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Abstufung Deutschlands drohtMusterschüler mit ungewisser Zukunft

Die Finanzmärkte reagieren kaum auf die Verwarnung Deutschlands durch die Ratingagentur Moody's. Höhere Zinsen drohen nicht. Was soll das dann?

Grau ist in Frankfurt nur das Wetter, nicht aber die Stimmung. Bild: dapd

Die US-Ratingagentur Moody’s hat Deutschland verwarnt. Die Bundesrepublik hat zwar immer noch die Bestnote „Aaa“, doch der Ausblick wurde von „stabil“ auf „negativ“ gesenkt. Das wirft diverse Fragen auf.

Warum wird Deutschland verwarnt? Moody’s sieht die Gefahr, dass Griechenland aus dem Euro ausscheiden könnte. Dieser „Grexit“ gehört zwar noch nicht zum „Basisszenario“ der Agentur, sei aber wahrscheinlicher geworden.

Sollte Griechenland die Eurozone verlassen, wären die Kosten immens. Denn Spanien und Italien sowie diverse Banken wären umgehend pleite, wie Moody’s befürchtet. Also müssten vor allem die starken Euroländer wie Deutschland oder die Niederlande neues Geld bereitstellen, um den Euro zu retten. Diese steigenden Schulden würden dann auch die Kreditwürdigkeit der reichen Staaten gefährden.

Das Rating

Ratingagenturen: Moodys gehört wie Fitch und Standard & Poors zu den drei weltweit bedeutendsten Ratingagenturen. Sie bewerten die Kreditwürdigkeit von Unternehmen, Banken oder Staaten. Es ist umstritten, dass private Unternehmen, die zudem alle aus den USA stammen, einen so großen Einfluss ausüben.

Codes: Die Skalen haben viele Stufen, die beste ist bei Moodys Aaa, bei Standard & Poors AAA. Es folgen bei Moodys Aa, A, Baa, Ba, etc. Die untersten Stufen geben an, dass der Schuldner gar nicht mehr zahlungsfähig ist.

Folgen: Wird die Kreditwürdigkeit eines Schuldners schlecht beurteilt, kann es für ihn teurer werden, sich Geld zu besorgen.

Vorwurf: Die Ratingagenturen haben die Finanzkrise 2008 mit verursacht. Denn sie vergaben Bestnoten für Wertpapiere, in denen faule US-Immobilienkredite gebündelt waren.

Eurokrise: Bei der Beurteilung von Staatsschulden ist der Einfluss der Agenturen nicht so groß. Denn im Gegensatz zu komplexen Finanzprodukten sind die Staatsschulden ohnehin öffentlich.

Wie geht es anderen Euroländern? Da die Kosten einer verschärften Eurokrise alle starken Länder belasten würden, hat Moody’s nicht nur Deutschland mit einem negativen Ausblick versehen – sondern auch bei Luxemburg und den Niederlanden ist das Aaa nun eingetrübt. Frankreich und Österreich wurden bereits im Februar abgemahnt. Nur Finnland hat noch ein Aaa mit „stabilem Ausblick“.

Wie haben die Finanzmärkte reagiert? Fast gar nicht. Der Euro notierte am Dienstag bei 1,2089 zum Dollar, am Montag waren es 1,2105 gewesen. Der Aktienindex DAX stagnierte ebenfalls und lag am Dienstagnachmittag bei 6.420 Punkten.

Warum sind die Anleger so gelassen? Moody’s liefert keine neue Fakten – sondern bewertet öffentlich bekannte Daten. Böse formuliert: Die Ratingagenturen lesen auch nur Zeitung. Sie sind nicht besser informiert als andere Analysten. Die Eurokrise ist daher auf den Finanzmärkten bereits „eingepreist“.

Was kann die Anleger noch schockieren? Die Investoren reagieren sehr sensibel auf jede politische Nachricht. Als an diesem Wochenende die Vermutung kursierte, dass der Internationale Währungsfonds vielleicht keine neuen Kredite an Griechenland vergibt – da stürzte der DAX am Montag um 3,2 Prozent ab. Damit verhalten sich die Anleger rational: Die Eurokrise wird politisch entschieden, nicht durch die Ratingagenturen.

