piwik no script img

Nationaler RadverkehrsplanMehr Räder für weniger Geld

Mit dem „Radverkehrsplan 2020“ soll der Fahrrad-Anteil am Verkehr wachsen. Konkrete Maßnahmen fehlen – und die Mittel werden gekürzt.

Mit dem Radverkehrsplan will die Bundesregierung noch mehr Fahrradfahrer auf die Straße locken. Bild: dapd

BERLIN taz | Die wachsende Bedeutung des Fahrrads als Verkehrsmittel ist in der Politik ganz oben angekommen. Nicht nur, dass Umweltminister Peter Altmaier (CDU) und Regierungssprecher Steffen Seibert sich regelmäßig im Berliner Regierungsviertel damit fortbewegen.

Nun hat sich auch die ganze Regierung offiziell zur Förderung des Radverkehrs verpflichtet. Im „Nationalen Radverkehrsplan 2020“, den das Kabinett am Mittwoch beschloss, wird das Ziel festgelegt, dass bis 2020 mindestens 15 Prozent aller Wege in Deutschland mit dem Fahrrad zurückgelegt werden sollen. Derzeit sind es 10 Prozent.

Um das zu erreichen, stellt der Plan eine Vielzahl von Vorschlägen zusammen, zu denen vor allem mehr und bessere Radwege und -abstellanlagen, aber auch verbesserte Kommunikation und mehr Bemühen um Sicherheit gehören. Weil für viele Maßnahmen die Kommunen zuständig sind, will der Bund diese mit gezielter Beratung unterstützen – vor allem jene als „Einsteiger“ bezeichnete Städte, in denen der Radverkehr bisher deutlich unter 10 Prozent liegt.

Diese sollen von den Erfahrungen der „Vorreiter“ wie Greifswald profitieren, wo 44 Prozent aller Wege mit dem Rad zurückgelegt werden. „Wir nehmen unsere Rolle als Moderator, Koordinator und Impulsgeber des Radverkehrs wahr“, sagte Verkehrsminister Peter Ramsauer (CSU). Neue Stellen sind dafür im Ministerium allerdings nicht geplant.

Ohne ausreichende Finanzierung „nicht glaubwürdig“

Zudem kündigt der Bund an, weiterhin den Neubau und Unterhalt von Radwegen entlang von Bundesstraßen zu finanzieren. In den vergangenen zehn Jahren seien dafür 877 Millionen Euro ausgegeben worden. Diese Mittel sind allerdings rückläufig: Während 2010 noch 100 Millionen Euro zur Verfügung standen, sind es in diesem Jahr 73 Millionen; im (noch nicht verabschiedeten) Haushalt 2013 sind weitere Kürzungen vorgesehen. Zur Begründung verwies ein Sprecher von Ramsauer auf die „grundsätzliche Unterfinanzierung im Verkehrshaushalt“.

Das stieß bei den Grünen auf Kritik. Angesichts des über 10 Milliarden Euro schweren Etats für Verkehrsinfrastruktur seien die Kürzungen „Realsatire“, sagte Verkehrsexperte Stephan Kühn. Ohne ausreichende Finanzierung sei es „nicht glaubwürdig“, dass der vorgelegte Radverkehrsplan auch umgesetzt werde.

Der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC) begrüßte den Radverkehrsplan als „wichtiges Signal“. Allerdings fehlten konkrete Vorschläge, wie die genannten Ziele erreicht werden sollen, sagte Sprecherin Bettina Cibulski der taz. Die Gewerkschaft der Polizei kritisierte, dass die Strafen für Radfahrer bei Verkehrsverstößen nicht verschärft werden. Während Minister Ramsauer in der Vergangenheit ein entschlosseneres Vorgehen gegen vermeintliche „Kampfradler“ angekündigt hatte, heißt es im Radverkehrsplan lediglich, es solle geprüft werden „ob und inwieweit das Sanktionsniveau im Bereich Radverkehr erhöht werden soll“.

