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Neues EinwanderungsgesetzBlaue Karte für Fachkräfte

Mit einer „Blue Card“ hat der Bundestag die Hürden für ausländische Fachleute gesenkt. Die Voraussetzung besteht aus mindestens 45.000 Euro Jahreseinkommen.

Deutschland braucht Ärzte: Mit der Blue Card sollen sie kommen. Bild: dpa

BERLIN taz | Den Leistungswilligen und Leistungsfähigen dieser Welt will Deutschland die Einreise künftig erleichtern. Am Freitag verabschiedete der Bundestag das Gesetz zur Einführung einer „Blue Card“.

Dieses vereinfacht die Jobsuche und Arbeitsaufnahme für Akademiker und Facharbeiter aus Nicht-EU-Ländern sowie in Deutschland studierende Ausländer. „Wir sagen, du kannst kommen, wenn du einen konkreten Arbeitsplatz in Aussicht hast“, lobte Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) das Gesetz.

Damit setzt Deutschland die Hochqualifizierten-Richtlinie der EU um. Die Blue Card gilt in ganz Europa. Damit das Gesetz in Kraft treten kann, muss noch am 11. Mai der Bundesrat zustimmen.

Bereits im Jahr 2000 hatte die damalige rot-grüne Bundesregierung ein „Sofortprogramm zur Deckung des IT-Fachkräftebedarfs“ aufgelegt. Das als „Green Card“ bekannt gewordene Projekt sollte 20.000 Computerspezialisten nach Deutschland locken. Voraussetzung war ein einschlägiger Hochschulabschluss oder ein Jahresverdienst von mindestens 50.000 Euro. Das Programm war bis 2004 befristet, rund 18.000 Arbeitskräften wurde eine Aufenthaltserlaubnis erteilt.

Mit der Blue Card erhalten EU-Ausländer, die ein Hochschulstudium absolviert oder mindestens fünf Jahre Berufserfahrung haben und hier einen Job mit einem Jahresgehalt von mindestens 45.000 Euro brutto angeboten bekommen, eine auf drei Jahre befristete Aufenthaltserlaubnis. Danach winkt die unbefristete Niederlassungserlaubnis und die Familie darf nachziehen. Bei guten Deutschkenntnissen kann die Erlaubnis auch schon nach zwei Jahren erteilt werden. Für Mangelberufe gilt eine Mindestverdienstgrenze von lediglich 35.000 Euro. Das betrifft Ärzte, Ingenieure und IT-Spezialisten.

Die Jobaussichten sind gut

Ausländische Studierende sollen nach dem Studium ein halbes Jahr mehr Zeit haben, einen Job zu finden, nämlich eineinhalb Jahre. Und statt 90 Tagen dürfen sie künftig 120 Tage neben dem Studium arbeiten. Der albanischstämmige Informatikstudent Hyko Erzen ist froh über die Erleicherungen. Die Jobaussichten seien gut, Probleme hatte es nur mit der Ausländerbehörde gegeben. „Die Beamten dort sind ziemlich pingelig.“

Als Vertreter der ausländischen Studierenden im Asta der Uni Düsseldorf begrüßt Erzen auch die erweiterten Möglichkeiten, neben dem Studium zu arbeiten: „Nebenjobs und Praktika sind wichtig für den Berufseinstieg. Aber am Ende ihres Studiums haben ausländische Studierende oft keinerlei Kontakte in die Industrie“, berichtet Erzen.

Eine Studie des Sachverständigenrats für Migration und Integration hatte jüngst gezeigt, dass 80 Prozent der ausländischen Studierenden gerne blieben, nur ein Viertel den Wunsch aber tatsächlich realisieren kann.

Kritik an dem Gesetz kam von SPD, Grünen und der Linkspartei. „Die Erwartungen, die die Koalition weckt, sind überzogen“, meinte die SPD-Abgeordnete Daniela Kolbe. Deutschland brauche eine echte Willkommenskultur, die Andersartigkeit als gleichwertig begreife. Grüne und SPD enthielten sich bei der Abstimmung im Bundestag, die Linke stimmte dagegen.

