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Die WahrheitDogmän und sein Zottel

Kolumne
von Joachim Schulz

Eine Zeit lang war Dogmän Dauergast im Café Gum. Er wurde begleitet von einem riesigen, zottigen Hirtenhund, auf den er unentwegt einredete. ...

E ine Zeit lang war Dogmän Dauergast im Café Gum. Er wurde begleitet von einem riesigen, zottigen Hirtenhund, auf den er unentwegt einredete. „Blöderweise“, sagte er, „versteht dieser nicht besonders helle Bursche nur Englisch.“ Ich weiß nicht, ob der Hund tatsächlich Englisch verstand – Fakt aber war, dass Dogmän selber nur rudimentäre Englischkenntnisse besaß, weshalb er sich dem Tier in einem Strom nicht enden wollenden Kauderwelschs mitzuteilen versuchte.

Von diesem kruden Palaver aber verstand der Hund ersichtlich keine Silbe, was Dogmän wiederum ärgerte und noch mehr an den Geistesgaben seines Freunds zweifeln ließ. „Hello? Is there anybody in this hohlem Schädel?!“, rief Dogmän und klopfte seinem Begleiter an die Stirn.

Das Problem war, dass der Hund schon allein wegen seiner Größe überall im Weg stand. Lehnte sich Dogmän im Café Gum an die Theke, hatte der überdimensionale Zottel gar keine andere Chance, als den Weg zum Ausgang und zu den Toiletten zu versperren. Dogmän aber fand durchaus, dass sein Gefährte sich irgendwie dünner machen könnte: „Hey, Buddy, don’t you see that you’re blockiering the way? Hello? Bud?!“

So ging das stundenlang. Dogmän teufelte auf den haarigen Riesen ein, und der Riese rührte sich nicht. Die eigentliche Mission der beiden aber bestand nicht darin, im Café Gum den Weg zu versperren. Traf man sie draußen auf dem Goetheplatz, hörte man Dogmän dem Hund zuflüstern: „Search the guitar!“ Immer wieder: „Search the guitar!“

Denn Dogmän war seine Gitarre abhandengekommen. „Abhandengekommen? Pah!“, rief er: „Weggelaufen ist sie, weil dieser steindumme Riesenflokati nicht auf sie aufgepasst hat!“ – „Aha, weggelaufen“, sagte Raimund süffisant, und Dogmän erwiderte: „Ihr glaubt es nicht, weil ihr die Gitarre nicht kennt!“

Er winkte Pete, dem Gum-Wirt, und bestellte eine Runde Ostfriesengrog, sein Standardgetränk, das nach dem Rezept: „Rum muss, Zucker kann, Wasser brauch nich“ gebraut wurde und mithin aus leicht erwärmtem 54-prozentigem Rum bestand. „Boah!“, keuchten Raimund und ich, denn das Zeug fraß sich wie Säure die Speiseröhre hinunter.

„Die Gitarre“, sagte Dogmän, „ist praktisch meine kleine Schwester. Ich muss auf sie aufpassen, versteht ihr?“ Zum ersten Mal gab der Hund nun ein Geräusch von sich, ein leises „Wuff!“, und ich blickte auf, sah aus dem Fenster, und drüben, auf der anderen Seite des Flusses, entdeckte ich: „Die Gitarre! Da!“ Sie lief tatsächlich die Uferpromenade entlang, und wir – Dogmän, der Hund, Raimund und ich – sprangen auf und stürmten, vom Rum angefeuert, hinaus auf die Straße.

An diesem Punkt setzt leider meine Erinnerung aus. Am nächsten Morgen erwachte ich in meinem Bett, und auch Raimund hatte nach Hause gefunden. Dogmän aber blieb fortan verschwunden, und sehr viel später erst hörten wir davon, dass jemand gesehen habe, wie er an jenem Morgen mit Hund und Gitarre den Autobahnzubringer hinuntergegangen war und den Daumen raushielt.

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