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Nebeneinkünfte von ParlamentariernBundestag mit 7 neuen Gewinnstufen

Die Koalition beschließt ein 10-Stufen-Modell für die Offenlegung von Nebeneinkünften der Bundestags-Abgeordneten. Die Opposition will mehr.

Da ist noch Luft nach oben: Der linke Fuß (im Bild rechts) und der rechte Fuß von Peer Steinbrück. Bild: dpa

BERLIN taz | Im Ringen zwischen Koalition und Opposition um die Offenlegung der Nebenjobs der Parlamentarier ist eine neue Runde erreicht. Union und FDP haben am Donnerstag im Rechtsstellungsausschuss des Bundestags ein erweitertes Stufenmodell beschlossen.

So sollen die Abgeordneten künftig ihre monatlichen Nebeneinkünfte in zehn Stufen offenlegen, wobei die letzte bei 250.000 Euro beginnt. Bislang müssen sie Einkommen aus Nebenjobs in drei Stufen melden: In die erste fallen Einkünfte von 1.000 bis 3.500 Euro, in die zweite bis 7.000 Euro. Stufe drei umfasst Beträge, die darüber hinaus gehen.

Der Koalitionsbeschluss bedeutet größere Transparenz, was die Großverdiener unter den Parlamentariern betrifft: So bleiben die ersten beiden Stufen bis 7.000 Euro gleich. Dann folgen Einkünfte bis 15.000, 30.000, 50.000, 75.000, 100.000, 150.000, 250.000 und über 250.000 Euro.

„Das ist ein Fortschritt, gerade im oberen Einkommensbereich“, so Timo Lange von LobbyControl zur taz. Allerdings sei noch manches offen. So müssten die Auftraggeber klar erkennbar sein. Bei Peer Steinbrücks hoch dotierten Vorträgen waren teilweise nur Vermittlungsagenturen als Auftraggeber benannt. Unklar blieb, von welchen Firmen oder Institutionen das Geld ursprünglich kam. „Das muss geändert werden“, fordert Lange. Auch Christoph Bautz von Kampagnennetzwerk Campact lobt den „Fortschritt“, fügt aber hinzu: „Wir streiten aber weiter für Transparenz auf Euro und Cent.“

Niederlande transparenter

Edda Müller, Vorsitzende von Transparency Deutschland, moniert, dass das schwarz-gelbe Modell weiter hinter der Praxis „in den Niederlanden hinterherhinkt“. Dort müssen die Parlamentarier auf Euro und Cent alles offenlegen.

Der Opposition gehen die zehn Stufen nicht weit genug. Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Thomas Oppermann, hofft, dass der Beschluss „noch nicht das letzte Wort“ ist. Oppermann hatte vor zwei Wochen mit der Forderung nach Offenlegung auf Euro und Cent die Debatte angeheizt.

Auch Volker Beck, parlamentarischer Geschäftsführer der Grünen, will sich mit den zehn Stufen nicht zufriedengeben. Die Grünen fordern die Offenlegung auf Euro und Cent. Sie haben schon vor geraumer Zeit ein 13-Stufen-Modell vorgelegt. „Darunter gehen wir nicht“, hatte Beck angekündigt.

Der Grüne hatte im Rechtsstellungsauschuss noch einen spontanen Kompromissvorschlag gemacht. Dieser hätte das Modell der Koalition oben um eine Stufe über 300.000 Euro erweitert und im unteren Bereich etwas differenziert. Das, so Beck zur taz, habe die Koalition abgelehnt. Es sei bezeichnend, dass die Koalition sich nun das Zehn-Stufen-Modell zu eigen mache, das sie selbst im Rechtsstellungsausschuss schon mal abgelehnt habe. Damals – vor der Steinbrück-Affäre – interessierte diese Debatte allerdings nur ein Fachpublikum.

Enkelmann: „Nur Minischritt“

Dagmar Enkelmann (Linkspartei) erinnerte daran, dass sich die Koalition nur „aufgrund des öffentlichen Drucks bewegt“ habe. Das Zehn-Stufen-Modell sei „ein Minischritt.“ Am Donnerstag, dem 8. November, wird der Ausschuss weitere Details beraten. Nach dem Wunsch der Grünen sollen Parlamentarier auch ein mögliches Recht auf Rückkehr in ihren Job veröffentlichen.

Wie die Grünen fordert auch LobbyControl, die Meldepflicht von Anwälten und Unternehmensberatern zu ändern. Bislang müssen diese beiden Gruppen kaum etwas veröffentlichen, weil die Interessen ihrer Mandanten datenrechtlich geschützt werden sollen. „Zumindest die Wirtschaftsbranche, aus der ein Mandat stammt, gehört offengelegt“ fordert LobbyControl.

