piwik no script img

Kommentar SammelunterkünfteErst mal alternativlos

Ilka Kreutzträger
Kommentar von Ilka Kreutzträger

Hamburg braucht eine Sammelunterkunft für Flüchtlinge und darf die Wohnungsnot nicht als Ausrede nehmen. Gebäude gäbe es genug, dann aber wartet ein neues Problem.

S ammelunterkünfte für Flüchtlinge gehören abgeschafft, denn niemandem darf eine solche Lagersituation zugemutet werden. Aber so lange die Erstunterbringung in Sammelunterkünften Bundesrecht ist, braucht es auch in Hamburg eine. Das ist der Punkt: in Hamburg – nicht im 70 Kilometer entfernten Horst.

Die Lösung muss sein, eine Alternative in der Stadt zu finden. Die bestehende Unterkunft in der Sportallee hat Platz für 70 Flüchtlinge, das reicht nicht. Bei allem Wohnungsnotstand ließe sich aber dennoch eine Lösung finden. Nur ist es mit dem Gebäude allein nicht getan, wenn man sich ansieht, wie Anwohner auf neue Nachbarn reagieren. In Sasel gründete sich eine Bürgerinitiative, als in einem Wohnhaus schwer erziehbare Kinder untergebracht werden sollten, in Harburg wehrten sich Anwohner gegen ein Hospiz.

Man möchte sich gar nicht ausmalen, was Anwohner alles fordern könnten, wenn eine Sammelunterkunft in ihre Straße ziehen sollte, und man kann ahnen, wie wenig die Bezirksverantwortlichen eine solche Unterkunft ausgerechnet bei sich haben wollen. Solange aber keine ergebnisoffene Suche über alle Bezirke hinweg geführt wird und solange man davon ausgehen kann, dass sich bei einer Entscheidung sofort die Anwohner zu Wort melden und über Wertverfall ihrer Grundstücke klagen, sollten Flüchtlinge in die Nähe ziehen, bleibt Horst erst mal alternativlos.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Ilka Kreutzträger
Redaktionsleiterin Nord
Jahrgang 1977, die Soziologin arbeitete lange für die taz nord als Autorin und CvD sowie für den NDR in Hamburg als Nachrichtenredakteurin Online und Radio, ging dann kurz zum stern und war stellvertretende Ressortleiterin Lokales bei der Hamburger Morgenpost. Sie gibt an der Uni Bremen seit 2013 Schreib-Workshops. Seit 2023 ist sie Redaktionsleiterin der taz nord.
Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!