Dabei gehe es aber nicht nur um Verstöße von Radfahrern, sondern auch um Autofahrer, die Radfahrer gefährden – denn die meisten Fahrradunfälle würden nicht von Radfahrern, sondern von Kraftfahrzeugen verursacht. Während die Zahl tödlich verunglückter Radfahrer in den letzten zehn Jahren zurückging, blieb die Zahl der Verletzten konstant hoch.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

5 Kommentare

 / 
  • I
    Ichbinschonaelterundweissmehr

    Lieber Journalist, man muss ja nicht Staatsfan sein, aber lesen und denken und als Jounalist, wenn schon nicht recherchieren, wenigstens googeln sollte man schon drauf haben. Es ist eben nicht so, dass JETZT EIN Nationaler Radverkehrsplan losgetreten wurde, schlimm, schlimm: es ist mindestens der ZWEITE, da der aktuelle bis 2012 galt. Was soll also das undifferenzierte Geblubber außerhalb der Kommentarkolumne? Mensch hat NO LUST weiter zu lesen, wenn schon die BASICS so verschludert sind.

     

    Gelobet und LEBET bitte ein MIIMUM an Journalismus, auch wenn ihr bei ner Zeitung jobbt und den Deutsch-LK für doof befunden haben solltet.

     

    Danke an WALDI für seine zutreffende Beschreibung der Journalisten als Abschreiber

  • V
    velophil

    Durch das Separieren der Verkehrsarten hat sich die Zahl der kurzsichtig und nicht vorausschauend fahrenden/agierenden Verkehrsteilnehmer erhöht. Nicht die angepasste und vorausschauende Fahrweise wird von der Ordnungshut kontrolliert, sondern lediglich das Einhalten der Spur und Rotlichtverstöße. Wie dann allerdings während der Grünphase in der Spur gefahren wird, wird nicht kontrolliert.

     

    Ich bin auch froh wenn kaum noch "Radwege" gebaut werden sollten, allerdings braucht man dann einen angemessenen Fahrbahnquerschnitt. Viele Fahrbahnen sind ja zugunsten von "Radwegen" auf dem Bürgersteig verengt worden. Auch die angehängten Radwege an Bundes- und Landesstraßen sind fast immer Schrott (schlechter Unterbau und idiotische Verkehrsführung). Da waren mir die alten Bundesstraßen mit den Seitenstreifen viel lieber.

     

    Wem die Fahrradförderung wirklich wichtig ist, muss sich auch eingestehen, dass Radfahrer die wohl heterogenste Gruppe der Verkehrsteilnehmer sind, d. h. für eine Oma die nur innerhalb ihres Wohnquartieres Ihr Rad benutzt, reicht es, mit 8 km/h über den Bürgersteig zu kullern. Wer hingegen weitere Strecken mit dem Rad zurücklegt, muss konsequenterweise auch zügiger unterwegs sein und ist deshalb auf die Fahrbahnnutzung angewiesen.

  • L
    Lykoperipatos

    "Shared Space" ist das Stichwort.

    http://de.wikipedia.org/wiki/Shared_Space

     

    Shared Space im Stadtraum spart Geld und erhöht die allgemeine Verkehrssicherheit und löst gleichzeitig das Probleme der Lärmbelästigung.

    Die resultierende Etateinsparung fließt in die Subventionierung von E-Bikes.

    So könnte unabhängige Verkehrspolitik aussehen

  • L
    Lykoperipatos

    "Shared Space" ist das Stichwort.

    http://de.wikipedia.org/wiki/Shared_Space

     

    Shared Space im Stadtraum spart Geld und erhöht die allgemeine Verkehrssicherheit und löst gleichzeitig das Probleme der Lärmbelästigung.

    Die resultierende Etateinsparung fließt in die Subventionierung von E-Bikes.

    So könnte unabhängige Verkehrspolitik aussehen

  • Z
    zebra

    So verrückt es klingt, als radfahrender Mensch bin ich froh, wenn es keine Radwege gibt. Radwege sind Erfindungen, um auf den Straßen besser rasen zu können. Nur jeder fünfte Unfall zwischen Autos und Fahrrädern findet nicht auf einem Radweg statt. Sobald ich auf der Straße fahre, werde ich gesehen. Nur auf dem Radweg rechnen gerade die Raser nicht mit uns.

    Daher bin ich nicht unglücklich wenn es kein Geld mehr gibt, um diese eigentlich fahrradfeindlichen Rad-weg-Wege zu finanzieren. Die Straße ist für alle da!