piwik no script img

Kommentar Unterbringung von FlüchtlingenInszenierte Notlage

Kommentar von Kai von Appen

Hamburg behauptet, es könne Flüchtlinge nur in der Erstaufnahme zusammenpferchen. Dabei gibt es reichlich Raum für eine menschenwürdige Unterbringung.

M an mag es der Stadt nicht recht glauben: Hamburg behauptet, es könne Flüchtlinge nicht anders unterbringen als sie in der Erstaufnahme zusammenzupferchen oder gar in Zelten leben zu lassen. Denn es waren ja die Innenminister und -senatoren der fünf Küstenländer, die am 12. Oktober bei ihrem Treffen in Schwerin lautstark ins selbe Horn stießen wie bis dahin nur Bayern: Um den Flüchtlingsstrom zu stoppen, sollten von Menschen aus Mazedonien und Serbien wieder Visa verlangt werden.

Aus dieser Logik heraus ist es natürlich nur konsequent, Flüchtlingen ihr Unerwünschtsein möglichst konkret am eigenen Leib spüren zu lassen. Auf dass sie über in ihrer Heimat von den prekären Zuständen berichten mögen – und potenzielle Nachzügler abschrecken.

Dabei ist Raum für eine menschenwürdige Unterbringung reichlich vorhanden. Auch wenn es in Hamburg an Sozialwohnungen mangelt – längst nicht nur für Flüchtlinge, sondern auch für wohnungs- und zimmerlose Auszubildende und Studierende: In Hamburg stehen zurzeit rund 1,4 Millionen Quadratmeter leer: Büroräume, die in der Regel sogar über sanitäre Einrichtungen auf der Etage verfügen.

Wäre der Senat wirklich bemüht, die Notlage zu beseitigen, könnte er diesen Büro-Leerstand nutzen – und sei’s, indem er nicht genutzte, nur zum Steuersparen dienende Flächen beschlagnahmt.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Hamburg-Redakteur
Jahrgang 1956, Seit 1983 bei der taz – zuerst bei der taz.hamburg und jetzt bei der taz.nord in Hamburg. Ressorts: Polizei, Justiz, Betrieb und Gewerkschaft. Schwerpunkte: Repression, progressive Bewegungen und Widerstand gegen Gentrifizierung
Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • K
    Kimme

    Schöne Idee Herr von Appen, aber nur weil die Räumlichkeiten leer stehen, heisst das noch lange nicht, dass der Hamburger Senat auch Verfügung über sie hat. So zB wenn diese Räume einem privaten Besitzer oder einem Unternehmen gehören.