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Landtagswahl SaarlandGescheit gescheitert

Heiko Maas ist die tragische Figur des Wahlabends: Er wird wieder nicht Ministerpräsident, sondern höchstens Minister und Juniorpartner in einer großen Koalition.

Gewinner und Verlierer dicht beieinander. Bild: reuters

SAARBRÜCKEN taz | Als hätte Heiko Maas geahnt, wie es ausgeht, hat er in den letzten Tagen vor der Wahl im kleinen Kreis eine Rechnung aufgestellt. Im Saarland sei im linken Spektrum der Platz sehr eng. Neben seiner SPD gebe es nicht nur die Grünen und die im kleinsten Bundesland sehr starke Linkspartei, sondern neuerdings auch noch die Piraten.

Maas bewegte sich in diesen Momenten zwischen Hoffnung und Skepsis. Eigentlich war die Stimmung ja gut für ihn, schließlich war die Regierung von CDU-Konkurrentin und Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer geplatzt. Aber euphorisch wurde der 45-Jährige nicht.

Er hat recht behalten. Das linke politische Spektrum im Saarland ist am Sonntag mit fast zwei Dritteln der Stimmen viel stärker als das konservativ-liberale Lager. Dennoch wird die CDU-Frau Kramp-Karrenbauer Ministerpräsidentin bleiben. Denn Maas kam am Ende doch deutlicher hinter ihr ins Ziel, als mancher Sozialdemokrat an der Saar und der Spree gehofft hatten.

PROZENTE UND SITZE

CDU 35,0 % / 19 Sitze (2009: 34,5% / 19 Sitze)

SPD 30,7 % / 17 (24,5 % / 13 Sitze)

Linkspartei 16,3 % / 9 (21,3 % / 11 Sitze)

Piraten 7,6 % / 4 Sitze ( – / – Sitze)

Die Grünen 5,0 % / 2 (5,9 % / 3 Sitze)

FDP 1,2 % (9,2 % / 5 Sitze)

Sonstige 4,2 % (4,5 %)

Wahlbeteiligung 61,0 % (67,6 %)

(Hochrechnung ZDF, 19:00 Uhr)

Heiko Maas ist damit zur tragischen Figur des Abends geworden. Er wird wieder nicht Ministerpräsident des Saarlandes. Ihm bleibt höchstens ein Ministeramt und Juniorpartner in einer Koalition mit der CDU. Schon wieder verloren, nachdem er 2004 und 2009 gescheitert war.

Nachdem die Jamaika-Koalition aus CDU, FDP und Grünen im Januar an Querelen innerhalb der FDP zerbrochen war, lief es schnell auf diese Option hinaus. Alles andere war ausgeschlossen oder unrealistisch. Zunächst hatten Maas und Kramp-Karrenbauer über eine Lösung ohne Neuwahlen verhandelt, doch die Gespräche scheiterten.

Kollegiales Verhältnis

Aber das Verhältnis zwischen Kramp-Karrenbauer und Maas blieb auch nach dem Scheitern kollegial. Der Weg zu einer Zusammenarbeit nach den Neuwahlen sollte offen bleiben. Der Wahlkampf bis zu diesem Sonntag wurde ein Kopf-an-Kopf-Rennen. So manches Mal mussten sich die Kontrahenten im Laufe der vergangenen Wochen fragen lassen, warum man denn eigentlich als Saarländer zur Wahl gehen solle. Schließlich stünde das Ergebnis doch schon fest.

Beide haben darauf überzeugende Antworten zu finden versucht. Kramp-Karrenbauer argumentierte mit ihrer Wirtschaftskompetenz, Maas zielte auf soziale Gerechtigkeit. Aber am Ende würde man zusammenarbeiten. Denn Kramp-Karrenbauer ist mit der FDP der Koalitionspartner verloren gegangen. Und Maas pflegte zu den Spitzenkandidaten von Grünen und Linken ein Verhältnis intensiver, beidseitiger Abneigung.

Grünen-Chef Hubert Ulrich ist für Maas eine Persona non grata, seit dieser sich 2009 für Jamaika entschieden hatte, obwohl Maas für die Grünen Wahlkampf gemacht hatte und Rot-Rot-Grün möglich gewesen wäre. Das Verhältnis zu Lafontaine ist ohnehin ein besonderes: 2004 und 2009 verhagelte der mit der Gründung der WASG und seiner Spitzenkandidatur im Saarland dem alten SPD-Kollegen den Erfolg. Was Wunder, dass Maas jede Zusammenarbeit ausschloss: Er habe „keinen Bock mehr“ auf die Lafontaines personalisierte Kampagne, sagte er im taz-Interview vor wenigen Wochen.

