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Gesetzentwurf zur „Herdprämie“Mit Mutti, Vati oder Omi allein zu Haus

Der Gesetzentwurf für die umstrittene „Herdprämie“ ist fertig: Ab Januar 2013 bekommen Eltern jeden Monat 100 Euro, wenn sie ihre Kinder nicht in eine Kita bringen.

Wer ab 2013 mit den Kindern zu Hause die Füße hochlegt, bekommt Kohle. Bild: arzt / photocase.com

BERLIN taz | Nach monatelangem Tauziehen ist der Gesetzentwurf für ein Betreuungsgeld fertig. Das Papier aus dem Haus von Familienministerin Kristina Schröder (CDU), das der taz vorliegt, soll beim Koalitionsgipfel am kommenden Montag zwar noch einmal debattiert werden. Aber das Gesetz gilt als so gut wie verabschiedet. Am 6. Juni soll der Entwurf dem Kabinett vorgelegt, am 14. Juni in 1. Lesung und am 29. Juni in 2. und 3. Lesung besprochen und beschlossen werden.

Für das Betreuungsgeld soll das Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz vom 5. Dezember 2006 um den Passus „Betreuungsgeld“ ergänzt werden. Danach gestaltet sich die neue Leistung wie folgt:

Grundvoraussetzung für den Erhalt des Betreuungsgeldes ist eine private Betreuung der Kinder unter drei Jahren. Berechtigte sind demnach alle Mütter und Väter, die ihre Töchter und Söhne nicht in eine staatliche geförderte Krippe oder Kita bringen. Sie bekommen das Geld also auch dann, wenn sie arbeiten gehen und beispielsweise eine Kinderfrau beschäftigen oder die Großeltern die Betreuung übernehmen. Auch während der Eingewöhnungszeit des Kindes in eine Kita wird die Summe gezahlt, höchstens acht Wochen. In der Regel dauert diese Phase, bei der die Betreuungsperson teilweise dabei ist, zwei bis vier Wochen.

Das Betreuungsgeld gibt es ab 1. Januar 2013, zunächst monatlich 100 Euro für einjährige Kinder. Ab 2014 sind es 150 Euro und dann auch für zweijährige Kinder. Die Bezugsdauer beträgt für jedes Kind höchstens 24 Lebensmonate. Das Betreuungsgeld wird nach der Elternzeit gezahlt, in der Mütter und Väter das einkommensabhänige Elterngeld erhalten.

Hartz-IV-EmpfängerInnen beziehen zwar auch Betreuungsgeld. Aber die Summe wird auf die staatliche Sozialleistung angerechnet und damit vom Regelsatz sofort wieder abgezogen. Damit gehen Hartz-EmpfängerInnen beim Betreuungsgeld wie beim Elterngeld leer aus.

Kein bürokratischer Mehraufwand

Das Betreuungsgeld kostet 2013 rund 400 Millionen Euro, ab 2014 sollen es jährlich 1,2 Milliarden sein. Ein bürokratischer Mehraufwand soll nicht entstehen. Den haben nur die Eltern, die Betreuungsgeld beantragen.

Das Betreuungsgeld gilt unabhängig vom Kita-Ausbau. Das hat Kanzlerin Angela Merkel immer wieder betont. Ab 2013 hat jedes Kind unter drei Jahren ein Recht auf einen Kitaplatz. Aber noch fehlen bundesweit zwischen 130.000 und 200.000 Plätze; Kommunen fürchten Klagen von Eltern, die keinen Platz bekommen.

An diesem Mittwoch will Familienministerin Schröder im Kabinett ein Zehn-Punkte-Programm mit pädagogischen und technischen Maßnahmen vorlegen, mit denen der Ausbau von Kindertagesstätten beschleunigt werden soll. KritikerInnen wie Manuela Schwesig (SPD), Sozialministerin in Mecklenburg-Vorpommern, bezeichnen Schröders Idee als Schritt hin zu „Billigkrippen“.

