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Vom Kopf auf die FüßeCastro fordert Erneuerung

Raúl Castro, derzeitiger Führer der ewigen kubanischen Revolution, besucht den Vatikan und liest dem Papst die Leviten. Verzeihung, das Manifest.

Raúl Castro fühlt sich in der landestypischen Tracht des Vatikans recht wohl. Bild: dapd

VATIKANSTADT taz/dpa | Zum Abschluss seines Besuchs im Vatikan hat Kubas Präsident Raúl Castro die absolute Monarchie Kirchenstaat eindringlich zu einer Erneuerung der Gesellschaft und zu einer Öffnung ermahnt.

Bei seiner mit Spannung erwarteten Rede auf dem Petersplatz vor Tausenden von Ungläubigen sagte Castro unter tosendem Beifall, die „katholische Ideologie in ihrer ursprünglichen Form“ entspreche nicht mehr der Wirklichkeit. Kuba wolle dabei mithelfen, mit der notwendigen Geduld an neuen gesellschaftlichen Modellen für die Zukunft der Kirche und des Heiligen Stuhls zu arbeiten.

Zuvor hatte sich der kubanische Präsident mit Papst Benedikt XVI. getroffen. Dabei sei es um den Zwangszölibat, die Rechte von Frauen und Homosexuellen sowie den sexuellen Missbrauch an Kindern und Jugendlichen in katholischen Einrichtungen gegangen.

Castro habe überdies die staatliche Anerkennung des 1. Mai als Feiertag im Vatikanstaat gefordert. Kubas früherer Staatschef Fidel Castro hatte sich nicht auf die beschwerliche Reise in Europas reinste Diktatur begeben. 1996 war er dort von Benedikts Vorgänger Johannes Paul II. zu einer Privataudienz empfangen worden.

Diplomaten beider Seiten hatten fast ein Jahrzehnt auf dieses als historisch gewertete Ereignis hingearbeitet. Aus Havanna hieß es, Fidel werde für den Papst einige Sätze aus dem „Kommunistischen Manifest“ in der Originalsprache lesen.

In Häretikerkreisen äußerte man sich derweil enttäuscht über Castros Ansprache. Sie sei insgesamt viel zu vorsichtig gewesen. Damit verrate das sozialistische Kuba seinen eigenen Auftrag, den Einsatz für die Rechtlosen und Unterdrückten. Rañl Castro war am Dienstag aus Rom zu Fuß in die Vatikanstadt eingereist. Ein hoher Vertreter des Heiligen Stuhls wies unterdessen Reformhoffnungen zurück. „Wir aktualisieren das Modell, wir reden aber nicht über politische Reformen.“

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13 Kommentare

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  • D
    Diego

    Liebe taz, wenn ich auch sonst Eure Kuba- Berichterstattung selten mag: diese Ente ist super!

  • B
    beglückt

    pulitzerpreiswürdig, dieser Artikel!

  • G
    GerdH

    Geil! Einfach nur geil! Denn genau so ist es in Cuba abgelaufen. Eine Unverschämtheit, würden die Leute schreien, wenn es umgekehrt gewesen wäre. Die maßlose Tatsachenverdrehung in unseren Medien zum Zusatnd von Cuba ist eine Unverschämtheit, die nur mit dem Druck der USA zustandegekommen sein kann. Cuba hat eines der besten Gesundheitssyteme der Welt, hervorragenden Umweltschutz und ein funktionierendes Sozialsytem und eine Bevölkerung die fast geschlossen hinter den Castros und der Revolution steht. Auch sind sie stolz Jahrzehnte lang dem Druck der Amis und der Sanktionen standgehalten zu haben. Hungern muß in Cuba auch keiner. Den Zustand des Landes bezüglich des Aussehens der Häuser und der Auto zu kritisieren ist perfideste Propaganda. Wenn es in Cuba an etwas mangelt, dann nicht aufgrund von falscher Wirtschaftpolitik, sondern wegen 50 Jahren Sanktionen und Abschottung durch die USA und den Rest der manipulierten Welt.

    Wenn z.B. Medizinstudenten in den USA etwas lernen wollen, kommen sie mittlerweile nämlich an Kliniken und Universitätäten in Havanna. Das sollte mal jemand sagen.