Nun wird Maas sich wohl einer Debatte stellen müssen, die er nie wollte. Er wird gefragt werden, warum er sich nicht mit den Stimmen der Linkspartei zum Ministerpräsidenten wählen lassen will, wenn es die Mehrheit denn hergebe. Linkspartei-Mann Rolf Linsler stichelte am Wahlabend schon: „Mit uns kann er Ministerpräsident werden.“

Hält die SPD am Kurs von Maas fest?

Doch das hat Maas mehrfach kategorisch ausgeschlossen. Offiziell trennt die beiden Parteien die Einstellung zur Schuldenbremse. Maas will sie einhalten und Personal im öffentlichen Dienst einsparen, Lafontaine ist dagegen. Die Frage ist nun: Hält die SPD am Kurs von Maas fest? Der oberste Sozialdemokrat an der Saar wird als gescheiter Gesprächspartner geschätzt. Doch für ihn persönlich wird wohl irgendwann der Weg in die Bundespolitik anstehen müssen. Alles andere wäre nach drei Niederlagen eine Überraschung.

Annegret Kramp-Karrenbauer wird die Verhandlungen ab Montag wohl zum Ziel bringen. Dann gibt es die große Koalition als Ergebnis einer Zusammenarbeit zweier unprätentiöser Politiker, die das Spektakel scheuen. Alles wird geräuschlos verlaufen, wie die ganzen letzten Wochen.

Bei seinem ersten Statement vor den TV-Kameras war Heiko Maas gefasst, aber ernst. Und beschreibt seine Gefühle mit dem einfachen Satz: „Ich wäre gerne Ministerpräsident geworden.“ Dann schwenkte die Kamera zur Siegerin.

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22 Kommentare

 / 
  • S
    Stork

    Herr Maas und tragisch? Tragik bedeutet, dass das Schicksal einem Menschen Schlimmes beschert. Bei Herrn Maas ist das aber nicht das Schicksal, sondern seine eigene Dummheit, die ihn jetzt in diese Lage gebracht hat. Geschierht ihm recht!

    Ihn jetzt bei der Bundesspitze der Partei zu entsorgen, wäre nun wirklich eine Unverfrorenheit, Bundespolitik als Müllhalde für ausrangierte Landespolitiker!

  • O
    ole

    @Pain.Black

     

    Die Saar-SPD hat vor der Wahl gesagt, daß man NICHT mit der Linke koaliert. Und sie hat vor der Wahl gesagt, daß man eine große Koalition für realistisch und sinnvoll hält.

     

    Wenn nun TROTZDEM (oder vielleicht gerade deshalb?) 30,7% die SPD und 35% die CDU wählen, können Sie doch nicht behaupten, das Ergebnis bzw. die große Koalition entspräche nicht dem Wählerwille.

     

    Weshalb hat denn die Linke noch verloren. Und weshalb hat die SPD dazugewonnen. Und weshalb haben Jung- und Erstwähler vorwiegend Piraten und CDU gewählt?

    Also das mit der "linken" Mehrheit scheint mir eher ein Gedankenkonstrukt, aber nicht der Realität entsprechend.

  • JK
    Juergen K.

    Wer SPD wählt,

    wählt Merkel.

  • MB
    Michael Baumgärtner

    !!!!-Liveticker-!!!

     

    Die Basis der SPD im Saarland hat ihre Spitzen zum Teufel gejagt

    und führt seit ca. 1 Stunde Verhandlungen mit der

    Linken.

    Sie begründet das damit das 30 Jahre Neoliberaler

    Versuch genug sind - und mal was anderes gemacht werden muss.

     

    Ohh jetzt bin ich wieder aufgwacht.

    War aber ein schöner Traum-

  • P
    Paint.Black

    Unselig dieser Zirkus!

     

    Die SPD ist klar nicht mehr wählbar, da ihr der Wählerwille deutlich egal ist!

     

    Ich hoffe, dass erkennen die Wähler andernorts endlich auch!

     

    Diese ewige Ganz-Große-Koalition in lediglich bunter Prozente-Mische geht mir gehörig auf den ****

    Es reicht!

     

    Ich hoffe, die Nicht-Wähler und "anders-links" Wähler gehen nächstes Mal los und tun was dagegen.

  • V
    viccy

    @ Nassauer

     

    Danke für Deinen Beitrag - ich wollte gerade Ähnliches schreiben!