Auch wenn das Betreuungsgeld als beschlossen gilt, könnte es auf dem Koalitionsgipfel am 4. Juni noch einmal für Diskussionsstoff sorgen. Die FDP, Gegnerin der „Herdprämie“, könnte versuchen, die neue Erziehungsleistung gegen die von Verkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) vorgeschlagene PKW-Maut zu verhandeln. Die Liberalen sind strikt gegen höhere Abgaben für AutofahrerInnen.

Mehr Befürwörter als Kritiker in der CDU

FDP-Generalsekretär Patrick Döring sagte Medienberichten zufolge, seine Partei zeige sich bei der Maut gesprächsbereit, wenn das Betreuungsgeld nicht komme. Darauf wird sich die Union nicht einlassen. Zudem gilt die Zahl der BetreuungsgeldbefürworterIn-nen innerhalb der CDU inzwischen größer als die der KritikerInnen.

Ebenso unwahrscheinlich ist, dass das Betreuungsgeld in den Bundesrat verwiesen wird und dort scheitert. Darauf hatten GegnerInnen gehofft, als Ministerin Schröder kürzlich die Idee hatte, das Betreuungsgeld nur an Eltern auszuzahlen, die ihre Kinder zu den Vorsorgeuntersuchungen beim Kinderarzt bringen. Ein solcher Passus im Gesetz wäre im Bundesrat zustimmungspflichtig. Im Gesetzentwurf steht der Passus nicht.

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14 Kommentare

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  • MB
    Mutter B.

    Ich habe meine 2 Kinder ab dem 2. Lebensjahr halbtags zu einer Tagesmutter gebracht und war immer zufrieden mit der liebevollen Betreuung und Anregung. Auch mit 100€ Anreiz würde ich wieder so handeln. Die Millionen die jetzt in privaten Geldbeuteln verschwinden könnte man doch sicher gewinnbringender verwenden, zum Beispiel zur qualitativen Verbesserung der Kindergärten und Schulen? Was aber wirklich unverschämt ist, ist das dieses "tolle" Betreungsgeld vom Harz-4 Satz wieder abgezogen wird. Warum gibt es nicht für jede Familie die gleiche Leistung? Müssen gesellschaftliche Gräben noch erweitert werden?

  • D
    diplom_hartzi

    Wer denkt mal an die Kinder, die nicht in die Kita dürfen, weil sie schon im Vorschulalter einen kranken Elternteil bemuttern müssen, sich den ganzen Tag deren Probleme, Ängste oder Wahnvorstellungen anhören müssen, Paartherapeut, Ersatzpartner oder Prügelknabe spielen. Jetzt werden deren Eltern dafür auch noch belohnt. Das Geld sollte man lieber den Kindern geben.

  • FZ
    Frank Zappa

    Man muss an dieser Stelle mal sagen, dass es nicht nur darum geht, dass es zu wenige Kita-Plätze gibt. Sondern auch darum, dass die Qualität der Kita-Plätze - vor allem in Berlin - oft unter aller Kanone ist. ErzieherInnen, die nach pädagogischen Konzepten aus den 80er Jahren arbeiten (wenn überhaupt), jede Menge (oft überforderte) Hilfskräfte oder berufsbegleitende ErzieherInnen, weil die Zahl an ausgebildeten Fachkräften einfach nicht ausreicht.

     

    Die Folge ist, dass die Kinder nicht nur nicht gefördert, sondern teilweise richtiggehend traumatisiert (!) werden, weil die ErzieherInnen völlig überfordert sind. Weiterhin kommt hinzu das oft wirklich erschreckend schlechte Ernährungsangebot - da wird Essen aus der Dose und der Tüte verabreicht und auf der Website schreibt man dann etwas von einem gesunden Ernährungskonzept, usw. Zumindest was Berlin angeht kann ich sagen, dass ich meine Kinder hier niemals in eine Kita schicken würde, denn die wenigen, die möglicherweise eine vernünftige Qualität anbieten, die sind leider unbezahlbar. Dann holt man sich lieber gleich ein privates Kindermädchen.

