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Die iPad-Klasse von Hatten

PAPIERLOSES KLASSENZIMMER In einer Schule im Landkreis Oldenburg hat die Zukunft schon begonnen: Der Unterricht findet mithilfe von iPads statt, die Tafel und Hefte ersetzen

Größtes Hindernis des tabletgestützten Unterrichts: der hohe Qualifizierungsbedarf der Lehrkräfte

AUS HATTEN MAIK NOLTE

Eine kleine, herkömmliche Tafel hängt noch im Klassenzimmer; etwas verschämt in der Ecke; sie dient wohl als Back-up, falls die Technik mal versagen sollte. Den zentralen Platz an der Wand nimmt ein Whiteboard ein, das Tafelbild wird durch einen Beamer erzeugt, der wiederum an einem Notebook hängt – und auch die Schüler der Klasse 8 a der Waldschule Hatten im niedersächsischen Landkreis Oldenburg arbeiten nur noch selten mit Heft und Füller. Jeder einzelne hat ein iPad vor sich, auf dem die Aufgaben gelöst werden. Federmappen, Ringblöcke und Bücher sind hier weitgehend überflüssig geworden.

Hans-Gerd Cordes gibt gerade Matheunterricht und lässt seine Schüler einen Test, nun ja, „schreiben“. Es geht um Zinsrechnung, und die Aufgaben der herangezogenen Internet-Lernplattform bieten mehrere Antwortmöglichkeiten, von denen nur eine richtig ist. Raten hilft den Schülern freilich nicht, sie müssen auch den richtigen Lösungsweg nennen – ganz altmodisch mündlich. Das funktioniert, wenngleich Cordes einräumt, dass der Digitalunterricht im Bereich Mathe noch verbesserungswürdig sei – es fehle an brauchbaren Apps.

Am Ende der Stunde fasst einer der Schüler die Ergebnisse in einer Präsentation zusammen, die er nebenbei erstellt hat, das Ganze wird auf den Schulserver hochgeladen. Früher wurde einfach die Tafel abgewischt, sagt Klassenlehrer Eyk Franz – heute lassen sich die Unterrichtsergebnisse archivieren und jederzeit wieder aufrufen.

Das ist nur einer der Vorteile des digitalen Unterrichts. Ein anderer ist ganz offensichtlich: Die Schüler müssen keinen Atlas mehr zur Schule schleppen, wenn Erdkunde auf dem Stundenplan steht. Das Tablet macht’s möglich. Er habe sein Papieraufkommen um 80 Prozent reduziert, sagt Franz. Klassenarbeiten werden allerdings noch auf die herkömmliche Weise geschrieben.

In der Schule gibt es bereits mehrere Notebook-Klassen, allerdings seien Tablets wegen der unkomplizierten Bedienung besser geeignet, findet Medienpädagoge Andreas Hofmann. Der schon beinahe etwas futuristisch anmutende Unterricht hat seinen Preis: Die Eltern bezahlen für die Geräte 18 Euro im Monat, drei Jahre lang. Ein Teil des Geldes geht in einen Sozialfonds, mit dem einkommensschwächere Familien bei der Anschaffung unterstützt werden.

Die allermeisten Eltern freuen sich über das Angebot, sagt Medienpädagoge Hofmann – wohl auch nicht zuletzt deshalb, weil viele wenig Einblick darin haben, was ihre Kinder mit diesen Geräten tun. In der Schule dagegen lässt sich das Internetverhalten in den Unterricht einbetten, die Schüler können bei Fragen schnell reagieren und eine Onlinerecherche durchführen – und bei dieser Gelegenheit lassen sich auch gleich die damit verbundenen Fallstricke thematisieren: Wie googelt man richtig? Warum landet man fast immer bei der Wikipedia – und wie weit kann man der eigentlich trauen? Dem Lehrer biete sich die Möglichkeit zu erklären, weshalb das Onlinelexikon so oft unter den ersten Treffern zu finden ist, wie es strukturiert ist, wie Suchmaschinen arbeiten.

Das erfordert entsprechende Kenntnisse, und das wiederum ist, wenn vielleicht kein regelrechter Nachteil, so doch wohl das größte Hindernis des tabletgestützten Unterrichts: der hohe Schulungs- und Qualifizierungsbedarf der Lehrkräfte. Außerdem mangele es noch an brauchbarem Lehrmaterial seitens der Verlage: Was die derzeit zu bieten hätten, seien „im Wesentlichen Schulbücher als PDF“, klagt Klassenlehrer Franz. Aber daran werde sich in Zukunft hoffentlich etwas ändern: „Man kann nicht mit den Methoden von gestern die Jugend von heute auf das Morgen vorbereiten.“

Die ständige Verfügbarkeit von Internetangeboten oder Spielen könnte sich als Problem erweisen, aber nicht unbedingt als neues, meint Franz: Manche Schüler lassen sich eben leichter vom Unterricht ablenken als andere, das war schon vor den Tablets so. Damals habe man eben „Schiffe versenken“ gespielt. Auch in diesem Punkt sind die Lehrer gefordert.

Und manche Dinge bleiben eh, wie sie immer waren: Denn natürlich ist es auch mit iPad möglich, Hausaufgaben schlicht und einfach zu vergessen. Nur die klassische Ausrede mit dem Hund, der sie gefressen hat – die funktioniert nicht mehr.

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