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4 Kommentare

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  • H
    Harro

    Warum brauchen wir solche Regelungen und solche Gesetze? Weil die Abgeordneten zum Teil in ihren Nebentätigkeiten drastisch dazuverdienen. Dann sollte man auch die eine Tätigkeit mit der anderen verrechnen und das Gehalt entsprechend senken.

    Ich bin aber dafür, jedwede Nebentätigkeiten Abgeordenten zu untersagen. Solange der Bundestag als Full-Time-Job gewertet wird gibt's keinen Grund für die Möglichkeit zum Zusatzjob oder zu Nebeneinkünften.

     

    Es ist doch klar, dass Abgeordnete hier anfangen, Kasse zu machen und es ist auch klar, dass es nie zu 100-Prozent sauber ist. Übrigens ist das Ganze nicht neu: Norbert Gansel war von 1972 bis 1997 im Bundestag und hat alle seine Ein- und Abgänge verzeichnet und öffentlich gemacht. Das nannte er der "Gläserne Abgeordnete".

     

    Aber auch Peer Steinbrück möchte ja nicht auf Heller und Cent offen legen, was er nun konkret erhalten hat. Deswegen lehne ich diese ganze Systematik ab. Abgeordnete im Bundestag verdienen exzellent und sind extrem gut fürs Alter versorgt - das muss reichen.

  • A
    axel

    Ergänzend und erhellend dazu:

     

    "Nebeneinkünfte lassen sich mit Neu-Regelung weiter verschleiern"

     

    abgeordnetenwatch.de: Blog

    vom 25.10.2012

     

    http://blog.abgeordnetenwatch.de/2012/10/25/nebeneinkunfte-lassen-sich-mit-neu-regelung-weiter-verschleiern/

  • Y
    yberg

    allet blödsinn

     

    wenn der abgeordnete allein oder mit andern ein unternehmen besitzt,dort über die bude kassiert aber keine gewinne entnimmt kommt auch nix in der einkommenssteuererklärung an

     

    jede regel schafft viele umgehungsregeln

     

    in norwegen legen alle bürger ihr einkommen und ihr vermögen offen,was bei uns auch angesagt wär,nur so kriegt man die drecksgriffel in griff

     

    die sprüche ,daß kapital ein flüchtiges reh sei und die reichen entführungen,erpressungen und sonstigen scheiß zu befürchten hätten,ist dummes gelaber interessierter kreise von medien,beratern,schützern und sonstigen katzbucklern und handaufhaltern im eigeninteresse in die welt gesetzt

     

    einfach die firmen und privatpaläste ankieken,die in allen möglichen medien zelebrierten events unsrer angeblichen leistungs- und funktionseliten,umschlawänzelt von der politischen klasse und masse(umwelt),die homestorys unsrer milliardäre,voran leihmutter liz mohn usw. und so fort,die tribünen am samstag beim bundesligafußball ,die golf- und rortarierklubs und so noch weiter und so fort

     

    was ist da scheu.da wird geprotzt was das zeug hält.die milliardärin quandt hat doch ooch erst ihr geld freiwillig zum lover getragen,axel springer hat paläste mit 3 stelligen millionenbeträgen saniert.erst seine witwe hat dann gottseidank das rad runter gedreht und muß jetzt aufpassen ,daß der nachste edle vom stamme nimm nicht aufs falsche gleis kommt

     

    wer heute jemandem geld zukommen lassen will schafft das ohne probleme.

     

    im übrigen kann man nicht nur die beim bundestag akreditierten lobbyisten vergattern ihre zuwendungen ab dem ersten euro jährlich zu veröffentlichen,sondern auch auch ab ner wurstbude aufwärts jedes unternehmen.

     

    als beispiel noch für kreative gestaltung gilt auch der vorstandsposten eines politikersohns bei nem unternehmen,dessen einstellung mit der möglichen verweigerung von subventionen befördert wurde

     

    " wir glauben zu wissen ,was die alle treiben und regen uns auf,wenn wir wirklich wüßten ,was stattfindet , würden wir tätlich werden "

     

    wolf otto von diener geb. 1952 politikberater

  • W
    Wolfgang

    Das es "Gewinnstufen" für "Nebeneinkünfte" für den Deutschen Bundestag bedarf, zeigt wie heruntergekommen die spätbürgerliche Gesellschaftsordnung der deutschen Bourgeoisie und Erbschafts-Milliardäre und ihr Parlamentarismus bereits gekommen ist.

     

    Bemerkenswert ist, die 'freiwillige' geistig-mediale Entmündigung der bürgerlichen Bevölkerungsmehrheit! Ansonsten würde es zu einer 'französischen Revolution (analog 1789)' auch in Deutschland kommen!

     

    Trotz alledem!