  • P
    Peter

    Großartiger Artikel! Schön das die Realsatire des Papstbesuchs auf Kuba nicht unbemerkt blieb.

  • I
    I.Q

    Dass der Papst zu einem Ende des Kubaembargos

    aufrief, sollte für jene, die weiterhin gegen diesen Staat hetzen und das Grußtelegramm der Linken an Castro zu seinem Geburtstag zur Aufführung von Empörungsorgien nutzten, ein Schlag aufs Propagandamaul sein.

     

    Wer zurecht davon ausgeht, dass Jesus nicht nur als Palästinenser, sondern auch als einer der frühen Kommunisten zu betrachten ist, wird nicht verwundern, dass die Päpste offenbar gut mit Castro können.

  • VD
    valeria damiroxa

    Waehrend die Deutschen weiter schlafen und die Welt mit Karl-May-Brille sehen, haben BBC und Washington Post schon ueber den Tsunami berichtet, welcher die Katholische Kirche aus Lateinamerika fegen wird: Pentecostals. Washington Post schaetzt sie heute als die groesste Zahl der Christen in Kuba, und BBC berichtet: "Jeden Tag entsteht eine neue Pentecostal Kirche im Inneren Kubas". 2011 reisten 34,000 Brasilianer als Pentecostal Missionaere in die Welt. Am 2. Jan. 2012 wurde eine Pentecostal Mega-Kirche in Sao Paulo eroeffnet mit Sitz fuer 150,000, aber 500,000 kamen und hunderte Omnibusse parkten auf zwei Bahen entlang 8 Kilometer der Innenstadt-Autobahn. Warum: Sieh youtube Videos PAGODE PENTECOSTAL FOGO (Brasilien), MEXIO BAJO GLORIA DIOS (Mexiko), IGLESIA PENTECOSTAL CUBA (Kuba).

  • M
    Milka

    Schöne Ente, liebe Taz...

  • A
    Albahar

    Geilo! :-D

  • FA
    fidel aus deutschland

    Mein Gott, diese Zeitung wird immer bescheuerter.

    Sie zeigt, die westliche Welt ist in Miesepetrigkeit gefangen und Sklave ihrer eigenen Dekadenz und Verrohung. Schaut euch diese herzlich- erfreuten Menschen in Kuba an und dann die taz- Redaktion als Abschreckungsmodell.

    Gott schützte diese Staaten vor noch mehr westlicher Dekadenz der 68'er.

    Fidel Castro sprach eine halbe Stunde angeregt mit dem Papst und informierte sich über Glaubensfragen. Er fragte nach bestimmten Büchern, wobei der Papst überlegen will, welche er ihn schicken will.

    Im übrigen war Fidel auch schon im Vatikan bei Papst Joh. Paul II. Wenn die Besuche kein Prestigegewinn und Bereicherung für ihn darstellten, hätte er sie kaum wahrgenommen.

  • FA
    Frank Adam

    Zwar bin ich katholisch und kein Castro-Fan, im Gegenteil. Und ich vermisse, dass in der taz linke Diktaturen nicht ebenso wie rechte als das bezeichnet werden, was sie sind, nämlich als brutale, menschenverachtende Diktaturen.

    Dennoch fand ich Ihre Satire witzig und geistvoll.

  • P
    Peter

    Zugegeben, ganz witzig.

    Aber das soll uns doch nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Kubaner in Unfreiheit leben und KEINESWEGS in einem sozialistischen Land, nicht wahr?

  • D
    D.J.

    Ich möchte bei einer Satire nicht zu kleinlich wirken, aber...

     

    ...Kuba als Land, das Schwulenrechte verteidigt - schwer vorstellbar.

    Der 1. Mai i s t im Vatikan Feiertag - nicht nur wegen des kirchlichen Festes "Joseph der Arbeiter" am 1. Mai, sondern weil er es in Italien als "Tag der Arbeit" auch ist, und der Vatikan hat eben per definitionem dieselben Feiertage.

  • R
    reblek

    "Kubas früherer Staatschef Fidel Castro hatte sich nicht auf die beschwerliche Reise in Europas reinste Diktatur begeben. 1996 war er dort von Benedikts Vorgänger Johannes Paul II. zu einer Privataudienz empfangen worden." - Das ist ja "vom Kopf auf die Füße" noch lustig, aber seit wann heißt der Mann "Rañl" Castro?