dachte ich mir immer. Was mich wirklich ärgert, ist, dass du dich als mein Verein zum wiederholten Male über die Köpfe deiner Mitglieder hinweg in die Politik eingemischt hast.“ Janeceks Brief endet mit den dramatischen Sätzen: „Fußballerisch wirst du immer meine Heimat bleiben, politisch bist du es nicht. Dein enttäuschter Dieter.“
Janecek ist also raus beim FCB. Verzichtet künftig auf die Möglichkeit, mal ein Ticket für den Besuch eines Fußballspiels in der Bayern-Arena erwerben zu können. Es bleiben Fragen: Wie wird der FC Bayern mit dem Verlust umgehen? Wandelt sich dauerhaft das Tabellenbild, wenn künftig nur noch 171.344 Mitglieder dafür zahlen, den Rotweißen die Daumen zu drücken?
Und: Was geht Fußballklubs die Landespolitik an? Man weiß es nicht. Aus der Führungsetage in der Säbener Straße tönt eisiges Schweigen zum Thema Fluglärm. Ein Vereinssprecher erklärte, der Klub sehe sich als „stilles Mitglied“ des Bündnisses. Öffentliche Aktionen seien nicht geplant.
Keine Marketing-Aktionen geplant
Beim Nachbarn TSV 1860 sagt Geschäftsführer Robert Schäfer zur Causa dritte Startbahn: „Das ist die Grundlage für den wirtschaftlichen Erfolg Münchens.“ Aber auch bei Sechzig seien keine Marketing-Aktionen geplant. Von welchem Geld auch? Spötter merken an, dass die Löwen vor nicht allzu langer Zeit noch statt mit dem Flugzeug mit der S-Bahn zu den Auswärtsspielen fahren konnten – so weit unten im deutschen Fußball kickten sie.
Und Janecek? Wird aufgefangen, zumindest von dem in diesem Fall sehr sozialen Netzwerk namens Twitter: Ein Anhänger von Borussia Dortmund schrieb dem enttäuschten Dieter: „Wir nehmen dich gerne auf. Spielen eh gerade den schöneren Fußball.“ Alles wird gut.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Grundsatzpapier des Finanzministers
Lindner setzt die Säge an die Ampel und an die Klimapolitik
Kritik an Antisemitismus-Resolution
So kann man Antisemitismus nicht bekämpfen
VW in der Krise
Schlicht nicht wettbewerbsfähig
Bundestag reagiert spät auf Hamas-Terror
Durchbruch bei Verhandlungen zu Antisemitismusresolution
Kränkelnde Wirtschaft
Gegen die Stagnation gibt es schlechte und gute Therapien
Mögliche Neuwahlen in Deutschland
Nur Trump kann noch helfen