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Kommentar Schmiergeld-ProzessStramme Rechtfertigung

Pascal Beucker
Kommentar von Pascal Beucker

Der Ex-MAN-Chef Anton Weinmann hat den Vorwurf der Beihilfe zur Bestechung mit einer Strafanzeige beantwortet. Dazu gehört schon Chuzpe.

W as immer deutschen Managern vorgeworfen werden kann, mangelndes Selbstbewusstsein gehört nicht dazu. Erstaunlich ist schon, wie Ex-MAN-Konzernvorstand Anton Weinmann vor seinem am Donnerstag beginnenden Prozesses gegen die Staatsanwaltschaft vorgegangen ist. Den Vorwurf der Beihilfe zur Bestechung mit einer Strafanzeige wegen Rechtsbeugung und Verleumdung zu kontern, dazu gehört schon Chuzpe.

Unter Weinmanns Aufsicht soll sich bei MAN ein absatzfördendes, aber aufgeflogenes Schmiergeldsystem entwickelt haben. Zivilrechtlich hat sich der frühere Chef der LKW-Sparte zu hohen Schadensersatzleistungen bereit erklärt – zu zahlen von seiner Managerhaftpflichtversicherung (D & O).

Gut möglich, dass sich Weinmann trotzdem als Opfer sieht. Das entspräche dem Selbstbild etlicher Wirtschaftsbosse. Sie reden gerne von „Compliance“. Aber die Einhaltung gesetzlicher Regeln und ethischer Grundstandards halten sie dann doch für eine ökonomische Entscheidung, bei der Staatsanwälte nichts verloren haben.

taz
PASCAL BEUCKER

ist NRW-Korrespondent der taz.

Unlängst haben 35 Großunternehmen den Bundestag aufgefordert, das UN-Übereinkommen gegen Korruption zu ratifizieren. „Ein demokratisches Land wie Deutschland muss international insgesamt glaubwürdig sein und darf sich nicht unnötig angreifbar machen“, heißt es in dem Schreiben, zu dessen Unterzeichnern auch der MAN-Konzern gehört.

Das wirkt genauso unrealistisch wie die „Zielvereinbarungen“ des Deutschen Olympischen Sportbundes. Während die deutschen Olympioniken immerhin noch auf Platz 6 im Medaillenspiegel landeten, liegt die BRD im internationalen Korruptionswahrnehmungsindex von Transparency International auf dem 14. Rang.

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Pascal Beucker
Inlandsredakteur
Jahrgang 1966. Arbeitet seit 2014 als Redakteur im Inlandsressort und gehört dem Parlamentsbüro der taz an. Zuvor fünfzehn Jahre taz-Korrespondent in Nordrhein-Westfalen. Seit 2018 im Vorstand der taz-Genossenschaft. Sein neues Buch "Pazifismus - ein Irrweg?" ist gerade im Kohlhammer Verlag erschienen.
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1 Kommentar

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  • MH
    Moritz Herbst

    Der MAN-Manager zeigt mit seinem Vorgehen doch einfach nur, wem der Staat seiner Meinung nach gehört und wem die Judikative zu Dienen hat: den sogenannten LeistungsträgerInnen, vulgo: der Bourgeoisie. Marx meinte es zwar nicht so platt wie es dreiste Manager verstehen, als er von der Regierung als dem "geschäftsführenden Ausschuß der herrschenden Klasse" schrieb, aber der MAN-Manager zeigt uns so, was er sich so jenseits von sonntagsredensättigender Staatsbürgerkunde-Propaganda unter Staatsfunktionen realpolitisch erwartet.