  • T
    tazitus

    F reiheit

    D ank

    P iraten

  • T
    tom

    Nja, wenn die SPD jetzt die Rolle der FPD als Mehrheitsbeschafferin der Union übernehmen will, bitte der Platz wird ja jetzt in alle Parlamenten frei werden.

    Der Maas hat das Wahlergebnis nicht angschaut, sonst würde er erkenne das es andere bessere Möglichkeiten gibt!

  • H
    heidi

    Ich verstehe wirklich nicht, warum Heiko Maas überall als tragischer Antiheld gehandelt wird. Er hat die Wahl nicht gewonnen. So what? Er hat aber die Möglichkeit als Minister an den Regierungsgeschäften mitzuwirken und die Politik mitzubestimmen, die im Saarland künftig betrieben wird. Ist ein (Landes-)Minsteramt denn ein Nichts? Wie wenig Wertschätzung kann man einem wichtigen politischen Amt noch entgegenbringen?

     

    Es ist überhaupt seltsam, dass ein zweiter Platz(auch im Sport) immer so hingestellt wird, als ob man ein Looser wäre!

  • W
    Wolf

    Das Wahlvolk hat im Saarland überwiegend "links" gewählt.

     

    Geht Maas eine Koalition mit der CDU ein, wird er zum Verräter der sozialen und von der Masse des Volkes

    gewollten "linken" Politik, die mit den Schwarzen nicht möglich ist !!!

     

    Maas ist und hat absolut fertig !

  • W
    Wolf

    Das war doch nicht wirklich eine Wahl, da vorab schon feststand, das CDU + SPD koalieren werden.

    Hätte ich im Saarland wählen können, hätte ich bestimmt keine der großen Parteien bevorzugt.

    Wahrscheinlch wäre ich der Wahl fern geblieben, damit nicht noch eine Partei für die Wählerstimme knapp 1,00 E aus der Steuerkasse bekommen hätte.

     

    Piratenkaoten, Pippimädchen und Milchbubis können von dem aufgeklärten Wähler eh nicht für voll genommen werden.

     

    Schön, das die FDP sich kontiunierlich aus der politischen Verantwortung verabschieden muss.

     

    Schade, das die Grünen mit Massel wieder in den Landtag eingezogen sind.

     

    CDU-Frontfrau + SPD-Frontmann denken eh nur an ihren eigenen Geldbeutel, damit sie wieder ein Ministerpräsidenten- bzw. Ministeramt bekommen und natürlich an ihre Pensionsansprüche.

     

    Tja, die Masse des Volkes ist auch im Saarland

    nicht wahlaufgeklärt.

  • N
    Nassauer

    "Für ihn wird nach drei Niederlagen ein Schwenk in die Bundespolitik anstehen" - Im KLartext: Alle Totalversager landen irgendwann in Berlin. Das erklärt vieles...

  • D
    Detlev

    Heiko Maas hat der CDU einen echten Sieg bescherrt und zwar in erster Linie über die SPD, also seine eigene Partei. Damit nicht genug, weil Maas und Lafontaine nicht miteinander können und weil die Piratenpartei sich nicht für Regierungen eignet, haben sie das Auslaufmodell große Koalition in Stellung gebracht.

     

    Und das ist dann schon bundespolitisch ein Desaster: Wenn es gänzlich egal ist, welche der beiden großen Parteien regiert, weil sie im Zweifel immer zusammen regieren werden, dann braucht man kaum noch zur Wahl zu gehen. Das ist die Metabotschaft des Abends und die dürfte sehr positiv für die Piraten sein, denn sie profitieren vom Muff der Alt-Parteien. Und die sorgen ja sogar eifrig dafür, dass ihr Image auf egal-was-wir-machens hinausläuft.

     

    Wenn in Deutschland wichtige Korrekturen bei Einwanderung, Rente, Arbeitsmarkt, Euro und Europa gemacht werden sollen, dann braucht der Wähler aber auch eine linke Reformlinie. Und wenn die SPD nicht Teil dieses Projekts ist, dann muss irgendwo beten, dass die CDU/CSU dochb noch aufwacht und den Schwachsinn hinterfragt, denn sie beharrlich überall betreibt. Alleine Aufstockungen, Niedriglöhne, das Mogelpaket für Kinder und Jugendliche und die Bestraffungslinie gegen Euro-Sünder kostet in der Zukunft tausend mal mehr, als momentan nachvollziehbar ist. Hätte Griechenland einen vernünftigen Rettungsplan erhalten, würden wir heute nicht über die Zeitbombe "Portugal" oder "Spanien" sprechen. Die hohen Kosten für den Investorenschutz in Sachen Schuldscheine der Süd-EU-Länder kosten viel mehr als ein Anschubprogramm für Wachstum und bringen auf Dauer gar nichts, denn sie werden nur dort wirksam, wo der Investor sitzt, also tendenziell in den reichen EU-Ländern.

