piwik no script img

Kommentar BID-PläneMiese Augenwischerei

Ilka Kreutzträger
Kommentar von Ilka Kreutzträger

BID-Pläne bedrohen das traditionelle Vergnügungsviertel.

N ach dem Neuen Wall oder dem Passagenviertel erreicht der Business Improvement District (BID) nun auch St. Pauli. Die Notwendigkeit wird damit begründet, dass „Elemente des traditionellen Vergnügungsviertels allmählich verschwinden, die das besondere Flair und Milieu dieses Stadtteils ausmachen“. Das stimmt. Aber was soll daran ein Modell ändern, das 2005 mit dem Gesetz zur „Stärkung der Einzelhandels- und Dienstleistungszentren“ eingeführt wurde?

Gar nichts. Denn was sich die BID-Befürworter ausgedacht haben, um „Milieu und Flair“ am Verschwinden zu hindern, ist miese Augenwischerei. Oberstes Ziel ist, die Besucher zu Kunden zu machen, darum sollen Infopoints und ein Fußgängerleitsystem wie in der Innenstadt her. Das hat dann den Flair der Europapassage.

Sollen sie doch einfach sagen, dass sie eine Fußgängerzone mit Verrucht-Faktor für den Shopping-Nervenkitzel wollen. Und nicht so tun, als ginge es ernsthaft um den Erhalt des Viertels. Aber das macht natürlich niemand, weil sich „Elemente des Viertels erhalten“ viel kuscheliger anhört.

Sind die Besucher dann alle zu Kunden geworden, stören all jene, die keine Kunden sein wollen oder können. Und da ist so ein privatisierter öffentlicher Raum dann sehr nützlich, um das Shopping-Flair sauber zu halten.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Ilka Kreutzträger
Redaktionsleiterin Nord
Jahrgang 1977, die Soziologin arbeitete lange für die taz nord als Autorin und CvD sowie für den NDR in Hamburg als Nachrichtenredakteurin Online und Radio, ging dann kurz zum stern und war stellvertretende Ressortleiterin Lokales bei der Hamburger Morgenpost. Sie gibt an der Uni Bremen seit 2013 Schreib-Workshops. Seit 2023 ist sie Redaktionsleiterin der taz nord.
Mehr zum Thema

2 Kommentare

 / 
  • MW
    Mark Wulfinger

    Und bald wird es dort dann noch ein H&M geben, Hollister wird sich dort breitmachen und der letzte Sexshop wird durch ein Starbucks verdrängt...

  • D
    dennis

    bald haben wir es geschafft hamburg zur langweiligsten stadt der welt zu machen. dann sagen die leute: "hamburg? das ist doch dieser große hafen mit angeschlossenem freizeitpark und einkaufszentrum." *gähn*