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Kommentar OstkongoUnkoordinierte Soldaten

Kommentar von Simone Schlindwein

Eine regionale Friedenstruppe im Ostkongo macht Sinn. Aber eine neue Truppe wird den ohnehin schon schwierigen Einsatz noch verkomplizieren.

I mmerhin: Die Regierungen im Herzen Afrikas bemühen sich um eine Lösung für den Kongo-Konflikt, der im April erneut ausbrach. Denn die Geschichte hat gezeigt, dass Bürgerkriege in einem dieser Länder – vor allem im Kongo – stets die ganze Region der Großen Seen destabilisieren.

Ein regionaler Friedensansatz macht Sinn. Zumal ganz klar ist: Kongos Armee wird mit der Krise derzeit nicht alleine fertig. Die M23-Rebellen in Schach zu halten, kostet sie alle Ressourcen. Gleichzeitig nutzen Dutzende andere Milizen – ausländische wie lokale – geschickt die Lage aus, sich mehr Territorium zu erbeuten. Kongos Regierung setzt deswegen alle Hoffnung auf Hilfe aus den umliegenden Ländern; allerdings unter strikten Bedingungen.

Die Beweislage ist einfach zu erdrückend, dass Ruanda die M23-Rebellen unterstützt. Die Rolle Ugandas ist noch immer nicht ganz aufgeklärt. Immerhin, der internationale Druck, Finanzhilfen für Ruanda auszusetzen, hat das Regime in Kigali bewogen, den Beschlüssen zuzustimmen, „neutrale“ Truppen entlang der Grenze zu stationieren.

Simone Schlindwein

ist taz-Korrespondentin in Kampala.

Die praktische Umsetzung wird allerdings problematisch. Man bedenke: Die UNO hat seit 2002 bis zu knapp 20.000 Blauhelme im Dschungel stehen, die meisten im Ostkongo – zum Teil kämpfen sie Seite an Seite mit Kongos Armee. Doch zu oft kommt es vor, dass sich Kongos Soldaten und UN-Blauhelme gegenseitig beschießen oder sich im Weg stehen. Eine dritte Truppe – seien es tansanische, angolanische oder südafrikanische Einheiten – würde die Koordination weiter komplizieren.

Zumal der Beschluss der Regierungschefs so weit geht, dass nicht nur die M23-Miliz, sondern auch die FDLR und „weitere negative Kräfte“ gleichzeitig bekämpft werden sollen. Das sind Dutzende Milizen, die sich im Dschungel gut auskennen und einige Kampferfahrung haben.

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3 Kommentare

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  • R
    rita

    Dietmar Rieth:

     

    Wenn ich ihren Kommentar so lese, könnte ich annehmen, dass die UNO und die EU so eine Art "Oberherrschaft" haben in dem betroffenen Gebiet und die alleinige Verantwortung für das, was jetzt dort passiert, auf den Schultern der UNO Mission lastet, der es nicht gelungen ist, für Sicherheit zu sorgen.

    Offensichtlich vergessen Sie, dass es da auch Regierungen gibt, die international anerkannt werden und für Ihre Länder verantwortlich sind.

     

    Sie schreiben, "das Krieg und Verfolgung der Hemmschuh in der Entwicklung dieser Region darstellen", und das ist sicherlich nicht falsch.

    Aber Krieg und Verfolgung in dieser Region haben auch einen Grund, (und damit meine ich sicher nicht die angebliche Unterstützung der Rebellen durch Kagame). Die desolate Situation in diesem Gebiet hat sehr viel damit zu tun, dass die verantwortlichen Politiker ihrer Verantwortung nicht gerecht werden. Leider findet diese Seite der Angelegenheit viel zu wenig Beachtung. Geredet und geschrieben wird immer nur über den Krieg, die Unsicherheit, die Rebellengruppe.

    Warum aber die Soldaten der kongolesischen Armee nicht in der Lage sind, auch nicht zusammen mit UNO-Unterstützung, die Lage in Griff zu kriegen, darüber wird kaum nachgedacht.

    Die bittere Armut, der Mangel an Ausrüstung etc. in der Armee, der Mangel überhaupt, in einem Land, das reichlich mit Bodenschätzen, fruchtbarem Land und Wasser gesegnet ist - das alles wird offensichtlich als naturgegeben angesehen.

    Zwar heißt es, dass die Bodenschätze an den Kriegen schuld sind - aber das kann doch wohl nicht die Generalerklärung für alles sein.

    Warum fragt Niemand nach den Verantwortlichen in der Regierung der DR Kongo? Werden diese Leute sowieso nicht für voll genommen vielleicht? Wieso wird diese Regierung dann aber international anerkannt? Eine Regierung von Schwachsinnigen, Bekloppten, Unfähigen?

