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Energiewende in HamburgEin Tauchsieder für 500 Millionen

Vattenfall will innovatives Gas- und Dampfturbinenkraftwerk an der Elbe bauen. Es gehört zum 25-Prozent-Deal mit der Stadt

Soll durch ein "Innovationskraftwerk" ersetzt werden: Heizkraftwerk Wedel Bild: dpa

WEDEL taz | Es soll leiser, sauberer und effektiver werden, das neue „Innovationskraftwerk“ in Wedel, das ab 2016 das dortige mehr als 50 Jahre alte Kohlekraftwerk ersetzen soll. Das versicherten gestern Vattenfall-Sprecher Stefan Kleimeier und Martin Erker, Kraftwerksexperte des Konzerns. Und innovativ sei es, weil es „Wind zu Wärme machen“ könne.

„Wie ein gigantischer Tauchsieder“, so Kleimeier, soll überschüssiger Windstrom 60.000 Kubikmeter Wasser in einem speziellen Speicher auf fast 100 Grad erhitzen, das dann in die Fernwärmeleitungen fließen und somit bis zu zwei Tage lang die Wärmeerzeugung aus Gas ersetzen kann.

Der Hamburger SPD-Senat und Vattenfall hatten im November 2011 vertraglich unter anderem den Bau eines solchen Gas- und Dampfturbinenkraftwerks (GuD) für rund 500 Millionen Euro vereinbart. Es soll neben dem alten Heizkraftwerk an der Elbe errichtet werden und etwa 180.000 Haushalte im Hamburger Westen mit Fernwärme und Strom versorgen.

Das neue GuD werde mit einem Wirkungsgrad von 88 Prozent „hocheffektiv sein“, so Erker. Das im Bau befindliche Vattenfall-Kohlekraftwerk in Moorburg kommt auf etwa 63 Prozent, ältere Kohlekraftwerke nur auf 40 bis 45 Prozent. Zudem werde das neue Kraftwerk mit 37 Dezibel, was etwa einer normalen Unterhaltung entspricht, deutlich leiser arbeiten als das alte.

Mehr Lärm befürchten dennoch jene Anwohner, die sich in einer Bürgerinitiative zusammengeschlossen haben. Nach der vierwöchigen Auslegung der Planunterlagen, die gestern begann, rechnet Kleimeier deshalb „mit etlichen Einwendungen“, geht aber auch davon aus, dass „wir alle Fragen beantworten können und alle Genehmigungen erhalten“. Dann könnte das GuD zum Beginn der Heizperiode 2016/2017 in Betrieb gehen.

Die Initiative erklärte, nun gehe „der Kampf gegen das Mega-Kraftwerk in die entscheidende Phase“, und fordert alle Wedeler zu Einwendungen gegen die Pläne auf. 

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2 Kommentare

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  • T
    Timo

    Ihr Kommentar zu dem Wirkungsgrad ist unsachlich. Es wurde in dem Artikel nicht zwischen Nutzungsgrad und Wirkungsgrad unterschieden. Das ist zwar nicht präzise, da es die Energieformen Wärme und Strom in ihrer Wertigkeit gleichsetzt, allerdings ändert es nichts an der Effektivität des Kraftwerkes.

    Sicherlich sind 88 % ein Maximalwert, es geht aber vielmehr darum, dass nicht wie in einem konventionellen Kraftwerk nach der Entspannung in der Turbine der restliche Energiegehalt über ein Kondensator nutzlos an die Umgebung abgegeben wird, sondern als (Fern-)Wärme genutzt werden kann. Sollte, wie von ihnen beschrieben, die Nachfrage an Wärme z.B. im Sommer geringer sein als das Wärmeangebot, kann das Kraftwerk den Anteil an produziertem Strom erhöhen und so (zugegebener Maßen unter Minderung des gesamten Nutzungsgrades) mehr dieser ca. 6x höher wertigeren Energieform erzeugen. Das sollte man nicht als Nachteil sondern als Vorteil dieser Kraftwerkstechnologie darstellen.

  • H
    Herbert

    88% Wirkungsgrad? Ja ne is klar.....

    Diesen abenteuerlichen Wirkungsgrad erreicht man nur, wenn die Endverbraucher die Wärme aus der Fernwärmeleitung auch abnimmt. In Berlin hat sich gezeigt, dass der Verbraucher dies nicht tut. Der Verbraucher zieht lieber 3 Pullover an, als die Heizung aufzudrehen. 60% Wirkungsgrad dürfte realistisch sein.

     

    Das mit dem Tauchsieder klingt nach einer Schnapsidee und innovativ ist sie auch nicht. Einfache Wasserkocher sind auch letztendlich auch nur Tauchsieder de luxe und so was fast fast jeder Haushalt in der Küche.