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EU-Ratingagentur ohne InvestorenKein Geld fürs Raten

Um die Dominanz der drei großen Ratingagenturen zu brechen, soll es eine europäische Agentur geben. Bisher wollen sich die Banken nicht an den Kosten beteiligen.

Europäische Banken zeigen Interesse an der Gründung eines EU-Konkurrenten für Standard & Poor’s und Co, sind aber nicht in Spendierlaune. Bild: dpa

BERLIN taz/dpa | Die geplante Europäische Ratingagentur (ERA) hat Schwierigkeiten, Geldgeber zu finden. Als Startkapital werden 300 Millionen Euro gebraucht. Doch bisher sind französische und deutsche Banken nicht bereit, sich an den Kosten zu beteiligen, wie die Financial Times Deutschland am Montag berichtete.

Das derzeitige Konzept einer europäischen Ratingagentur wurde von der Beraterfirma Roland Berger initiiert. Eine Sprecherin bestätigte am Montag indirekt, dass der Zeitungsbericht korrekt ist. Bisher würden noch „keine konkreten Zusagen für angemessene finanzielle Beiträge“ vorliegen. Allerdings versucht die Beratungsfirma, Optimismus zu verbreiten: „Europas Banken interessieren sich für den Plan.“

Die Gespräche würden daher weiterlaufen. „Wir melden uns, wenn es Neues zu berichten gibt.“ Über eine europäische Ratingagentur wird seit der Finanzkrise 2008 diskutiert. Denn bisher wird der Markt von den drei großen Agenturen Standard & Poor’s, Moody’s und Fitch aus den Vereinigten Staaten dominiert, die auf einen Marktanteil von etwa 95 Prozent kommen.

Versagen in der Finanzkrise

In der Finanzkrise haben diese drei Agenturen gründlich versagt: Sie versahen Zehntausende von verbrieften US-Hypothekarkrediten mit der Bestnote „AAA“, die sich hinterher als Ramschpapiere herausstellten. Neuer Ärger über die drei großen Ratingagenturen kam dann in den vergangen zwei Jahren auf, als sie immer wieder Euroländer herabstuften.

Viele Politiker sind überzeugt, dass dies die Eurokrise verschäft hat. Die europäische Ratingagentur soll jedoch nicht nur für mehr Wettbewerb sorgen, sie soll auch den Finanzierungsmodus der Ratings ändern. Bisher zahlen die Emittenten von Wertpapieren, was dafür gesorgt haben mag, dass die drei großen Ratingagenturen Ramschpapiere mit Bestnoten versehen haben. Deswegen sollen bei der europäischen Ratingagentur die Investoren für die Bewertung aufkommen.

Die Bundesregierung machte am Montag deutlich, dass sie eine europäische Ratingagentur begrüßt – aber nur als Privatinitiative. „Das ist eine Frage der Marktteilnehmer und nicht des Staates.“ Auch die EU-Kommission lehnt eine staatliche Lösung ab: „Dies würde hunderte Millionen Euro kosten, die nicht bereitstehen“. (UH)

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3 Kommentare

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  • SV
    Sandro Valecchi

    Was für ein Reinfall, was für eine Blamage! Da wollte die renommierte Unternehmensberatung Roland Berger Strategy Consulting „ganz oben mitmischen“, startete mit einem gewaltigen Rede-und Strategieschwall als „Tiger“ und landete als „Bettvorleger.“

     

    Es gibt in Deutschland neben Euler Hermes bereits die Agentur Feri EuroRating Services AG mit Sitz in Bad Homburg. Feri EuroRating Services AG erstellt seit über als 20 Jahren Länderratings, verfügt aber keine Zulassung in den USA. In den Vereinigten Staaten sind derzeit 10 Institute als sogenannte „national anerkannte statistische Rating-Organisationen“ (Nationally Recognized Statistical Rating Organization: kurz NRSRO) zum Stand April 2011 zugelassen. Darunter befinden sich die bekannten 3 großen NRSROs wie Fitch, Inc., Fitch Ratings Ltd., Moody's Investors Service, Inc., Moody’s Analytics, Inc. und Standard & Poor's.

    Seit Monaten wurde diskutiert. Es wurde auch brauchbare Vorschläge gemacht: Egan-Jones Ratings Company hätte beispielsweise im Rahmen eines Joint-Venture Projekts das Fundament für eine erste, große und schlagkräftige EU Rating-Agentur bilden können. Egan-Jones Ratings Company (kurz: EJR), vertreten durch die beiden Geschäftsführen Sean Egan und Bruce Jones, stammt aus Haverford Township (Pennsylvania). Die 1995 gegründete Firma ist bekannt für die Bewertung von Anleihen US-amerikanischer Unternehmen. Dieses Institut darf sich als "credit rating agency" (CRA) bezeichnen, weil es über eine amtlich bestellte Zulassung durch die U.S. Securities and Exchange Commission (SEC) verfügt. International bekannt wurde EJR mit der Herabstufung (Downgrading) der USA von der Bestnote AAA auf AA+, noch bevor S&P dies wagte. Bislang hatte es noch keine westliche Ratingagentur gewagt, die Vereinigten Staaten herabzustufen. EJR hatte bereits vor dem 02.08.2011, dem "Deal" in Washington, den nach Angaben der beiden politischen Lager „in dieser Form so keiner wollte“ und faktisch lediglich zu einer Vertagung der US-Schulden- und Haushaltsproblematik führte, die Bonität der USA auf AA+ herabgestuft, mit der Begründung, dass objektiv kein Fortschritt im Rahmen der andauernden Schuldendiskussion in Washington feststellbar ist. Egan-Jones verteidigte standhaft seine Maxime "Accurate Ratings with Predictive Value" und damit zugleich die schwierige, umstrittene Entscheidung zur Herabstufung der USA im Kreuzfeuer der Kritik.

     

    Leider kam dieser Vorschlag nicht aus dem Hause Roland Berger. Roland Berger ist bis auf die Knochen blamiert.

    Sandro Valecchi, Analyst, Berlin

  • L
    Leser

    „Das ist eine Frage der Marktteilnehmer und nicht des Staates.“

    Hat der Markt nicht versagt? War es nicht der Staat, der sich aufgrund der Finanzkrise (mehr) verschulden musste, weil sich Marktakteure „verzockt“ haben, um als letzte Instanz ein größeres Übel zu vermeiden?!

     

     

    „Dies würde hunderte Millionen Euro kosten, die nicht bereitstehen“ - Für die Bankenrettung war das Geld bereitstellbar. Für die Rettung von Staaten, die durch Herabstufung tiefer in Krise geraten sind, war das Geld bereitstellbar. Doch für für eine präventive Lösung, die uns zukunftig Milliarden ersparen könnte, fehlen lächerliche 300 Millionen.

  • X
    XXX

    Warum treffen sich EU-Politik und Wirtschaft nicht in der Mitte und zahlen jeder 50%?

     

    Das wäre mir erheblich sympathischer als wenn die entstehende Agentur mit einer der beiden Seiten allein unter einer Decke stecken würde.