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DIE WAHRHEITDer homosexuelle Mann...

Kolumne
von Elmar Kraushaar

… hat eine kriminelle Vergangenheit, die weit zurückreicht in die 1950er und 1960er Jahre.

hat eine kriminelle Vergangenheit, die weit zurückreicht in die 1950er und 1960er Jahre. Denn Homosexuelle, sofern sie denn erwähnt wurden in der Presse, waren in der Regel verstrickt in Verführung, Mord und Totschlag. Entweder Opfer oder Täter, landeten sie in der Gerichtsmedizin oder vor dem Richter.

„Zu unserem Leid sei es geklagt“, beklagte sich bereits 1952 ein gewisser F. F. Wesely in der Schwulenzeitschrift Die Insel, „daß die Öffentlichkeit von der Homosexualität nur dann erfährt, wenn sie sich, sei es in den ekelhaftesten Formen, sei es in Verbindung mit Delikten, offenbart.“

Tätern wie Opfern war gemein, dass sie namenlos blieben, Initialen nur, sonst nichts. Lediglich der eine oder andere Prominente wurde genannt und im Bild gezeigt, wenn er in einen deftigen Skandal verstrickt war oder von einem Stricher ermordet wurde. Mit Häme stürzte sich die Presse auf jene, die beim Sex auf einer öffentlichen Toilette beobachtet wurden. So wurde der Kultusminister der DDR, der Schriftsteller Johannes R. Becher, in Westberlin auf einer Klappe verhaftet.

Ähnlich erging es dem CDU-Politiker Franz Groben 1966 auf der Toilette am Kölner Waidmarkt. Weitere solche Unglücksvögel waren der Berliner Schauspieler Jan Hendriks und der englische Filmstar Sir John Gielgud. Auch den US-Sänger und TV-Star George Maharis erwischte es 1967 mit einem Frisör auf der Toilette einer Tankstelle in Los Angeles.

Von der Sorte waren also die homosexuellen Männer, die man mit Namen kannte. „Daß die Homosexuellen“, beschwerte sich der bereits zitierte F. F. Wesely weiter, „vielfach künstlerisch produktiv tätig sind oder als Ärzte, Pädagogen und in vielen, vielen anderen Berufsarten ethische und praktische Werte schaffen, davon erfährt die Öffentlichkeit nichts.“

Es sei denn, sie waren tot, möglichst einem spektakulären Mord zum Opfer gefallen, dann ließ sich darüber ausschweifend reden. So wie über den italienischen Regisseur und Schriftsteller Pier Paolo Pasolini, der im November 1975 von einem Stricher erschlagen wird.

Oder Stummfilmlegende Ramon Novarro, 1968 von zwei Strichern ermordet. Oder der Schweizer Komponist Robert Oboussier, 1957 ebenfalls ermordet von einem Strichjungen. An Oboussier erging sich die Presse nach der Tat ebenso, wie sie sich auch an anderen schwulen Opfern erging: Waren sie nicht selbst schuld an ihrem Ende? Waren nicht das „Laster“ und die „abwegige Leidenschaft“ dem Getöteten zum „Fallstrick“ geworden?

Dass sich diese Zeiten einmal ändern, dafür sah Insel-Autor Wesely bereits 1952 nur einen Ausweg: „Es müßte jedes Andersveranlagten heiligste Pflicht und Schuldigkeit sein, sich offen zu seiner Veranlagung zu bekennen, um die eingefahrenen Altweibervorurteile der Öffentlichkeit dadurch zu Fall zu bringen, daß man der Welt seine edelsten Kräfte offen zeigt und daurch beweist, daß ein Homosexueller dem Heterosexuellen an seelischem Reichtum und ethischen Werten nicht nachsteht, ja ihn oftmals überragt.“

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6 Kommentare

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  • F
    Felix

    Na, heute wird sich doch der Allgemeinheit präsentiert, alljährlich auf dem CSD.

    So bekommen Kreti und Pleti was mit von der Schwulen Welt, die sich darin zu erschöpfen scheint, sich in Lack und Leder, möglichst Klischeehaft zu präsentieren.

     

    Anwälte Ärzte und andere noblen Kräfte der Gesellschaft? Fehlanzeige, laut tuntiges Anderssein wird gezeigt , sonst nichts.

    Und der Rest von uns verbringt die verbleibende Zeit damit den Leuten klar zu machen dass man in seiner Freizeit sich nicht laut kreischend zu Rosenstolz bewegt und dabei seine angeklebten Engelsflügeln wackeln lässt, und kein Nonnenkostüm im Schrank hat.

  • A
    Alfred-Kinsey-Kenner

    @"Heteronormativer":

     

    Eifriges faktenfernes Geschreibsel von verunsicherten Menschen, die sich an den Herrschaftskonstrukten der Klassengesellschaft festklammern und auch alle anderen in diesem/r gefangenhalten wollen.

     

    Dagegen helfen nur empirisch belegte Fakten - auch wenn sie nach über 50 Jahren immer noch ignoriert werden:

     

    "90% bis 95% der Menschen sind zu einem gewissen Grad homosexuell."

     

    Soviel reicht eigentlich schon zu:

     

    "Das Ganze ist eben nicht gesellschaftlich determiniert."

     

    Bleibt die klare Forderung: Schluss mit der Aufherrschung von zweigeschlechtlicher und heteronormativer/-sexistischer Ordnung.

  • Q
    "Heteronormativer"

    Agnostikerbaer schrieb: "eine Gesellschaftlichkeit, in der das soziale oder biologische Geschlecht bei der Partnerwahl keine Rolle mehr spielt"

     

    So ein Unsinn. Bei der Partnerwahl ist doch in keinster Weise die Gesellschaft determinierend.

     

    Ich wähle meine Partnerin bestimmt nicht nach "Gesellschaftlichkeit" aus, d.h. es ist mir sowieso egal was die Gesellschaft denkt. Und ich werde bestimmt nicht aus "Gesellschaftlichkeit" auf Männer umschwenken, denn auf die stehe ich nun mal nicht. Genauso wenig wie sie wahrscheinlich eine Frau wählen würden. Ansonsten machen sie das doch einfach und lassen sich nicht von ihrer "Gesellschaftlichkeit" einen männlichen Partner diktieren wenn das so funktioniert wie sie schreiben. Keiner kann was für seine sexuellen Vorlieben, auch die Heterosexuellen werden durch Genderpolitik nicht plötzlich schwul oder sonstwas (so wie die Schwulen nicht zu Heterosexuellen umgekrempelt werden können). Das ganze ist eben nicht gesellschaftlich determiniert (auch wenn Gendermainstreaming uns so etwas glauben machen will).

  • A
    Agnostikerbaer

    Wirkliche Emanzipation wäre wohl nicht der öffentliche Bekenntniszwang, das geforderte Bekenntnis zum "Anderssein" sozusagen, sondern die Negation der heteronormativen Matrix und eine Gesellschaftlichkeit, in der das soziale oder biologische Geschlecht bei der Partnerwahl keine Rolle mehr spielt ...gras

  • A
    Agnostikerbaer

    Wirkliche Emanzipation wäre wohl nicht der öffentliche Bekenntniszwang, das geforderte Bekenntnis zum "Anderssein" sozusagen, sondern die Negation der heteronormativen Matrix und eine Gesellschaftlichkeit, in der das soziale oder biologische Geschlecht bei der Partnerwahl keine Rolle mehr spielt ...gras

  • T
    Tobias

    Danke für den sehr erhellenden Artikel. Manche der Insel Magazine sind noch im Archiv des schwulen Museums Berlin zu finden.