  • H
    Henne

    "Mit Mutti, Vati oder Omi allein zu Haus"

     

    Boahh, das muß wohl für einige Sodom und Gomorra sein.

     

    Welche Abgründe Frau Schmollack tun sich denn da auf ?

  • HL
    Hauke Laging

    Hat die taz – genauer: die taz-AutorIN – gerade allen Ernstes "Kinderfrau" geschrieben?

     

    You made my day.

  • B
    Bachsau

    Es ist einfach nur richtig, Kinder unter drei nicht in Kitas abzuschieben. Während es für ältere Kinder auch wichtig ist, in der Kita Kontakt zu gleichaltrigen zu finden, brauchen Kinder unter 3 in erster Linie ihre Eltern. Jeder gute Pädagoge wird das bestätigen.

     

    Außerdem muss man sich auch wirklich fragen, warum man überhaupt Kinder in die Welt setzt, wenn man sich am liebsten nicht selbst um sie kümmern möchte.

  • A
    Alternative

    Schön ich freue mich, auch, dass an eine Eingewöhnungszeit gedacht wurde. Auch freue ich mich, dass der Artikel ungewöhnlich sachlich geschrieben ist und nicht versucht wird, Stimmung zu machen. Nur, die Überschrift hätte man sich sparen können. Meine Tochter, die dann ab 1.1.2013 100 Euro erhält fürs "Daheimsein" erhält, ist nämlich mitnichten alleine zuhause.

     

    Wir leben in einer lebendigen Wohngemeinschaft, in der immer etwas los ist und sie auch ihrem Alter entsprechend genügend "Frühförderung" bekommt. Außerdem sind da im Gegensatz zu Krippen auch ein paar Männer unterschiedlichen Alters und die Wohnung ist nicht mit erhöhten Phtalatwerten belastet wie die meisten Krippen hierzulande. Zu allem Luxus wird sogar noch täglich gekocht, am WG Herd.

     

    Auch eine Möglichkeit von vielen Alternativen zur frühen Krippe, über die die Taz leider nicht berichtet.

  • P
    PeterWolf

    "Grundvoraussetzung für den Erhalt des Betreuungsgeldes ist eine private Betreuung der Kinder unter drei Jahren. Berechtigte sind demnach alle Mütter und Väter, die ihre Töchter und Söhne nicht in eine staatliche geförderte Krippe oder Kita bringen."

     

    oder mangels Plätzen nicht (unter-)bringen können.

     

    Und die betreuende Person muss nicht einmal die Mutter sein!

     

    Und dafür die ganze Aufregung?

     

    ratlos

  • G
    Grube

    betreuungsgeld, wozu?. es gibt doch das kindergeld. ich kapier einfach nicht den sinn dahinter, überall kann man kleine geldleistungen beziehen, vielleicht übersieht ein berechtigter irgendwo eine und dann hat der das nachteil. alle bekommen kindergeld und können einen kostenlosen kita platz bekommen, wer es nicht beanspruchen will nutzt es eben nicht so enstehen den kommunen auch keine kosten für das kind. hoffe die nächste regierung (rot-grün) schafft das betreuungsgeld dann wieder ab und hebt vielleicht das kindergeld ein wenig!

  • W
    wedernoch

    alles was die kinder aus den fesseln der indoktrination der pädagogen (im sinne wie bei demagogen zu gebrauchen) bzw. des staates bzw. der mächtigen die den staat formen befreien ist zu unterstützen. btw.. ich hasse den begriff kita. da kann man auch einfach kindertagesstätte schreiben! und warum können kinder nicht wie früher (steinzeit oder mittelalter) ihrem vater oder mutter bei der arbeit über schulter schauen statt in irgendwelche anstalten geschickt zu werden? das ist dort total öde für kinder ständig rumzusitzen (noch besser: ganztagsschulen!! wtf??) wo ist das problem?? "linke" dogmen halt

  • E
    emil

    2013 abwarten und ordentlich losklagen. so einfach, kommt diese steinzeitministerin nicht davon!