„Weniger kalte Schulter“

Einen „Mentalitätswandel“ in der Einwanderungspolitik hat Heinrich Alt, Mitglied im Vorstand der Bundesagentur für Arbeit, gefordert. „Wir müssen mehr Herz als die kalte Schulter zeigen“, sagte er, als er im Namen des Integrationsbeirats der Bundesregierung am Freitag in Berlin einen Katalog an Forderungen für eine „Willkommenskultur“ vorstellte.

Der Beirat schlägt praktische Hilfen für Einwanderer, aber auch rechtliche Erleichterungen wie ein unbefristetes Aufenthaltsrecht für Absolventen deutscher Hochschulen oder ein kommunales Wahlrecht vor. Auch Maria Böhmer (CDU), die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, forderte ein Umdenken: Der „Service-Gedanke“ müsse gegenüber Migranten „stärker Raum greifen“.

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14 Kommentare

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  • G
    Gast

    Das stimmt nicht. Ich habe die Ausländerbehörde in Braunschweig gefragt und die Antwort war ich muss nach mein Heimatland gehen und dort mich beantragen??

  • A
    aurorua

    Wieso werden nicht den zehntausenden von Fachkräften die ALG I und ALG II erhalten, in Absprache mit den Betrieben die Fachkräfte benötigen, massgeschneiderte Nachschulungen geboten und dann wieder in qualifizierte Arbeit gebracht?

    Weil die Wirtschaftsbonzen jetzt auch im Fachkräftebereich die Arbeitslosenzahlen künstlich hoch halten wollen (optimale Streikbremse) und ausserdem auch in diesem Sektor Lohndumping durchsetzen wollen. Die korupten Politdödel machen natürlich wieder alles mit!

  • S
    Sven

    Macht die Grenze endlich auf! Wir BRAUCHEN Einwanderer! So eine lausige Idee wieder.. wird eh wierder nichts.

  • OP
    Otto Pardey

    Pisa-Deutschland braucht die Blue Card und die Schleuserbanden

    Zwecks Prostitution bzw.Drogenhandel der org.Kriminalitaet bekommen die Red Card.

    Ich stelle fest,das die Deutsche Bundesregierung sehr selten

    von einem Geistesblitz getroffen wurde!

  • FE
    Frau Edith Müller

    "Für Mangelberufe gilt eine Mindestverdienstgrenze von lediglich 35.000 Euro. Das betrifft Ärzte, Ingenieure und IT-Spezialisten"

     

    Warum gibt es für`s Studium der Humanmedizin einen 1,0 er NC? Weil man jetzt an die Einkommen der Akademiker will. Lohndumpíng wo man hinsieht. Pfui Teufel, was für ein K*ckstaat.

  • W
    www

    ich versteh die Logik hinter der Lohnsenkung nicht. Es geht doch darum Arbeitnehmer hierher zu locken. Seit wann macht man das mit sinkenden Löhnen? Wir konkurrieren doch mit Ländern wie Kanada und GB um die Arbeitskräfte im vermeintlichen Fachkräftemangel. Wenn diese Länder aber nunmal höhere Löhne zahlen, dann bin ich ein seltsamer Konkurrent der mit sinkenden Löhnen Leute locken will.

     

    Daran sieht man mal wie einseitig in der BRD immer gedacht wird- immer nur aus Sicht der Arbeitgeber, das andere wird immer geflissentlich übersehen.

     

    und von den Auslandsstudenten in DE studieren übrigens nur 14% bis zum Ende durch lt. FTD

  • B
    Boiteltoifel

    Warum werden die in Deutschland lebenden Arbeitnehmer (egal welcher Nationalität) nicht zu Fachkräften weitergebildet? Weil es den Arbeitgebern zu teuer ist. Da werden lieber fertig ausgebildete Fachkräfte aus dem Ausland importiert, die dann für einen Hungerlohn, für den kein Einheimischer (egal welcher Nationalität) den Job machen würde, schuften (die von Arbeitgebern geforderte "deutsche Arbeitsmoral" ist legendär).