Steigen jetzt die Zinsen für Deutschland? Damit ist nicht zu rechnen. Momentan zahlt die Bundesrepublik nur 1,23 Prozent für einen Kredit von zehn Jahren. Das ist sensationell, denn die Inflation liegt bei 1,7 Prozent. Die Anleger machen also Verlust, wenn sie ihr Geld in Deutschland parken. Auch diesen Investoren ist nicht entgangen, dass es eine Eurokrise gibt – dafür ist Moody’s nicht nötig. Aber sie sehen keine Alternative. Denn weltweit herrscht ein „Anlagenotstand“. Alle sicheren Länder werden mit Geld geflutet – und nehmen, wie Dänemark, teils schon Negativzinsen. Das heißt: Der Zins liegt unter null. Dänemark bekommt Geld dafür, dass es Geld leiht.

Welche Bedeutung hat das Rating für die europäischen Rettungsschirme? Der vorläufige Rettungsschirm EFSF und der permanente Rettungsschirm ESM müssen Kredite auf den Finanzmärkten aufnehmen, wenn sie Krisenländern wie Griechenland oder Portugal helfen wollen. Damit die Zinsen für die Rettungsschirme möglichst niedrig liegen, wurden diese so konstruiert, dass sie die Bestnote Aaa erhielten. Ohne in die Details zu gehen: Letztlich hängt dieses Rating der Rettungsschirme vom Rating der großen Euroländer wie Deutschland oder Frankreich ab. Wenn sie herabgestuft werden, sinkt auch die Kreditwürdigkeit von EFSF und ESM.

Was schlagen die Ratingagenturen vor? Meist halten sich die Agenturen mit klaren Empfehlungen zurück. So ist es auch diesmal. Moody’s sagt nicht, wie europäische Politiker die Eurokrise lösen sollen. Doch zwischen den Zeilen schimmert sehr starke Kritik am bisherigen Eurokurs durch. Moody’s warnt nicht nur davor, Griechenland aus dem Euro zu drängen – die Agentur beklagt auch den „reaktiven und graduellen“ Politikansatz. Übersetzt: Moody’s hält den Europäern vor, dass sie zu langsam und zu schwach reagieren, um die Eurozone zu retten.

Welche Rolle spielt die Staatsverschuldung für Ratings? Sie scheint recht nebensächlich zu sein. Wenn man sich das Rating einzelner Länder ansieht, fällt auf: Länder mit einer ähnlich hohen Staatsverschuldung erhalten unterschiedliche Ratings. So kommen die USA auf eine Staatsverschuldung von 100 Prozent ihrer Wirtschaftsleistung – trotzdem werden sie von Moody’s mit der Bestnote Aaa versehen. Spanien hingegen hat nur eine Staatsverschuldung von 80 Prozent, wird aber abgestraft – mit einem Baa3, das sind neun Stufen unter den USA. Ähnlich seltsam ist der Vergleich mit Großbritannien: Das Land hat eine Bankenkrise wie Spanien und ist ökonomisch ruiniert. Trotzdem hat es ein Aaa.

Warum stehen die USA und Großbritannien besser da? Anders als die Europäische Zentralbank dürfen die Bank of England und die Fed die Staatsanleihen ihrer Länder aufkaufen. Die Kreditgeber können sicher sein, ihr Geld wiederzusehen. Dies wird belohnt – mit einem uneingeschränkten Aaa.

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13 Kommentare

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  • R
    Renate

    Vor was müssen wir uns denn noch fürchten die Katstrophe ist in vollem Gange, Autoindustrie rechnet mit Werkschließungen, China wird die nicht retten. Ein wenig Sozialismus würde uns nicht schaden, denn ist diese Gesellschaft noch gerecht?

  • S
    Schülerchen

    Die Fragen im Artikel sind belanglos. Viel interessanter:

     

    Wer ist der Lehrer des Musterschülers?

    Was zeichnet einen Musterschüler aus ?

  • B
    Bitbändiger

    @Sony

     

    Ohne soweit in die Details gehen zu wollen, dass mein Beitrag jetzt womöglich wegzensiert wird: Leider, mein Neunmalkluger, vermeiden Sie sorgfältig jedwede sachliche - und damit sachlich angreifbare - Begründung für Ihr Verdikt, das damit zur schlichten Stänkerei verkommt - substanzlos, arrogant und dümmlich, keinen Cent wert.

     

    Ich habe nicht den Eindruck, dass Frau Herrmann einen Vergleich mit Ihresgleichen scheuen müsste.

