piwik no script img

Kommentar TeppichaffäreDie Regierung wird aktiv

Ulrich Schulte
Kommentar von Ulrich Schulte

Regierung und Opposition einigten sich darauf, den Fiskalpakt zu vertagen, um die Teppich-Offensive mit aller Kraft anschieben zu können. Die FDP pocht auf freien Handel.

++ Eilmeldung +++ Die Bundesregierung zieht Konsequenzen aus der Teppichaffäre von Entwicklungsminister Dirk Niebel. Ein Gesetzentwurf, der den Umgang von Spitzenpolitikern mit geknüpfter Auslegware neu regle, sei in Arbeit, sagte ein Regierungssprecher am Wochenende.

Die Bevölkerung habe ein Recht darauf, „zeitnah, detailliert und umfassend über das Teppichverhalten des politischen Personals“ unterrichtet zu werden, argumentierte er. Die Regierung strebe eine Zweidrittelmehrheit im Bundestag an.

In Koalitionskreisen hieß es, die Kanzlerin habe die „Causa Teppich“ zur Chefsache gemacht. Alle Minister mussten in einer spontan einberufenen Kabinettssitzung Auskunft über den Bodenbelag ihrer Privatwohnungen und dessen Herkunft geben.

leitet das Parlamentsbüro der taz.

Die Initiative fördert Differenzen bei den Koalitionspartnern zu Tage: In der Union gibt man hierzulande gefertigten Teppichen den Vorzug, um die einheimische Wirtschaft zu stärken, und liebäugelt damit, Zollgebühren für ausländische Produkte zu erhöhen. „Alles andere tritt den deutschen Teppich mit Füßen“, hieß es in der Fraktion.

Hingegen pocht die FDP auf freien Handel. Die Teppichmärkte bedürften keiner Regulierung. „Niebels Teppich war vielleicht unverzollt. Aber vor allem ist er doch wunderschön“, sagte ein FDP-Mann.

Die Opposition knüpft Bedingungen an eine Zustimmung zum Teppich-Pakt. Dies ergab ein Treffen der SPD-Troika mit sieben Grünen-SpitzenkandidatInnen. Die SPD drängte auf Wachstumsperspektiven für die Teppichwirtschaft. Denkbar sei etwa, Parkplätze vor Ministerien mit strapazierfähigem Hochflor auszulegen.

Die Grünen forderten mehr demokratische Beteiligung. „Alle Bürger müssen über Niebels Teppich abstimmen können“, sagte ein Grünen-Stratege. Regierung und Opposition einigten sich darauf, andere Themen wie den Fiskalpakt zu vertagen, um die Teppich-Offensive mit aller Kraft anschieben zu können. +++ Ende +++

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Ulrich Schulte
Leiter Parlamentsbüro
Ulrich Schulte, Jahrgang 1974, schrieb für die taz bis 2021 über Bundespolitik und Parteien. Er beschäftigte sich vor allem mit der SPD und den Grünen. Schulte arbeitete seit 2003 für die taz. Bevor er 2011 ins Parlamentsbüro wechselte, war er drei Jahre lang Chef des Inlands-Ressorts.