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Demo gegen RassismusPolizei nach Übergriff in der Kritik

Wegen des rassistischen Brandanschlags in Woltmershausen demonstrierten am Freitag 600 Menschen. Die Tat wird Thema im Parlament.

"Aufklären statt Vertuschen": Demonstration am Freitag in der Neustadt. Bild: Wolschner

Etwa 600 Menschen demonstrierten am Freitag in der Neustadt gegen Rassismus. Sie zeigten sich solidarisch mit der Einwanderer-Familie in Woltmershausen, die vor einer Woche Opfer eines Brandanschlages wurde. Unter dem Motto „Aufklären statt Vertuschen“ zogen sie vom Delmemarkt in Richtung Innenstadt, darunter auch Abgeordnete der Grünen und der Linken.

„Omuz omuza, Schulter an Schulter“, war eine der Parolen – auf deutsch und türkisch wurde auch eine Schilderung des Anschlags verlesen: Mindestens vier TäterInnen hatten in der Nacht zu Samstag, dem 28. Juli, vor dem Haus der aus der Türkei stammenden Familie rassistische Parolen gerufen, Feuer vor der Haustür gelegt und deren Scheibe eingeschlagen. Die Beschuldigten kommen aus der unmittelbaren Nachbarschaft.

Die Demonstranten warfen der Polizei vor, den Vorfall herunterzuspielen: Sie erinnerten daran, dass auch Neonazi-Brandanschlägen in der Vergangeneit erst als Nachbarschafts-Probleme dargestellt wurden. Der Anwalt der Familie, Martin Stucke, sagte im Vorfeld der Demo zur taz, die Frage des Schutzes der Familie sei völlig ungeklärt: „Von der Polizei ist da nichts gekommen.“ Wenn die Polizeiwache in Woltmershausen betroffen gewesen wäre, so Stucke, „dann würde ich schwer vermuten, dass das Verfahren bei der Polizei als versuchter Mord laufen würde.“ Insgesamt lenke das Bekanntwerden des NSU-Terrors von der Gefährlichkeit des alltäglichen Rassismus ab, so Stucke.

„Es ist erschreckend, dass es für die Leute nur ein paar Bier braucht, um ihren Rassismus zu zeigen“, sagte einer der Demo-Organisatoren. Dass der Anschlag in der Öffentlichkeit als rassistisch wahrgenommen werde, sei gut, aber: „Man darf nicht nur kurz betroffen sein und ansonsten an den rassistischen Strukturen mitstricken.“

Alle Bürgerschaftsparteien hatten den Anschlag als eine ausländerfeindliche Tat verurteilt. Während die CDU der Familie ihr Mitgefühl aussprach, äußerten andere Parteien auch Kritik an der Polizei. Der grüne Innenpolitiker Björn Fecker sprach von einer „Fehleinschätzung“: „Ich hätte erwartet, dass die Polizei die Öffentlichkeit früher informiert. Es ist offensichtlich mehr als ein bloßer Nachbarschaftsstreit.“ Erst nachdem sich der Anwalt der Familie an die Presse gewandt hatte, verschickte die Polizei am Sonntag, zwei Tage nach der Tat, eine Mitteilung. Die SPD-Fraktion will den Vorgang zum Thema in der Bürgerschaft machen. „Es geht darum, genauere Informationen über die Einschätzung der Polizei zu Hintergrund und Ablauf der Tat zu erhalten“, so die SPD-Abgeordnete Ruken Aytas. SPD-Innenpolitiker Sükrü Senkal kündigte an, auch die Innendepuation mit dem Fall zu befassen. Kristina Vogt, Fraktionschefin der Linkspartei warnte vor Relativierungsversuchen: „Rassistisch motivierte Gewalt darf nie verharmlost und ins Unpolitische verdreht werden. Leider scheint dies aber ein Anliegen der Innenbehörde zu sein“, so Vogt.