  • VP
    V. Plaga

    Dänemark (genauer: dessen Regierung) bekommt kein Geld dafür, dass es sich Geld leiht! Es bekommt Geld dafür, dass es Geld über einen längeren Zeitraum (relativ) sicher aufbewahrt. Sollen die Superreichen und die Rentenfonds sich doch ihr Geld am Schalter auszahlen lassen und zu Hause im Geldschrank aufbewahren! Abgesehen davon, dass sie das auch Geld kosten würde und außerdem riskanter wäre, würden sie mit solchem Geldentzug den Kollaps des jetzigen Geldsystems beschleunigen... oder Politiker und Volkswirte dazu zu bringen endlich einzusehen, dass wir eine Umlaufsicherungsgebühr brauchen. Silvio Gesell wusste das schon vor 100 Jahren und seine Erben, zum Beispiel bei der INWO, versuchen heute noch, leider mit mäßigem Erfolg, diese Erkenntnis bekannt zu machen.

  • R
    RRRrrrrrrrr,,,,,,,

    Hier ein aufschlussreiches Interview zu Geschichte und Gegenwart der Rating Agenturen:

     

    www.heise.de/tp/artikel/36/36852/1.html

  • Y
    yberg

    verläßliche aussagen sind,wie uns die fantasiereichen wirtschaftserklärer,von wissenschaftler kann keine rede sein wie diese mit ihren sich wiedersprechenden verlautbarungen täglich beweisen,mangelware.

     

    zinserhöhungen und eine verschlechterung der finanzierungssituation hier im land generell auszuschließen ist überaus kess.

     

    in folge der sich abzeichnenden konjunkturschwäche,bei den verbrauchern ist diese schon angekommen,spitzenrabatte beim autokauf,teure konsumkredite,konsumreduktion mit folgen für den stagnierenden handel,zurückhaltung bei gewerblichen immobilienbau und handel,werden die pleiten zunehmen und die verlustrisiken beim zins eingepreist werden müssen.

     

    schon jetzt schenken hauptsächlich nur noch die regierung und ihre mietmedien von springer bis zur genossenschaftsblume TAZ und dem teilbelegschaftseigenen SPIEGEL den kursierenden zahlen der erbsenzähler und wirtschaftsinstituten aus mannheim und münchen glauben.

     

    wie der in einschlägigen kreisen bekannte wirtschaftshoroskop verfasser franz xaver pozehe,eppingen /baden,bereits 1990 nebenbei bemerkte:

     

    es kommt anderst ,aber auch anderst als frau denkt

     

    wird wie die vergangenen jahre auch die vor uns liegenden bestimmen.

     

    das verläßlichste ist wie so oft bei voraussagen deren unzuverlässigkeit.

     

    liegts an den fehlenden ohren selbiger....

  • BD
    Bob der Baumeister

    Wer leitet eigentlich die Schule, wer sind die Lehrer von "Musterschüler Deutschland" ?

  • B
    Bitbändiger

    In diesem Lande herrscht Meinungsfreiheit - für inkompetente Minister ebenso wie für sogenannte Ratingagenturen, die als integrale Bestandteile des angelsächsisch dominierten Kasinokapitalismus wesentlicher Baustein des Problems und zur Mitwirkung an der Lösung völlig ungeeignet sind. Erinnert sei daran, dass diesen drei Tempeln der Weltfinanzweisheit 2008 schon unmittelbar NACH dem Lehman-Crash aufgefallen ist, dass irgendwas nicht stimmt.

     

    Unangenehm wird es nur dadurch, dass nahezu alle wesentlichen Medien, von A wie ARD bis Z wie ZEIT, die flatulenten Absonderungen dieser Institute auf die verschreckte Öffentlichkeit einhämmern wie die Fanfaren des Jüngsten Gerichts. Eine Erwähnung auf der Glossen-Seite täte es doch auch?!

     

    Die taz sei hier für ihre Zurückhaltung gelobt. Und vielen Dank, Frau Herrmann, für die kompakte Zusammenfassung.

  • LS
    Ludwig Staab

    Ach, Frau Herrmann.

     

    Ein Verleiher bekommt normalerweise IMMER Geld dafür, daß er Geld leiht- das ist ja grade die Funktion von Zinsen, der Geldgeber will ja auch einen Gegenwert für sein Risiko!

    Ein NEGATIVER Zins wie in Dänemark ist deshalb so ungewöhnlich, weil hier der Verleiher dem Leihenden Geld dafür zahlt, das dieser sich Geld leiht!

     

    Und einfach Geld drucken wie es die USA und Großbritanien tun, hat die Blasen, deren Platzen wir so bitter spüren, erst aufgepumpt!

