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Patentprozess Apple gegen Samsung„Symbol für ein kaputtes System“

Mit Patenten sollten technische Innovationen beschleunigt werden. Inzwischen seien sie zur Innovationsbremse verkommen, so Bürgerrechtler.

Minenfeld der Innovation: In jedem Gerät stecken tausende Patente. Bild: dapd

BERLIN taz | Die Patentkriege großer Elektronikkonzerne gehen vor allem auf Kosten der Verbraucher, kritisierte die US-Bürgerrechtsorganisation Electronic Frontier Foundation (EFF) nach dem Urteil im Streit zwischen Apple und Samsung. „Das Patentsystem soll eigentlich technische Innovationen beschleunigen“, stellt die Non-Profit-Lobbygruppe aus San Francisco fest. „Stattdessen ist es zu einem Instrument verkommen, um Wettbewerb zu unterdrücken“, schreibt EFF-Urheberrechtsexpertin Julie Samuels. Das Verfahren sei ein „Symbol für ein kaputtes Patentsystem“.

Tatsächlich sind Patente gerade im IT-Bereich zur schärfsten Waffe geworden, um Neulinge zu bremsen und etablierte Konzerne zu attackieren. Eine Folge von Auseinandersetzungen wie der zwischen Apple und Samsung ist, dass immer häufiger Produkte vom Markt verschwinden, selbst wenn sie nur gegen trivial wirkende Nutzungskonzepte verstoßen. „Die Verbote beschneiden die Wahlfreiheit der Verbraucher und können den Nutzen von Produkten einschränken, die sie bereits gekauft haben“, erklärte Samuels.

Rechtlich sind Smartphones ein Minenfeld, weil in jedem Smartphone zehntausende Patente stecken. Beherrschbar wird der Patente-Dschungel für die Firmen nur, weil sie sich in der Regel untereinander Nutzungsrechte einräumen.

Längst jedoch sind die Patentklagen selbst zu einem Milliardengeschäft geworden. Nach einer Studie der Boston University habe sich die Anzahl solcher Klagen in den letzten sieben Jahren „mehr als vervierfacht“. Im Jahr 2011 seien dabei Kosten von 30 Milliarden Dollar entstanden.

„Verbraucher bezahlen dafür mit höheren Produktpreisen“, schreibt Samuels. „Jeder Dollar, der in diese Prozesse fließt, steht nicht mehr für Forschung und andere sinnvolle Investitionen zur Verfügung.“ In den USA hat die EFF deshalb nun mit der Initiative „Defend Innovation“ ein Projekt initiiert, um das Patentsystem zu reformieren.

Ein Sieben-Punkte-Plan sieht unter anderem vor, die Dauer von Software-Patenten auf fünf Jahre zu begrenzen. Zudem sollten alle Patente von Anfang an öffentlich einsehbar sein und Patentklägern die gesamten Verfahrenskosten auferlegt werden, wenn sich ihre Klage als unberechtigt erweist.

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3 Kommentare

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  • RM
    Reimar Menne

    Vielleicht die logische Konsequenz aus der absurden Fiktion, Geist könne jemandes Eigentum sein; die Fortsetzung des Abmahnwahns, ohne den sich eine solche Industrie anscheinend nicht mehr behaupten kann. Und ob Verteuerung der Produkte wirklich ein Schaden ist, erscheint mir angesichts der Rücksichtslosigkeit von Nutzung und Konsum dieser Produkte noch nicht ausgemacht.

  • C
    Copieur

    und Patentklägern die gesamten Verfahrenskosten auferlegt werden, wenn sich ihre Klage als unberechtigt erweist.

     

    Wann erweist sich eine Klage als unberechtigt?

     

    Wenn das Patent für nichtig erklärt wird?

     

    Wenn das Patent als gültig anerkannt wird, aber keine Verletzung festgestellt werden könnte?

     

    Und umgekehrt? Das kann auch passieren!

     

    Wenn das Patent als gültig und verletzt wird, aber der Schadenersatzt gering ist?

     

    Und wenn es vorsorglich um eine Gültigkeitsklage? Vor dem EPA müssen grundsätzlich die Parteien ihre eigenen Kosten tragen.

     

    Es gibt in D übrigens ein "vergabeltes" System. Die Entscheidungen über die Gültigkeit und Verletzung werden von unterschiedlichen Gerichte getroffen. Es geht meines Wissens nach um Verfassungsrechtliche Betrachtungen.

  • C
    Copieur

    Ein Sieben-Punkte-Plan sieht unter anderem vor, die Dauer von Software-Patenten auf fünf Jahre zu begrenzen.

     

    Es wäre sehr schön, wenn die EFF einen narrensicheren Test vorschlägen könnte, den "Software-Patenten" von "herkömmlichen" unterscheidet. Dann wäre die ganze Diskussion endlich erledigt...

     

    Zudem sollten alle Patente von Anfang an öffentlich einsehbar sein

     

    Es ist schon der Fall. Nach dem 18 Monaten werden heutzutage Patentanmeldungen in fast alle Länder verröffentlich. Das berüchtigte US "U-Boot-Patent" gehört praktisch endlich der Vergangenheit. Anderthalb Jahr ist schon relativ schnell. Die Anmelder brauchen doch Zeit, um sich zu entscheiden, ob sie das Verfahren fortsetzen, oder die Anmeldung spurlos aufgeben. Es geht nicht nur um Apple und Big Pharma, sondern auch um den Mittelstand. Es wäre jedenfalls ziemlich schwierig eine Anmeldung viel früher als nach dem 18. Monate zu veröffentlichen. Die Pariser Union wäre z.B. einen mittelbaren Hindernis - ich kann mir nicht vorstellen, dass eine Anmeldung während des Prioritätsfristes von einem Jahr veröffentlich wird. Sowas hätte riesige Konsequenzen. Der (kleinere) Anmelder will z.B. auch in diesem Jahr aus dem ersten Bescheid seines Patentamtes wissen, ob es sich lohnt viel Geld auszugeben, um die Erfindung auch im Ausland schützen lassen.

     

    Übrigens: diese Frist wurde vor mehr als 100 Jahren aus dem besonderen Anlass Deutschlands von 6 auf 12 Monate genau aus diesem Grund verlängert.

     

    und Patentklägern die gesamten Verfahrenskosten auferlegt werden, wenn sich ihre Klage als unberechtigt erweist.

     

    Ich glaube, es ist schon der Fall in einigen Ländern. Schreckt das Megacorp eigentlich ab? Und wenn der Kläger David heisst, und greift einen reichen Goliath? Es passiert doch manchmal, dass das System den Kleinen vor dem Grossen schutzt, z.B. Dyson gegen Hoover.