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Kolumne MännerHelft auch den Kerlen!

Matthias Lohre
Kolumne
von Matthias Lohre

Jenny Elvers-Elbertzhagen kommt nach ihrem Suff-Auftritt in die Entzugsklinik. Männer haben da weniger Glück.

Wer hilft eigentlich diesen armen Männern? Bild: dapd

J enny Elvers-Elbertzhagen hat’s gut. Vergangene Woche saß sie noch in einem Fernsehstudio und sagte betrunken Sachen wie: „Meinen Namen tanzen konnte ich schon immer.“ Sie wirkte hilflos in ihrem Suff. Doch schon zwei Tage später hatte ihr liebender Ehemann sie in eine Entzugsklinik eingeliefert. Männer können von dieser Unterstützung nur träumen.

Hilfreich war in diesem Fall wieder mal die Bild: „Nach Lall-Auftritt im NDR! Jenny Elvers Entzugsklinik“ titelte das Blatt nach dem Auftritt der Schauspielerin in der Sendung „DAS!“. Der Bild entgeht aber auch nichts. „DAS!“ läuft nämlich auf dem Sender, den kaum einer guckt, und ist die Sendung, die niemand guckt. Trotzdem klappte alles: Live-Sendung schauen, Geschichte aufs Titelblatt heben, und ab in die Entzugsklinik mit der Armen. Toll. Warum kümmern sich Menschen – und die von der Bild – in vergleichbaren Situationen nicht so fürsorglich um Männer?

Was beispielsweise muss Helmut Berger denn noch tun, dass man ihm hilft? Berger war in den siebziger Jahren sehr schön. Deshalb platzierte ihn sein Regisseur und Lebenspartner Luchino Visconti bildfüllend in mehreren Filmen, etwa „Ludwig II“. Seit Viscontis Tod ist Berger offensichtlich orientierungslos. Der Tod liegt 36 Jahre zurück.

privat
MATTHIAS LOHRE

ist Parlamentsredakteur der taz.

Niemand bewahrt Berger davor, sich in Interviews wie diesem mit der FAZ solche Sätze anzuhören: „Legendär ist Ihr Auftritt bei einem Empfang der monegassischen Fürstenfamilie, als Sie nach der Einnahme von Kokain in die Hose machten.“ Und leider hindert auch kein liebender Mensch den zumindest betrunkenen Berger daran zu antworten: „Ach, diese Geschichte, schnarch, das ist ewig her. Aber ich hab mich ja nicht absichtlich angeschissen. Ich hab nur gefurzt, und weil ich schlechtes Kokain bekommen hatte, kam hinten was anderes raus.“

Oft wird Künstlern ja unterstellt, sie brauchten nun mal Alkohol, denn er unterstütze ihre Kreativität. Dass das Unsinn ist, beweist Til Schweiger. Der Kleindarsteller erhielt 2011 den „Querdenkerpreis“. Die Vergabe an Schweiger legt in der Tat die Frage nah, wie quer die Verleiher des Preises denken.

Bei der Zeremonie lallte Schweiger mehrere Minuten lang ungehindert ins Mikro. „Glaubt an das“, sagte er mit großer Emphase, „an was ihr glaubt.“ Applaus. Als die Moderatorin fragte, woran er denn glaube, antwortete Schweiger: „Til Schweiger glaubt an …“

Warum gilt öffentlicher Suff bei Männern immer noch als chic, zumindest aber als okay? Warum hilft niemand den Kerlen, die doch offensichtlich nach Rettung aus ihrer Misere rufen, wie Elvers-Elbertzhagen geholfen wurde?

Stellen Sie sich mal vor: Helmut Berger hätte sein blendendes Aussehen zumindest teilweise ins Alter retten können. Und seinen weißen Anzug, den er in Monaco trug. Ja, gingen wir alle mit Männern mitfühlender um, wäre uns, Frauen wie Männern, so manches erspart geblieben: schwere Verkehrsunfälle. Die Verlängerung des Vietnamkriegs durch den alkoholkranken US-Präsidenten Richard Nixon. Vielleicht sogar „Zweiohrküken“.

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Matthias Lohre
Schriftsteller & Buchautor
Schriftsteller, Buchautor & Journalist. Von 2005 bis 2014 war er Politik-Redakteur und Kolumnist der taz. Sein autobiographisches Sachbuch "Das Erbe der Kriegsenkel" wurde zum Bestseller. Auch der Nachfolger "Das Opfer ist der neue Held" behandelt die Folgen unverstandener Traumata. Lohres Romandebüt "Der kühnste Plan seit Menschengedenken" wird von der Kritik gefeiert.
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7 Kommentare

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  • K
    Kalle

    Diese Kolumne hat mal so vor Witz und Selbstbewusstsein gesprüht, aber mittlerweile ist sie vorwiegend nur noch weinerlich.

