piwik no script img

Kommentar „Umfairteilen“Druck auf SPD und Grüne

Christian Jakob
Kommentar von Christian Jakob

Die Kampagne „Umfairteilen“ zielt auf SPD und Grüne. Mit ihrem anderen Ziel, einer Umverteilung von oben nach unten, ist das kaum vereinbar.

G ar nicht so tief in ihrem Herzen trauen viele Bewegungslinke es SPD und Grünen nicht zu, nach einer Regierungsübernahme wirklich Ernst zu machen mit der Umverteilung privater Vermögen. Gleichwohl haben sie entschieden, ihre auf den Bundestagswahlkampf zielende „Umfairteilen“-Kampagne ziemlich unverblümt auf die beiden Agenda-2010-Parteien auszurichten.

Bis zum nächsten Herbst wollen sie SPD und Grüne vor sich hertreiben, auf dass diese am Ende nicht anders können, als ihre Linksrhethorik auch wirklich in einem möglichen Koalitionsvertrag festzuschreiben.

Im Raum stehen dabei drei realpolitische Forderungen: die Vermögensabgabe, eine dauerhafte Vermögensteuer und ein höherer Spitzensteuersatz. Angesichts wachsender sozialer Verwerfungen wäre deren Verwirklichung in der Tat fast jedes Bündnis wert. So kann es als Zeichen politischer Beweglichkeit gelten, dass erstmals seit Langem ein Spektrum von Attac bis SPD gemeinsam zu einer Demonstration aufgerufen hat – wenngleich die Resonanz nicht überwältigend war.

Christian Jakob

ist Redakteur der taz.

Die Bereitschaft von SPD und Grünen, mit ins Boot der zivilgesellschaftlichen Kampagne zu steigen, ist naheliegend. Nachdem durch die Nominierung Steinbrücks endgültig jede rot-rot-grüne Option ausgeschlossen ist, ist es für sie umso wichtiger, das soziale Profil zu schärfen.

Das erhöht den Einfluss einer außerparlamentarischen sozialpolitischen Opposition. Es bedeutet jedoch auch, zum bewegungspolitischen Wahlkampfhelfer für jene SPD zu werden, die seit Jahren verhindert, dass eine linke Mehrheit CDU und FDP ablöst. Ob dies dem Ziel einer Umverteilung von oben nach unten dient, ist keineswegs ausgemacht.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Christian Jakob
Reportage & Recherche
Seit 2006 bei der taz, zuerst bei der taz Nord in Bremen, seit 2014 im Ressort Reportage und Recherche. Im Ch. Links Verlag erschien von ihm im September 2023 "Endzeit. Die neue Angst vor dem Untergang und der Kampf um unsere Zukunft". 2022 und 2019 gab er den Atlas der Migration der Rosa-Luxemburg-Stiftung mit heraus. Zuvor schrieb er "Die Bleibenden", eine Geschichte der Flüchtlingsbewegung, "Diktatoren als Türsteher" (mit Simone Schlindwein) und "Angriff auf Europa" (mit M. Gürgen, P. Hecht. S. am Orde und N. Horaczek); alle erschienen im Ch. Links Verlag. Seit 2018 ist er Autor des Atlas der Zivilgesellschaft von Brot für die Welt. 2020/'21 war er als Stipendiat am Max Planck Institut für Völkerrecht in Heidelberg. Auf Bluesky: chrjkb.bsky.social
Mehr zum Thema

4 Kommentare

 / 
  • H
    H.Ewerth

    Worte wie, Vermögenssteuer, Reichensteuer, Neiddebatte usw. lenken doch von dem eigentlichen Skandal ab.

    Man könnte diese Steuern alle vergessen, wenn sich nicht so viele Bürger in diesem Land, ganz legal arm rechnen könnten. So gut wie niemand in diesem Land, zahlt doch effektiv den Höchststeuersatz sondern nur nominal.

    In keinem anderen Land auf dieser Welt, gibt es ganz legal so viele Ausnahme Tatbestände im Steuerrecht wie in Deutschland. Von den illegalen möchte ich hier erst überhaupt nicht schreiben. Dann gibt es noch die vielen Steueroasen. Gewinne wurden und werden privatisiert, aber die Kosten sozialisiert. Glaubt denn wirklich einer, dass die so ersparten Steuern der Reichen, in der Schaffung von Arbeitsplätzen gesteckt wurden und werden? Das Geld wurde dazu verwendet um an den Börsen dieser Welt zu spekulieren. In die Realwirtschaft floss der kleinste Teil, wenn überhaupt.

    Wären die Produktivitätssteigerungen der letzten Jahrzehnte immer den Arbeitnehmern zugutegekommen, bräuchten wir uns um solche Themen überhaupt nicht kümmern. Dann ginge es in diesem Land, ein wenig „gerechter zu.

  • L
    Lenny

    Wie naiv kann man eigentlich sein? Sorry liebe Leute von der Kampagne „Umfairteilen".

     

    Glaubt ihr wirklich, es würde mehr dabei herauskommen, als dass man euch vor den Wahlkampfkarren spannt? Glaubt ihr wirklich diese beiden durch und durch neoliberale Parteien - gerade mit Steinbrück! - würden auch nur den Hauch eines echten Interesses für sozialer Gerechtigkeit haben?

     

    Statt diesen Zerstörern den Weg zu ebnen, sollte man sich konsequent gegen diese stellen und andere Parteien untertützen.

  • C
    Celsus

    Dem Mann wird doch Wirtschaftskompetenz nachgesagt und nicht eben soziale Kompetenz. Dieser Ruf wird einem von der deutschen Presse doch üblicher Weise erteilt, wenn willfährig alle Forderungen der Wirtschaft mitgetragen werden.

     

    Und wir können doch aufzählen, worin sich diese Kompetenz äußert: Senkung des Spitzensteuersatzes, Einführung von Hartz IV, Deregulierung der Finanzmärkte, Risikoanlagen auch von Landesbanken in den USA (Lehman Brothers), ...

     

    Es ist nicht unfair an die Auswirkungen dieser wahrhaftigen Inkompetenz zu erinnern. Statt sich als Gegner derartiger selbst von konservativen Wirtschaftswissenschaftlern als gefährlich bezeichneten Entwicklung zu wehren, hat er das alles mitgetragen. Nein. Kompetenz ist etwas anderes als die Taschen der Reichen zu Lasten der Armen zu füllen und lieber Steuern zu senken, als zu entschulden und soziale Belange zu fördern.

  • A
    Arne

    Na, irgendwie ist diese Bewegung auch komisch. Wenn es wirklich ihr Ziel sein sollte, ihre Auffassungen in die Politik reinzubringen, warum vermeidet sie dann gerade die Möglichkeit, dass sich Politiker wie z.B. Steinbrück oder Trittin konkret auf ihren Veranstaltungen äußern, wie sie dies denn umzusetzen gedenken?

    Stattdessen wird schon ein sehr merkwürdiges Theater gemacht, wenn ein ausländischer Politiker wie Tsipras mal spricht???