  • AH
    Alexandra Hannemann

    Sehr geehrte Frau Schmollack,

     

    nie habe ich soviel gearbeitet wie zu der Zeit, als meine Kinder im Baby- und Kleinkindalter waren. Ihr Bild ist irreführend. Mitnichten hat man Zeit, die Füsse hochzulegen. In den ersten Wochen und Monaten geht oft nicht mal duschen und den Müll runterbringen. Wir hatten auch keine Hilfe von Großeltern oder anderen Verwandten. Zudem hat mein Mann viel außerhalb gearbeitet und so war ich tagsüber und nachts gefragt. Es ist eine Unverschämtheit, dieses Betreuungsgeld "Herdprämie" (Heimchen am Herd) zu nennen. Das Salär von Journalisten sollte sonst unter "Büromäuse" laufen.

     

    Ich glaube, die Kritik kommt in erster Linie von Menschen, die nie den Vollzeitjob Mutter oder Vater ausgeübt haben.

     

    Mit freundlichen Grüßen,

    Alexandra Hannemann

     

    P.S.: Übrigens hoffe ich, das meine Töchter eines Tages vom Staat eine richtige Rente und Geld für Erziehung für Kinder erhalten. Es ist unerhört, das im Zeitalter der Singels die Aufgabe Familie "Privatvergnügen" ist.

  • S
    Schäfer

    Ihre Gehässigkeit und Häme kommen bei meiner kleinen Familie nicht gut an. Meine Frau ist schwerbeschädigt, deutsche Staatsbürgerin mit afrikanischer Abstammung und einem in der BRD nicht anerkannten Studium der Betriebswirtschaft. Ihre Qualifikation reichte dann immerhin für zeitlich befristete Beschäftigungsverhältnisse als Putzfrau und Lagerhilfe zu peinlichen Konditionen. Als Dank hat sie nun nach mehr als zehn Jahren ohne fremde Hilfe (keine Hartzerin) aus eigener Kraft mit eisernem Willen auch noch das drollige Einbürgerungsquiz bestanden und die schwarz-rot-goldene Clubkarte erworben. Dann lernten wir uns kennen und lieben. Ich bin nach Fallada auch nur ein kleiner Mann. Und nach der freudig erwarteten Geburt unserer Tochter, freuen wir uns auf das Betreuungsgeld.

     

    Nein, wir wollen unser Kind nicht an fremde Tanten geben, die unserer Tochter in missionarischem Übereifer vielleicht irgendwelchen modernen Schnickschnack beibringen. Wir erlauben uns mal ganz dreist selbst zu wissen, was für unser Kind gut und richtig ist. In zwanzig Jahren können sie ja mal nachhaken, ob unsere Tochter im Drogenwahn durch Berlin wankt oder doch ein Jurastudium durchzieht...

  • T
    Tom56

    Das ist mal wieder ein typischer Diskriminierungssprech. "Herdprämie" war ja schon mal Unwort des Jahres. Wir haben 8 Kinder großgezogen, die der Rentenversicherung "fett Kohle" in die Kassen spülen. Wir haben uns entschieden, die Kinder selber zu erziehen und das nicht der Kita zu überlassen. Dazu ist einer von uns zu Hause geblieben - mit einem 16 Stundentag. Das Geld dazu durften wir zumindest z.T. selber mitbringen. Wenn man jetzt versucht, Leuten wie uns dafür mal eine auch finanzielle Anerkennung zu geben, dann sind wir entweder Hartz 4ler, die zu blöd sind, ihre Kinder zu erziehen (als ob Bezieher von Hartz 4 nicht ihre Kinder auch lieben würden und alles dafür geben, sie großzuziehen) oder gelangweilte Hausfrauen, die sowieso verblöden und sich nicht um ihre Kinder kümmern. Das in so einem Klima nicht besonders viel Leute Lust haben, Kinder in die Welt zu setzen, ist ja wohl klar.