Kolumne Kriegsreporterin: „Gala“ unabhängig? Hihi!
Syrien, Polschmelze, Bootsflüchtlinge – das ist abgestandener Bubble Tea. Wichtiger: Dramen um Pudel, Walser, „ttt“ und „Stern“.
H allo taz-Medienredaktion!
Ich habe keine Ahnung, wer Weiterbildungsmaßnahmen für Journalisten mit Bruce Darnell als Dozent anbietet, auf jeden Fall scheint das Seminar „Drama, Baby!“ gut gebucht zu sein. Quer durch die Republik griffen die Medien den Tod eines Hundes bei „Wetten, dass ..?“ als das „Pudel-Drama“ auf. Natürlich gab es auch „Tier-Drama“, „Hunde-Drama“ und ein „Drama“ ohne ergänzendes Hauptwort, einig war man sich aber darin, dass es ein „Drama“ sei, wenn ein Hund stirbt. Syrien, Polschmelze, Bootsflüchtlinge – das ist abgestandener Bubble Tea gegen das Drama um „Monarch“, wie das hässliche Tier hieß.
Bei Spiegel Online gab es obendrein ein „Literatur-Drama“. Denn total dramatisch hat Martin Walser in seiner Schusseligkeit sein Tagebuch in der Bahn liegenlassen. Klageweibern gleich stehen er und die Mitarbeiter des Rowohlt Verlags an den Gleisen zwischen Friedrichshafen und Innsbruck und bringen ihre Verzweiflung zum Ausdruck. Auch an dieser Stelle schöne Grüße nach Aleppo! Womit das Drama für Walser nicht ausgestanden ist. Wie taz-Wahrheit-Leser bereits mitbekommen haben, habe ausgerechnet ich es gefunden. Was sind 3.000 Euro Finderlohn gegen die Freude, den Inhalt mit anderen zu teilen!?
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Ein Drama spielt sich in den Augen des DJV-Vorsitzenden Michael Konken auch bei Gruner & Jahr ab, wo Christian Krug Chefredakteur des PR-Blattes Lufthansa Magazin und von der nur inoffiziell als PR-Blatt geltenden Gala sein wird. In dieser Doppelfunktion sei die „Unabhängigkeit“ der Gala „nicht mehr“ garantiert. Das finde ich total süß! Und freue mich, dass auch mal Männer keine Scheu haben, ihre Naivität zu zeigen. „Unabhängigkeit“ sei nicht „mehr“ gewährleistet!
Es spricht zwar für Konken, dass er keine Lifestyle- und Wohnzeitschriften liest und ihm somit gar nicht auffallen kann, dass ausgerechnet immer die Firmen im redaktionellen Teil vorkommen, die Anzeigenkunden sind. Diese Nichtkenntnis hat aber auch zur Folge, dass er nicht wissen kann, dass Gala gar nicht auf die Idee käme, über eine Firma kritisch zu schreiben. Schon gar nicht über so was Hübsches wie die Lufthansa.
Hirn-Drama
Das sind allerdings Kinkerlitzchen gegen das Hirn-Drama, das sich dieser Tage bei „Titel, Thesen, Temperamente“ abspielt. In der Redaktion der ARD-Sendung hat sich ein Schrumpfvirus verbreitet, der den Teil des Hirns frisst, der für „Frauen“ zuständig ist.
Zwei Befragungen hat die Redaktion für die Sendung am Sonntag auf der Buchmesse durchgeführt, einmal neun Personen vor die Kamera gestellt, einmal fünf. Darunter wie viele Frauen? Je Befragung eine. Im ersten Fall zeigt man genau genommen acht Männer und Désirée Nick. Was gleichbedeutend damit ist, acht Männer um ihre Meinung zu bitten und eine Schachtel Pralinen.
Gleichfalls erschreckend ist das Foto-Drama, das sich beim Stern abspielt. Das Blatt, einst Aushängeschild des Bildjournalismus, scheint derart auf den Hund gekommen, dass es seine Titel(!)geschichte vom Autor fotografieren lässt. Was dem Blatt 34 „Fotos“ einbringt, die Goofy nicht schlechter hätte machen können. Wobei der wohl seine Ganzkörperspiegelung in der Scheibe vermieden hätte.
Dass Qualität von Können kommt, bewies die Kollegin Annette Christine Hoch, die im Drama um den taz-Wahrheit-Satz-Unterbringungswettbewerb den Sieg davontrug. Sie ließ Kinder im Deutschlandradio über den neuseeländischen Haka philosophieren und bewies, dass es für das Radio noch Hoffnung gibt. Jedenfalls, solange Leute wie sie das Mikrofon halten. Mit einem „Herzlichen Glückwunsch!“ zurück nach Berlin!
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