piwik no script img

Mahnwache gegen Spieler Billstedt gegen Zocker

Die Bezirksversammlung Mitte wehrt sich gegen eine neue Spielhalle, sie soll die größte Hamburgs werden und die 102. im Bezirk. Eine Baugenehmigung liegt vor

Ein Paradies für SpielerInnen: Im Stadtteil Billstedt entsteht gerade die 102. Spielhalle. Doch es regt sich Widerstand. : DPA

Arbeiter werkeln, ein Kran surrt. Ruhig wird es möglicherweise am heutigen Dienstag an der Baustelle an der Möllner Landstraße/Ecke Letternkamp wieder nicht sein. Zwischen 17.30 und 18 Uhr soll es hier eine Mahnwache geben.

Auf dem kleinen Bauschild, zweifach provisorisch am Bauzaun befestigt, steht: „Neubau eines Gebäudes mit 3 Spielhallen und Sportcafé“. Gestern waren Bauarbeiter noch mit dem Keller beschäftigt, allzu weit ist das Erdgeschoss nicht mehr entfernt. Indes regt sich mächtig Widerstand gegen den Neubau.

Michael Osterburg (GAL), Fraktionschef in der Bezirksversammlung Mitte, glaubt, dass es noch rechtliche Handhabe gibt. Bislang sei nur die Baugenehmigung für das Projekt erteilt worden. In der letzten Sitzung der Bezirksversammlung sei zudem beschlossen worden, dass sich das Parlament gegen die neue Spielhalle ausspricht.

Außerdem wurde der Bezirksamtsleiter gebeten, „die ihm zur Verfügung stehenden rechtlichen Möglichkeiten zur Verhinderung der Aufnahme des Spielhallenbetriebs voll auszuschöpfen“.

Die Sozialdemokraten spielen in ihrem Beschlussvorschlag auf den Glücksspielstaatsvertrag an: Der sehe klar vor, dass Spielhalle und Wettbüro nicht unter einem Dach betrieben werden dürften und auch keine Mehrfachkonzessionen erteilt werden könnten. „Spielhallen sprießen wie Pilze aus dem Boden“, kritisiert Osterburg – immerhin gebe es jetzt eine Veränderungssperre, die etwa vom Legiencenter bis zur Reclamstraße reiche.

Mike Neschki von der Initiative „Hallo Billstedt“ findet auch, dass es schon jetzt „unzählige“ Spielhallen in Billstedt gibt. Das im Bau befindliche Projekt solle die größte Hamburger Spielhalle werden. Es gebe ein Suchtproblem, fügt Neschki hinzu, zudem hätten „80 Prozent der Spielsüchtigen einen Migrationshintergrund“. Dies seien Zahlen, die dazu führten, „dass sich in der Bevölkerung etwas regt“.

Eine flüchtige Überprüfung zeigt indes, dass der Eindruck, Billstedt sei schon jetzt mit Spielhallen reich gesegnet, stimmt. Das Bezirksamt Mitte spricht auf Anfrage von 101 registrierten Spielhallen in seinem Bezirk. „Mit der Frage, wie viele Spielhallen tragbar sind, hat sich das Bezirksamt noch nicht abschließend beschäftigt“, sagt Sprecher Hartwig Behrens. Für die Möllner Landstraße sei die „gewerberechtliche Genehmigung noch nicht erteilt worden“.

Vom Billstedter Investor, einem Berliner Unternehmen, war bislang keine Stellungnahme zu erhalten.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen