: Angst vor Forpel
ORTSTERMIN Sat.1 stellt seine Guttenberg-Satire „Der Minister“ vor – mit Kanzlerin Angela Murkel
Ja, Bild war auch da. Gut, das ist keine Überraschung, wenn in Berlin eine Premierenfeier ansteht, auf der Frauen mit großen Ohrringen und passend zur Farbe der Schuhe lackierten Fingernägeln rumlaufen und ständig kichern müssen, wenn sie M&Ms aus den Pozellanschalen fingern. Die Damen wissen: Erlaubt ist das nicht, aber heute Abend, da lassen wir den Guttenberg mal Donnersberg sein, die Merkel mal Murkel. Das hungern wir morgen wieder runter.
Dazwischen schleicht ein kleiner Mann von Bild umher: Ernst Elitz, Meinungskastenonkel der Boulevardzeitung. Die Bild zeigt Präsenz. Dabei kommt das in „Der Minister“ als „Blitzkurier“ bezeichnete Blatt im Film am schlechtesten weg, na gut, am zweitschlechtesten – nach Karl-Theodor zu Guttenberg.
Atmen nicht vergessen
Der wird in dem Werk von Uwe Janson (Regie) und Dorothee Schön (Buch) als so blöd dargestellt, dass es nicht gewundert hätte, wenn dieser Franz Ferdinand von und zu Donnersberg (Kai Schumann) aus Versehen das Atmen vergessen hätte. Hat er aber nicht. Stattdessen wird aus der Sicht seines Ghostwriters Max Drexel (Johann von Bülow) der Aufstieg und Fall dieses Blenders aus der Provinz erzählt. Diese Perspektive ist der einzige dramaturgische Kniff. Ansonsten wird schlicht überspitzt nacherzählt. Es werden Guttenbergs reale Steilvorlagen verwertet, neue Spielzüge versuchen die Macher gar nicht erst aufzuführen.
„Dieser Film hat für viel Furore gesorgt“, rühmte sich Sat.1-Geschäftsführer Nicolas Paalzow vor der Aufführung im Delphi Filmpalast. Dabei hatte der Film nur für Angst gesorgt, als herauskam, es entstehe eine Satire über Guttenberg mit Namen wie von und zu Donnersberg, einer Kanzlerin Murkel und dem Autohersteller Forpel. Gutti – in diesem Fall Donni – entschließt sich, Politiker zu werden, obwohl er keine eigene Meinung oder Agenda hat, aber sein Vater will es so.
Donnersdings Aufstieg
Donnersberg zieht in den Bundestag ein und wird Wirtschaftsminister (weil ihm Ghostwriter Max die Worte in den Mund legt), Donnersdings will den Autobauer Forpel insolvent gehen lassen (weil Max ihm das gesagt hat), Donnerstag lässt sich am Times Square fotografieren, Donnermolke wird Verteidigungsminister und setzt die Wehrpflicht aus (weil Max ihm das geraten hat), Donnerundblitz fliegt mit Frauchen (Alexandra Neldel) nach Afghanistan (weil ihm das „Blitz“-Chefredakteur Breitmann eingeredet hat), Donnerlittchen will Kanzler werden (wieder eine Idee vom „Blitz“-Boss) und stolpert am Ende über eine Dissertation, die er nicht geschrieben hat (sondern sein Ghostwriter Max).
Die Einzige, die sich von dem ganzen Trottel-Klamauk abhebt, ist Katharina Thalbach als Kanzlerin – für den Namen Murkel kann sie ja nichts. Wie sie mit hochgezogenen Schultern die Kabinettsrunden leitet oder bei Brötchen und Aufschnitt mit ihrem Mann die Minister abwatscht, ist wirklich amüsant. Thalbach nimmt ihre Figur ernst und verleiht ihr eine gewisse Würde. Zu Recht bekam sie den lautesten und längsten Applaus.
Zum Schluss bedankte sich Produzent Nico Hofmann bei Sat.1: „Kein anderer Sender hat den Film gewollt.“ Er meinte, dass das für den Mut von Sat.1 spreche. Es spricht eher für die anderen Sender. JÜRN KRUSE, BERLIN
■ 12. 3., 20.15 Uhr, „Der Minister“, Sat.1
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