  • S
    Sony

    "Ohne in die Details zu gehen" - das ist fast schon anmaßend, so etwas Lachhaftes zu schreiben, als ob Ulrike Herrmenn auch nur in Anätzen die Details der Konstruktion von EFSF oder ESM kennen oder verstehen würde. Peinlicher, ganz schlechter und dann auch noch sehr arroganter "Journalismus" - völliger Müll, ist auch keinen Cent wert. Die taz sollte ihren Wirtschaftsteil echt einstellen, der ist nicht links, sondern peinlich.

  • E
    erzaehle

    Wieso steht Finnland so gut da? Na weil klipp und klar gesagt haben, die Griechen kriegen kein Geld mehr! Die Nordländer sollten sich zusammensetzen und eine Nord-EU gründen. Vollkommen abgekoppelt von der Ex-EU samt EURO!

  • MN
    Mal nachdenken

    All das Gerede um den Euro dient nur dazu Papierwerte zu retten. Man hat sich in Spanien, Italien, portugal und natürlich in Griechenland in einer Mischung aus Verschleuderung, Korruption und absolut hemmenden gestzlichen Regelungen ins finanzielle Aus manövriert. Wir haben ähnliches Dinge nur nicht ganz so schlimm. Deutschland bürgt bereits jetzt und nun soll Deutschland noch mehr bürgen. Es ist logisch, daß man da herabgestuft wird. Leider gibt es bei uns keinerlei demokratische Möglichkeit entgegenzusteuern. Europa ohne eine Amtssprache, eine Regierung und echte Demokratie kann keine gemeinsame Währung haben welche nicht die Stärken der jeweiligen Wirtschaftstärke wiederspiegelt. Das weiß man schon lange. Strukturreformen werden an linken Kräften scheitern welche stets Unbezahlbares versprechen es aber nicht dauerhaft bezahlen können. Wenn in Italien dank der Stärke der Gewerkschaftsbosse ein Betrieb ab 17 Angestellten diese praktisch nicht mehr kündigen kann oder in Griechenland de facto eine Ständewirtschaft wie im Mittelalter besteht und überall jeder seiner Privilegien bis aufs Blut verteidigt, muß es erst ein Aufschlagen geben. Wir werden mit hineingezogen und sollen neben den bei uns bestehenden Mißständen auch noch andere bezahlen. Das geht nicht. Deshalb der völlig richtige Moody-Bericht. In Deutschland sollten wir das Geld sparen und endlich eine Renten-, Gesundheits-, Steuer- und Zuwanderungsreform hinlegen. Der einzige Weg wäre mehr Demokratie, da sonst politische wie wirtschaftliche Lobbys eine Lösung verhindern. Man muß sich nur mal Sigmar Gabriel oder Rössler ansehen um zu wissen wie sinnlos ein Warten auf Parteiführer ist. Demokratie bedeutet aber Machtverlust für einige und die Unmöglichkeit von Durchsetzung ideologischer Dogmen. Man kann sich leicht die Ablehnung einer demokratischen Lösung von Subventionen bei CDU/CSU/FDP/SPD oder die Ablehnung demokratischer Lösungen bei der Zuwanderung seitens der Grünen vorstellen. Man wird also bis zum bitteren Ende weitermachen. Es wird schneller kommen als uns lieb sein kann und übrig bleibt ein Schuldenberg. Leider können wir nur zusehen. Wir sind selbst schuld, da wir immer wieder zulassen, daß völlig unfähige Leute dank Parteienproporz nach oben kommen. Man denke nur an Roland Koch, Sigmar Gabriel oder Claudia Roth. Man wählt sie weil ja die Partei für die "gute Sache" kämpft, statt eine Partei mal bei 5% landen zu lassen wenn sie so jemanden im Angebot hat. Ideologisch ist dazu kaum jemand in der Lage. Die taz-Leser würden zu 90% auch einen Besen in der Ecke unterstüzen wenn dazu eine rote Fahne knattert, jemand "Multikulti" ruft oder es sonstwie nach heimeliger Marx-Romantik riecht. Vielleicht bekommen wir nach dem Crash mehr Demokratie. Wahrscheinlich aber nicht und dann schlägt nicht die Stunde der Fachleute sondern die der Demagogen und Populisten.

  • H
    Hartzi53

    Ich hoffe auf eine richtige Krise mit vielen Arbeitslosen. Dann sehen die Leute mal das man mit Hartz4 nicht weit kommt. Dann ist auch hoffentlich der Hass auf Hart4-Empfänger zu Ende.