     

    Und solche schlimmen Sachen gehören gestoppt, aber das geht eben nur mit einer links-sozialen Reformmehrheit, die es ja sogar gibt. Im Saarland verfügen Grüne, Linke, SPD und Piraten über eine Mehrheit. Die Positionen sind auch fast alle verbindbar, aber dazu wird es eben nicht kommen. Ich kann nur sagen: Hoffentlich wacht die SPD auf und kommt aus ihrer Wagenburg heraus. Mit der CDU kann diese Partei doch nur in den Keller rutschen und wer sich Berlin ansieht, der erkennt sofort Giftschimmel bei dieser Konstellation.

  • CM
    cordula meier

    Na klar..da nimmt man halt die die das Original vertreten..sind genau so unglaubwürdig aber was solls...Politmafia ist halt Politafia!

  • D
    dagobert

    Wer wie die SPD so einen Wahlkampf führt, der ausschließlich der CDU dient, braucht sich nicht zu wundern, wenn die eigenen Leute da nicht mehr mitmachen.

     

    Wer mit der Macht buhlt und die eigenen Wurzeln verneint, die GRÜNEN, muss sich nicht wunder, wenn er von der politischen Bühne bald verschwindet.

     

    Fazit: Deutschland scheint nur noch bürgerfern regierbar. Was noch funktioniert sind eingefahrene Parteistrukturen. Visionäres und Kreatives vor allen Dingen Bürgernahes ist fern. Quo vadis Deutsche Demokratie?

  • JK
    Juergen K.

    Die Mitte hat sich gewählt.

     

    Nachdem sie den Gürtel enger schnallte,

    kann sie jetzt sparen.

     

    Wie dämlich so ein Volk ist !!??

     

    Da sollte der Steuerzahler

    (also die 10% die 183% alller Steuern zahlen)

     

    aufatmen können.

     

    Belohnte "dieser" nicht unlängst Merkel mit

    "sie sollte Millionen ..."

     

    Lieber Wähler, Liebe Mitte

    gehen sie doch mal dafür auf die Strasse.

     

     

    "Me Me Merkeling"

    "Gib noch etwas Geld dahing"

     

    "Me Me Merkeling"

    "Mach noch mal Dein Kreuz dahing"

  • J
    Jonas

    Gut so! Hoffentlich ein Vorgeschmack auf NRW.

  • H
    hanfbauer

    Willy Brandt wird wieder mal im Grab rotieren. Statt "mehr Demokratie wagen" entscheiden sich seine selbsternannten Enkel lieber für Fahrer mit Dienstwagen. Ach SPD, geh heim und leg dich sterben!

  • E
    Eva

    Na liebe TAZ - wo ist denn folgender Artikel.

     

    http://www.taz.de/Kommentar-Toulouse-Attentatserie/!90244/

     

    Zensiert ihr euch jetzt schon selbst - wenn eine gewisse Einstellung allzu offen zu Tage tritt?

  • Z
    Zeus35

    Wie feige und erbärmlich.

     

    Und wieder steigt die SPD mit der CDU ins Bett, und outet sich einmal mehr als jämmerliche Kapitalistenhure, Hauptsache es springen ein paar feine Pöstchen dabei raus.

    Was taugt eine Partei denn noch der nichts anderes mehr einfällt als sich dem politischen Feind anzubiedern. Schaut auf die FDP und merkt euch deren Weg, denn den werdet ihr auch bald gehen.

  • G
    genosse

    Lächerlich, wenn einer wie Maas von sozialer Gerechtigkeit und "linker" Politik schwätzt. Kein Mindestlohn, Abbau von Sozialleistungen, Privatisierung um jeden Preis, Deregulierung usw usw, alles sozialdemokratische Errungenschaften seit 98. Seit Gasgerd dominieren in der SPD neoliberale Karrieristen durch entsprechende Listenaufstellungen. Erbärmlich und unglaubwürdig.

  • RZ
    Ralf Zimmermann

    Er wollte es ja so....große Koalition mit der CDU,sonst nix...:)Bitte,nun hat er den Salat,und die Sosse dafür darf er nicht mal selbst anrühren...:)Hochmut kommt vor dem Fall...:)

    Piraten hart backbord,fertig machen zum entern...:)