Stadt-Landwirtschaft: Bauern findens grün genug
Beim Treffen des Deutschen Bauernverbandes in Bremen wenden sich Landwirte vor allem gegen EU-Pläne zur Verbesserung der Biodiversität.
Die Stimmung ist gut bei Bremens Landwirtschaftsverbands-Präsidenten Hinrich Bavendam, denn seinem Berufsstand geht‘s gut: Die Erzeugerpreise sind stabil und teilweise sogar gestiegen, und in den kommenden sechs Monaten wollen die Landwirte 6,2 Milliarden Euro investieren – das ist fast eine Milliarde mehr als im vergangenen Halbjahr. Aber es gab auch einiges zu meckern bei der Klausurtagung des deutschen Bauernverbandes in Bremen: Höhere Futtermittel- und Energiepreise und die EU-Agrar-Politik, hier vor allem das angestrebte „Greening“. Deutschland sei „genug gegreent“, sagt Verbandspräsident Joachim Rukwied, und das gilt laut Bavendam auch für Bremen.
Was die EU-Agrarkomission ab 2014 unter dem Stichwort „Greening“ vorsieht, begrüßen Umweltverbände und Vereine wie die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL): 30 Prozent der Flächenprämien für Bauern, in Deutschland sind das mehr als 300 Euro pro Hektar, sollen dann zum Teil an Umweltauflagen gekoppelt sein. Die volle Prämie soll nur der Landwirt erhalten, der sieben Prozent seiner Äcker und Wiesen als ökologische Ausgleichsflächen ausweisen kann. Damit soll die Artenvielfalt gefördert sowie Wasser- und Bodenschutz verbessert werden. „Eine Idee aus der Mottenkiste“, nennt das Joachim Rukwied, denn Bauern betrieben zum Beispiel durch den Anbau von Senf „modernes Greening“. Befürworter des EU-Vorstoßes hätten ihm geraten, sich Norddeutschland anzuschauen, um einen Eindruck von den riesigen Agrar-Flächen zu erhalten. „Auf der Bahnstrecke zwischen Hannover und Bremen habe ich aber überall Hecken und Büsche und und Wasserläufe gesehen, da ist genug Biodiversität!“
In Bremen sei das nicht anders, findet Hinrich Bavendam: „Blockland ist durchzogen mit Wassergräben, das ist doch bereits gegreent.“ Er schließt sich der Meinung des Bauernverbands-Präsidenten an: „Sieben Prozent weniger Fläche bedeuten weniger Produktion und den Wegfall von Arbeitsplätzen.“ Laut Bavendam unterscheidet sich die Landwirtschaft im kleinen Stadtstaat nicht von der in den Flächenländern: „Die Betriebe mit einer Größe von mehr als hundert Hektar haben sich in Bremen innerhalb der letzten zehn Jahre verdoppelt.“ Viele Landwirte hätten ihre Höfe aufgegeben, „aber nicht, weil sie sich nicht mehr rentiert haben, sondern weil keiner der Erben den Hof übernehmen wollte“. In anderen Berufen ließe sich halt mehr und schneller Geld verdienen. Die freigewordenen Flächen seien von den anderen Bauern dann hinzu gepachtet worden.
Ungefähr die Hälfte der landwirtschaftlichen Fläche Bremens wird ökologisch bewirtschaftet, „und das hat nur zum Teil mit Idealismus zu tun“, meint Bavendam, der selbst konventioneller Milchviehbauer mit knapp 150 Tieren ist. Die Bio-Landwirtschaft biete sich wegen der großen Nähe zur Stadt an, wegen der kurzen Wege sowohl für Waren als auch für die Kunden.
Neben der EU-Politik waren Fachkräftemangel und der Tierschutz Themen der Tagung. Gerade beim Schweinefleisch, so Rukwied, fahre der Einzelhandel eine „Billigfleisch-Strategie“. Investitionen in besser ausgestattete Ställe könnten sich „allerdings nur dann amortisieren, wenn vor allem die Preise von Fleischprodukten steigen“. Hier seien neue Strategien des Einzelhandels gefragt.
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