Occupy in Frankfurt: Dösen verboten
Seit Monaten harren sie aus: Die friedlichen Occupy-Aktivisten im Frankfurter Bankenviertel. Jetzt sollen sie ihre Zelte räumen. Das kann zu Eskalationen führen.
BERLIN taz | Monatelang durften sie vor der Europäischen Zentralbank dösen – aber weil sich die harmlosen Aktivisten aus dem Frankfurter Occupy-Camp nicht von den Blockadeplänen des sogenannten Blockupy-Bündnisses distanzieren wollten, hat die Mainstadt am Freitag nun auch die Aufrechterhaltung der seit Oktober bestehenden Zeltstadt verboten. Mitte der Woche, vom 16. bis zum 20. Mai, so die Anweisung, müsse das Camp geräumt werden. Mit dem Beschluss zieht die Stadt eine bereits erteilte Genehmigung zurück.
Damit könnten die Frankfurter Behörden im Hinblick auf die geplanten Großproteste für eine weitere Eskalation sorgen. Von Mittwoch bis Samstag wollen Tausende Menschen im Rahmen „europäischer Aktionstage“ mit zahlreichen Demonstrationen, Kundgebungen und Sitzblockaden im Bankenviertel ein Zeichen gegen die europäische Sparpolitik und für mehr Demokratie setzen.
Nach und nach hat die Stadt in den vergangenen Tagen jedoch immer mehr geplante Veranstaltungen in der Innenstadt verboten. Zuvor hatten sich Geschäftsleute über die Proteste beschwert. Inzwischen ist dort kaum noch eine politische Manifestation erlaubt.
Frankfurt fürchtet Gewalt
Die Stadt setzt die geplanten Sitzblockaden mit Gewalt gleich und fürchtet, dass sich Autonome unter die Demonstranten mischen und es zu noch mehr Gewalt kommt. Deshalb fordert sie von den Veranstaltern ein Bekenntnis zum Gewaltverzicht, ehe über eine Erlaubnis der Demonstrationen geredet werden könne. Die Veranstalter sehen sich unter Generalverdacht gestellt und wollen auf die Forderungen nicht eingehen.
Im Aktionsaufruf des Bündnisses heißt es, die Blockaden sollten „ruhig und besonnen“ verlaufen, „indem wir uns in den Weg stellen und bleiben“. Weiter heißt es: „Zwar werden wir ein Zusammentreffen mit der Polizei nicht ausschließen können, aber von uns wird dabei keine Eskalation ausgehen.“ Neben dem globalisierungskritischen Netzwerk Attac rufen auch Gewerkschaftsverbände, Juso-Hochschulgruppen, die Bürgerinitiative Lüchow-Dannenberg sowie etliche linke Gruppen und Hunderte Einzelpersonen zu den Protesten auf.
Dass nun auch das Occupy-Zeltlager verboten wird, zeugt von besonderer Süffisanz: Zwar hat sich auch das Frankfurter Occupy-Bündnis – das nicht gleich „Blockupy“ ist – dem Aufruf angeschlossen, doch als eine Gruppe unter vielen. In der Vergangenheit ist es stets durch seinen betont friedlichen und kooperativen Stil aufgefallen.
Auch in Berlin, wo am Samstag im Rahmen eines weltweiten Aktionstages die Occupy-Bewegung zu einem Sternmarsch ruft, hat die Polizei die Errichtung eines neuen Occupy-Camps untersagt. Dort und in weiteren Städten in aller Welt soll es am Samstag Proteste geben. Vor einem Jahr hatten spanische Platzbesetzer den Ausgangspunkt der weltweiten Occupy-Bewegung markiert.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Trump erneut gewählt
Why though?
Harris-Niederlage bei den US-Wahlen
Die Lady muss warten
Pro und Contra zum Ampel-Streit
Sollen wir jetzt auch wählen?
US-Präsidentschaftswahlen
Die neue Epoche
Jüdische Wähler in den USA
Zwischen Pech und Kamala
Pistorius stellt neuen Wehrdienst vor
Der Bellizismus kommt auf leisen Sohlen