     

    Warum verlassen so viele ausländische Studenten Deutschland? Weil niemand sie zum bislang gesetzlich vorgeschriebenen Mindesteinkommen einstellen will, den Studenten die deutsche Sprache nicht hinreichend beigebracht wird und in Deutschland kaum ein Chef der englischen Sprache mächtig ist.

     

    Weshalb wird die Blue Card (hauptsache der Name klingt hübsch...) ebenso schleppend wie die Green Card angenommen werden? Weil es andere europäische Länder gibt, die bessere Arbeitsbedingungen für Arbeitnehmer bieten. Länder, in denen ein Großteil der Bevölkerung der englischen Sprache (zur universellen Verständigung) mächtig ist und in denen nicht pausenlos auf Menschen rumgehackt wird, die nicht der Leitkultur (was auch immer das ist) folgen. Länder, in denen nicht gegen das 'Anderssein' gehetzt wird.

  • H
    Harald

    Lohndumping!

     

    35.000 Euro/Jahr das sind 11 Euro Netto pro Stunde! Und dafür sollen hochqualifizierte kommen? Es geht wohl eher darum die Löhne zu drücken.

     

    Ein schönes Geschenk für die Arbeitgeber und die SPD klatscht auch noch Beifall. Gibt es eigentlich noch irgendeine Partei die zufällig mal die Interessen von qualifizierten Arbeitnehmern vertritt?

  • IN
    Ihr NameJockel

    Fachkräftemangel? Aha. Dann würde ich ja als erstes mal sämtliche Studiengebühren abschaffen.

  • M
    merlin

    Der Servicegedanke soll gegenüber ausl.Fachkräften stärker an Relevanz gewinnen! ?

    In Deutschland?

    In Deutschland ist egal wem gegenüber, der Servicegedanke ein fremdes Gut.

    Das gegenüber dann Explizit den ausl.Fachkräften etablieren zu können, na ja...

     

    Die Leute kommen dann übrigens nach Deutschland,

    erhalten die deutschen Dumpinglöhne und kehren dem Land umgehend bei dessen Lebenshaltungskosten den Rücken! (die Löhne für Ingeniere wurden soeben mit auf 35000,-€/Jahr durch Regierungsbeschluss abgesenkt).

    Fachkräfte erhält man doch nur,

    wenn man denen was bietet oder wie ist hier der Regierungs-Denkansatz?

  • JK
    Juergen K.

    Wenn Ingenieure demnächst 35 000 kosten,

     

    kann sich jeder

     

    Schlosser, Elektriker und Klemptner,

    Bäcker oder Verkauferin ausrechnen,

     

    was er/sie NICHT MEHR wert sein wird.

  • P
    pamfi

    "Mit der Blue Card erhalten EU-Ausländer, die ein Hochschulstudium absolviert oder mindestens fünf Jahre Berufserfahrung haben und hier..."

    Sie meinen Nicht-EU-Ausländer!

  • B
    brikan

    mal sehen ,welche Firma die ersten Arbeitsplätze versteigert.Die Fachkräfte in der ARGE können sich ja auswandern und dann wiederkommen.Dann gleich das Alter neu eintragen lassen.

  • W
    Wirtschaftsdepp

    Muttis Marktwirtschaft : Grosse Nachfrage, 10.000 Euro weniger Gehalt. (35.000 statt 45.000) Da kann man nur hoffen, dass der Fachkräftmangel nicht grösser wird, sonst gibts eine Grenze von 25.000 15.000 5.000 p.a. brutto !

     

    Das deutsche IT Wesen,

    wird am 35.000 Euro Inder Genesen !

     

    jaja, wers glaubt......