Pleite eines Familienimperiums: Wie die Schleckers sich ruinierten
Ein knausriger Metzger aus Schwaben errichtet ein Drogerie-Reich der absoluten Kontrolle. Als alles implodiert, müssen die Kinder ran. Ihr Mathelehrer wundert sich.
Der Insolvenzverwalter schreitet zur Tat: An diesem Wochenende schließt die Hälfte aller Schlecker-Filialen. Bereits am Dienstag haben mehr als 11.200 Mitarbeiter die Kündigung erhalten. Der Staat soll mit 71 Millionen für eine Auffanggesellschaft einspringen, um die Entlassenen zu qualifizieren und zu vermitteln. Die Länder ringen gerade um die Details. Welches Land kann und will wie dafür bürgen? FDP-Leute äußern sich kritisch und sagen, eine Firma müsse auch mal pleite gehen.
Für die ruinierte Drogeriemarktkette wird ein Investor gesucht. Ende März soll das Insolvenzverfahren beginnen.
Es ist eine historische Insolvenz. Sie steht für den totalen Kontrollverlust des Familienoberhaupts Anton Schlecker. Eines Mannes aus einfachen Verhältnissen, der sich hochgearbeitet hat zum Milliardär und der die Dinge immer im Griff behalten wollte. Zuletzt schickt er Ende Januar seine Tochter Meike vor, damit sie auf der ersten Pressekonferenz, die es von Schlecker seit 20 Jahren gibt, den Verlust des Familienreichtums verkündet: „Es ist nichts mehr da“.
Das Geld ist also weg. Und ein System, das auf gnadenloses Wachstum ausgerichtet ist, am Ende.
Die Ganze Geschichte „Die Schlecker-Saga“ von Kirsten Küppers lesen Sie in der sonntaz vom 24./25. März 2012. Außerdem: Freundinnen reden über Sex über 50. Und: Eine Bildwelt aus Kairos Müllviertel. Das alles gibt es direkt am eKiosk, am Kiosk oder gleich im Wochenendabo. Und für Fans und Freunde: facebook.com/sonntaz
Schwäbische Sparsamkeit und Blutwurstkannen
In Anton Schleckers Heimatort Ehingen erzählen die Leute, dass er früher in der Metzgerei seines Vaters putzen musste und die Blutkannen für die Blutwurst durchrühren, wenn man sich dort umhört und den grauen Turm des Firmenhauptsitzes von außen betrachtet. Die Schleckers haben sich immer abgeschirmt - wie die Männer hinter Lidl oder Aldi.
Der gelernte Metzgermeister Anton Schlecker folgte beim Aufbau seines Drogeriemarkt-Imperiums stets dem alten Gebot der schwäbischen Hausfrau: Sparsamkeit. Im Laufe der Achtziger errichtet er so ein Filialnetz. Seine Filialen sind oft klein und in schlechten Lagen, Schlecker zahlt wenig Miete, hält die Kosten gering. Die schlichte Ausstattung der Läden suggeriert, dass auch die Preise niedrig seien. Von diesem Kundenirrtum lebte die Firma lange Zeit.
Und das Geschäft boomt tatsächlich. In den Neunzigern eröffnen jedes Jahr an die tausend neue Schlecker-Filialen, das bedeutet: Bis zu drei neue Schlecker-Märkte pro Tag. Im Jahr 2007 gehören Schlecker mehr als 14.000 Läden in dreizehn Ländern. Wenn er neue Läden eröffnet, räumt ihm die Industrie hohe Rabatte ein. So kann er mit dem Geld von den neuen Filialen die Probleme mit den wirtschaftlich maroden alten kaschieren.
Obwohl nun mehrere zehntausend Menschen für ihn arbeiten, interessiert sich Anton Schlecker nicht für moderne Managementprinzipien. Er setzt auf alte Methoden: Überwachen und Strafen. Seine Mitarbeiter lässt Schlecker bespitzeln, abmahnen, er bezahlt unter Tarif. In den Läden gibt es lange kein Telefon. Er ist der böseste Chef Deutschlands. Er tut nie etwas um diesen Ruf loszuwerden.
Erst als die Firma ins Schlingern gerät, macht er Zugeständnisse. Und weil man einen Neuanfang nicht mit alten Gesichtern verkaufen kann, schiebt Anton Schlecker seine Kinder vor.
„Ich hab mich gewundert, dass die beide jetzt ins Management aufgestiegen sind, dass die überhaupt das Geschäft des Vaters übernehmen wollen. So wie ich die beiden von früher kenne, hätte ich das nie gedacht“, sagte ein ehemaliger Mathelehrer der Schlecker-Kinder der sonntaz.
Jetzt sind Lars und Meike Schlecker die Geiseln der Katastrophe.
Wie die beiden Kinder mit dieser neuen Rolle umgehen, warum das System Schlecker irgendwann zusammenbrechen musste und was es mit dem Ehinger „Sauna-Club“ auf sich hat, lesen Sie in der Ganze Geschichte „Die Schlecker-Saga“ in der sonntaz vom 24./25. März 2012. Am Kiosk, eKiosk oder gleich im Wochenendabo. Und für Fans und Freunde: facebook.com/sonntaz
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Umfrage zu Sicherheitsgefühl
Das Problem mit den Gefühlen
Deutschland braucht Zuwanderung
Bitte kommt alle!
„Freiheit“ von Angela Merkel
Die Macht hatte ihren Preis
Der alte neue Präsident der USA
Trump, der Drachentöter
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens