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Video der WocheMöchtest du Tänzerin werden?

Verlockende Angebote von Menschenhändlern versprechen Frauen eine Karriere als Tänzerin in Westeuropa. Auf dieses Problem will ein Flahmob aufmerksam machen.

Fleischbeschau mit Botschaft. Bild: Screenshot: Youtube

BERLIN taz | Sie schütteln sich und werfen sich in zackige Posen zum hämmernden Dubstep. Das passt nicht zu den lasziven Verrenkungen, die Prostituierte in den Fenstern des berühmten Rotlichtbezirk Walletjes sonst hinlegen. Ein scharfer Kontrast und eine Anspielung darauf, dass es Frauen gibt, denen in Westeuropa ein Tänzerinnen-Job angeboten wird, der sich nach der Einreise als Rotlicht-Zwangsarbeit entpuppt, der man kaum entkommen kann.

Die Frauen im Video sind Tänzerinnen, das Haus wurde extra präpariert: „Oh, wird hier ein neues Bordell aufgemacht?“, fragten die Besucher auf der Straße. Und die Zuhälter warnten die Agentur Duval Guillaume Modem bei den Dreharbeiten, bloß die echten Huren aus den Nachbarhäusern nicht anzusprechen. Die im Übrigen natürlich alle freiwillig da seien.

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Der Kontrast ist maximal – und interessant. Wird doch auf typische Opfer, Zwangsprostituierte, aufmerksam gemacht. Doch im Gegensatz zum herkömmlichen „Opferfeminismus“ trägt das Medium hier eine ganz andere Message: Eine Demonstration von Stärke, Muskeln, Wildheit.

Zwei Arten weiblicher Sexualität stehen sich gegenüber: Mit schnuckelig-unterwürfigen Gebärden wird die weibliche Willfährigkeit dem Mann gegenüber präsentiert, die Schwäche weiblicher Sexualität. Kaum beginnt die Musik, sehen wir das Gegenteil: Phallische Frauen. Weibliche Sexgöttinnen. Man sieht, was öffentliche weibliche Sexualität alles noch sein könnte, wäre da nicht das überragende Paradigma der weiblichen Prostitution als Dienstbarkeit gegenüber dem Mann – und ihr abscheuliches Extrem: der Zwang.

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4 Kommentare

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  • M
    miri

    "Phallische Frauen"?! Was bitte ist das??? Sind starke Frauen gemeint? Und alles Starke ist mal wieder phallisch, oder wie? Eine weibliche Metapher für Stärke gibts ja nicht. Schwachheit, dein Name ist Weib; Stärke, dein Name ist Phallus. Aha.

     

    Auch so geht also Sexismus.

  • M
    Markus

    Merkwürdig, aber schön ausgedrückt: "...was öffentliche weibliche Sexualität alles noch sein könnte..."

     

    Man könnte die Performance so verstehen, als Ausdruck selbstbewusster Sexarbeit – im Interesse einer Entstigmatisierung der Sexarbeiterinnen und Kunden und als Engagement für Freiheit und Rechte im Paysex.

     

    Tatsächlich transportiert der Clip eine prostitutionsfeindliche Botschaft. Die Aktion gehört zu dem End-Demand-Programm aus den USA für die Abschaffung der Prostitution. Dahinter steht das Baptisten-Missionsprogramm mit Steve Chalke. (http://en.wikipedia.org/wiki/Steve_Chalke#Stop_The_Traffik)

     

    Verschiedene Sexworker-Organisationen distanzieren sich von der Aktion, z. B. sexworker.at:

    http://s1.directupload.net/images/120414/6ep8bjjc.jpg

  • M
    marc

    Jetzt bitte noch Ausdruckstanz für den Weltfrieden und schamanisches Heiltrommeln gegen die atomare Bedrohung, dazu eine empathische Berichterstattung durch einen Klangschalenmasseurin - und alles wird gut!

    Kunstprojekte dieser Art dienen nur der Selbstdarstellung und änder nichts, wirklich gar nichts an der Situation der Frauen in Ausbeutung. Aber getreu nach dem Motto "Was will der Künstler/die Künstlerin damit bloß sagen" wurde wieder einmal Kunst in Ghetto inszeniert.

  • TF
    Thomas Fluhr

    Schöne Bilder! Nach einem Infofilm gegen das Rauchen müssen alle Raucher schnell mal eine rauchen. Sex sells.