    Ich kapiere es nicht und werde es nie kapieren, dass Krieg und Besatzung (was es ja letzten Endes sein wird) das Mittel sein soll, wenn unfähige Machthaber das Land ruinieren.

  • DR
    Dietmar Rieth

    Ob eine regionale Friedenstruppe der Anrainerstaaten um die Großen Seen Sinn macht, hängt einzig und allein von dem angestrebtem Auftrag und dem meßbaren Ergebnis ab. Gleichzeitig wäre das natürlich wieder einmal eine gewisse Bankrotterklärung für die UNO Mission die es seit zehn Jahren nicht schafft in dieser Region für eine verlässliche Staatlichkeit und Sicherheit zu sorgen. Wenn man wie wir das in der Partnerschaft zwischen Rheinland-Pfalz und Ruanda aus dem Nachbarland Ruanda verfolgen und die dortige innerstaatliche positive soziale, kulturelle und wirtschaftliche Entwicklung seit 1994 wahrnehmen, wird schnell klar das ohne eine klare Vorstellung was denn dort geschehen soll es nicht zu einer stabilen und sicheren Entwicklung kommen kann. Falsch wäre es vor diesem Hintergrund auch Ruanda einseitig in die Verantwortung und Pflicht zu nehmen, hier überlagern sich eine ganze Reihe von Interessen die bis weit in die Kolonialzeit im 19. Jahrhundert zurückreichen. Insofern ist der Weg den die OAU zu gehen beabsichtigt politisch und militärisch wohl notwendig, um vielleicht auch so eine weitere Hürde auf dem Weg zu den vereinigten Staaten von Ostafrika zu nehmen. Den Relapolitikern in der Region ist klar das die Kolonialentscheidungen nicht mehr umzukehren sind aber das Krieg und Verfolgung der Hemmschuh in der Entwicklung dieser Region darstellen. Wird dies überwunden stellen sich auch positive wirtschaftliche Entwicklungen ein wie mittlerweile Ruanda, Uganda, Tansania und Kenia beweisen.

    Ich hoffe das dann unser Nachbarkontinent Afrika auch in dieser zentralen Region die Chance auf eine echte partnetrschaftliche Zusammenarbeit mit Europa entwickeln kann.

  • R
    rita

    Ob eine "Regionale Friedenstruppe" hier wirklich so viel Sinn macht? Ob das der Bevölkerung endlich Frieden und Ordnung bringt? Ehrlich gesagt, wage ich das zu bezweifeln.Es bringt wahrscheinlich so viel Frieden, wie die Bomben, die kürzlich auf den Virunga-Nationalpark geworfen wurden. Abgesehen davon, dass die Koordination der verschiedenen Truppen so schwierig ist, kann ich mir vorstellen, dass dieses Eingreifen von außen den Widerstandswillen der Rebellen nur noch verstärkt. Sicher keine schöne Aussicht für die Menschen, die unter den Rebellen genauso zu leiden haben wie unter der regulären Armee. Zumal ja inzwischen wohl in einigen Gebieten immer weniger zu unterscheiden ist zwischen Rebellen und regulärer Armee, weil die Unzufriedenheit in der FARDC so groß ist, dass immer mehr Soldaten und auch höhere Ränge offen oder verdeckt mit Rebellen paktieren, bzw. überlaufen.

    Wie soll eine solche Armee auch später den Frieden sichern?

    Dann wäre doch eine dauerhafte Besetzung durch ausländische Truppen die logische Folge.

     

    Wieso wird kein Druck auf Kabila ausgeübt, seine Truppen mal ein bißchen in Ordnung zu bringen? Ordentlicher Lohn bei zuverlässiger Auszahlung, ordentliche Ausrüstung und Verpflegung. Ich bin sicher, dass würde die Moral der kongolesischen Truppen schon so sehr heben, dass große Reden von Einigkeit und Patriotismus gar nicht mehr nötig wären. Und nebenbei wirklich ernsthaft verhandeln mit den Rebellen, die ernsthafte Forderungen erheben (statt einfach nur wahllos eingliedern) und die verfolgen, die offensichtlich nur Terror säen. So schwer dürfte das nicht sein mit Truppen, die sich im Gelände auskennen und motiviert sind. Wobei gerade Letzteres auf die kongolesischen Truppen nicht zutrifft und beides nicht auf Fremde. Und da so offensichtlich niemand gewillt ist, in dieser Weise auf die kongolesische Führung einzuwirken, dürften die Menschen im Osten Kongos einer nicht besonders guten Zeit entgegensehen. Und nicht nur dort, auch im Rest des Landes macht sich der Konflikt auf Dauer sicherlich bemerkbar.