Der Sprecher des Innenressorts, Rainer Gausepohl, wies diesen Vorwurf als „Unverschämtheit“ zurück. Auf die Vorwürfe gegenüber der Polizei von den Demonstranten entgegnete Holger Münch, Staatsrat im Innenressort, diese entbehrten jeder Grundlage und lenkten vom Thema der Fremdenfeindlichkeit ab. Er unterstütze aber das Anliegen der Demonstration.

Bei der Polizei ist die Sache indes zur „Chefsache“ erklärt worden. Polizeisprecher Gundmar Köster sagte der taz, die Ermittlungen dauerten an, es liefen Vernehmungen. Ob die TäterInnen Verbindungen zur rechtsextremen Szene hätten, werde weiter überprüft. „Wir spielen das in keiner Weise herunter und haben nichts vertuscht“, so Köster. „Man kann sich darüber streiten, ob die Pressemitteilung ein paar Stunden vorher hätte erscheinen können, aber wir wollten erst alle Fakten zusammentragen.“

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5 Kommentare

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  • U
    Urgestein

    Wie war das noch gleich mit der "Empfehlung" der Bremer an die Anschlagsopfer? Einen "Eimer Wasser" neben die Tür als Präventionsmaßnahme, und für die Ordnungshüter ist der Fall gelöst. Erinnert mich etwas an die "Empfehlung" der Polizei vor 20 Jahren bei Vergewaltigung: "Halten sie einfach still und warten sie bis es vorbei ist. Dann wird ihnen in der Regel nichts Schlimmes passieren.

     

    Tipps durch die Brille der Täter, nicht der Opfer.

     

    Und wagt es der Sprecher der Innenbehörde noch von einer "Unverschämtheit" zu sprechen, wenn der Finger in die Wunde gelegt wird...

     

    Herr Gausepohl, nehmen sie lieber gleich ihren Hut, bevor ihnen der noch nachgeworfen werden muss.

  • N
    nebu

    wie lange bremen es wohl noch schafft so zu tun, als ob es kein massives problem mit verschleierten rassismus und antisemitismus, antiziganismus und islamophobie hat. - rechte banden, rechte kneipen, rechte bands, rechte schlägergruppen, rechte fußballhooligans, rechte parteien, rechte mitte, etc. rechte gewalt! alles bedauerliche einzelfälle...?

     

    weiter so bremen, tu doch einfach so, als ob der versuch ein haus anzuzünden, in dem eine wehrlose migranten-familie mit kleinkindern wohnt, inmitten einer durch das rechte klima in deutschland sich selbst berufener bremer stadtteil, endlich mal im namen des deutschen volkes zur tat zu schreiten, nichts mit rechter gewalt und gesinnung zutun hat.

     

    tu doch so, als ob das unterlassen von hilfeleistung durch behörden gegenüber der familie nicht einer bürgerlich rechten struktur entspricht und diese verfestigt. tu doch einfach so, als ob der kurze hässliche einblick auf die wahren verhältnisse in bremen, von den opfern verursacht wurde und nicht von den tätern. denn das entspräche genau der logik, die wir seit sarrazin wieder laut hören. sarrazin und konsorten, von der deutschen mehrheitsgesellschaft aufs podest gesetzt, haben die streichhölzer geholt und ein stadtteil samt behörden hat sie entzündet...

     

    die opfer haben sie für dieses mal rechtzeitig und durch zufall gelöscht, die nächsten streichhölzer warten schon. -

     

    aber, tun wir mal so als ob, ...!

  • W
    Weinberg

    Ich fordere die Ausstellung von Persilscheinen für die Bremer Polizei. Nichts wäscht weißer ...

     

    Weiter fordere ich kostenlos Sehhilfen für unsere Freunde und Helfer von der Polizei!

  • T
    tim

    Bin froh über die Zivilcourage der Veranstalter und aller Teilnehmer. Ein wichtiges Zeichen in Richtung Legislative und Exekutive und nicht zuletzt an alle, die meinen ihre Rassismen ausleben zu wollen.

  • T
    tim

    Schon erstaunlich, dass es 48 Stunden nach der Tat immer noch keine Pressemitteilung der Polizei gegeben hätte, wäre der Anwalt der Familie nicht an die Medien gegangen...