     

    Ja, Emanzipation kann, soll, muss auch Männern Vorteile bringen und weil sie damit später angefangen haben als die Frauen, gibt es da auch noch sehr viel zu tun.

    Stimmt ja alles.

    Dann sollte man von den klügeren Seiten der Frauenbewegung aber auch ab und zu mal ein paar Erkenntnisse aufgreifen wie zum Beispiel "Wenn man wartet, bis die Männer ihre Privilegien freiwillig abgeben, kann man lange warten."

     

    Und nicht immer nur heulen, wie ungerecht die Welt ist. "Emanziperte" Frauen, die alles nur auf die patriarchale Welt schieben und nicht einfach mal das machen, was sie für richtig halten, nimmt aus gutem Grund ja auch schon lange niemand mehr ersnt.

     

    Also viellecht einfach mal n paar Strategien entwickeln, wie man das kulturelle Stereotyp durchbrechen kann, dass ein echter Kerl tringen kann und was verträgt (oder welches Stereotyp einen eben gerade interessiert).

    Und dann durch ne lustge Geschichte ganz subtil an den Mann und die Frau bringen, nicht durch lange theoretische Erwägungen..

     

    Die schriftstellerichen Qualitäten haben Sie dafür, Herr Lohre. Sie müssten nur von Ihrer weinerlichen Phase dann auch mal wieder runterkommen.

  • A
    aujau

    Als mit männlichen Alkoholikern verwandte Person kann ich nur darauf hinweisen, dass die sich auch helfen lassen sollten, wenn das denn Erfolg haben soll. Auußerdem müssten Betroffene selbst mal Therapieplätze politisch einfordern. Dem würde ich mich dann gerne anschließen.

  • O
    oranier

    @ Ingrid Stanimirov

     

    Fraglich, was der Kommentar hier zu suchen hat, aber wenn schon: Bevor Sie die Forderung nach sog. "Wettbewerb", also nach Privatisierung hier erheben, machen sie sich vielleicht mal über den Zustand der britischen Eisenbahnen schlau oder nach dem der privatisierten A1 zwischen Bremen und Hamburg.

     

    @ MATTHIAS LOHRE

     

    "Die Vergabe an Schweiger legt in der Tat die Frage nah, wie quer die Verleiher des Preises denken."

     

    Für diese Bemerkung gebührt Ihnen allerdings ein Geradeaus-Denker-Preis.

  • RA
    ralf ansorge

    als aufmerksamer leser des,na ja,qualitätsjournalismus hat man mitlerweile mitgekriegt ,daß til schweiger und Ihr journalisten irgendwie ein suboptimales verhältnis zueinander habt.LAAANGWEILIG!!!!verschont doch dieleser mit euren zickereien

  • IS
    Ingrid Stanimirov

    Zum Kommentar von Ingo Arzt betr. die Deutsche Bahn AG:

    Warum sollte es zu spät sein Stuttgart 21 zu stoppen?

    Bisher hat die Bahn mit Brachialgewalt alles zerstört, was ihrem Wahnsinnsprojekt im Wege stand, allein gebaut hat sie gar nichts und kann sie auch weiterhin nicht, da ihr die Genehmigung fehlt, 6,8 Mrd. Liter Wasser abzupumpen. Richtig ist, dass es genügend Bewerber gibt, die den jetzigen Kopfbahnhof weiterhin anfahren wollen, so dass, mal voraussgesetzt, dass in 20 oder 30 Jahren die unterirdische Haltestelle mal fertig sein wird, oben trotzdem und wahrscheinlich mehr denn je Züge fahren werden. Fazit: Endlich die Schienenwege und die gesamte Infrastruktur der Bahn AG wegnehmen und dann den Wettbewerb zulassen. Wir alle und unsere Vorfahren haben diese Infrastruktur finanziert, sie gehört uns allen, sie ist kein Spekulationsobjekt. Oben bleiben!

  • W
    willibald

    @Peter Lohre: Guter Artikel!

    "Helft auch den Kerlen" Ähnliche Gedanken sind mir in Bezug auf zahllose sogenannte Promis und Nicht-Promis schon bei allen möglichen Gelegenheiten in den Sinn gekommen. Scheinbar kann man (... oder will man?) Niemanden daran hindern sich selbst und ihm nahestehende Menschen mit allen Kräften bloßzustellen.

    Womit sollten Yellowpress und Trash-Talkshows auch sonst ihre jämmerlichen Existenzen begründen?

  • V
    vic

    "Kolumne von"

    Wem?

    Ach egal, war gut.