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Kommentar zu Sanktionen gegen Hartz-IV-EmpfängerHilfe statt Strafe

Kommentar von Sebastian Heiser

Das Problem in Deutschland ist nicht, dass es zu viele Arbeitslose gibt, die nicht arbeiten wollen. Das Problem ist, dass es zu wenige freie Stellen gibt.

W arum gibt es eigentlich so viele Arbeitslose in Deutschland? Weil sie sich nicht genug anstrengen. Dieser Grundgedanke steckt jedenfalls hinter den Sanktionen für Hartz-IV-Empfänger. Die Sanktionen bestrafen diejenigen, die nicht pünktlich zu ihren Terminen beim Amt erscheinen, die eine Weiterbildungsmaßnahme ablehnen oder keinen 1-Euro-Job machen wollen. Aber was würde es denn helfen, wenn ab morgen alle Hartz-IV-Empfänger all diesen Pflichten nachkämen? Wie stark würde die Arbeitslosigkeit dadurch sinken? Genau: Gar nicht.

Das Problem in Deutschland ist nämlich nicht, dass es zu viele Arbeitslose gibt, die nicht arbeiten wollen. Das Problem ist, dass es zu wenige freie Stellen gibt. Und es gibt genug Arbeitslose, die dringend einen Job suchen. Die zu allen Terminen pünktlich kommen. Die liebend gerne jede Weiterbildung machen, die sie wirklich für einen guten Job qualifiziert.

Sanktionen abschaffen

Unter diesen Umständen sollte die Aufgabe der Jobcenter sein, jene in Arbeit zu bringen, die das wollen und bei denen das realistisch ist. Und alle anderen? Warum sollte man die mit Sanktionen behelligen – wenn doch eh klar ist, dass es am Ende keinen Job für sie gibt? Mit „Fördern und Fordern“ – so wie es die rot-grüne Bundesregierung behauptete, die das System einführte – ist das jedenfalls nicht zu erklären. Es macht mehr den Eindruck, als ob es bei den Sanktionen darum geht, Langzeitarbeitslose zu diskriminieren und zu schikanieren. Was sie allerdings bräuchten, wäre Hilfe statt Strafe.

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4 Kommentare

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  • O
    Oliver

    Und wieder gibt es Hungersnöte in Deutschland.

    Nicht bei allen, die meisten konnten sich die Weihnachtsgans noch leisten.

    Doch wieder wird eine Minderheit ausgegrenzt und Menschen das wichtigste was sie zum Leben brauchen, was zum essen und ein Platz zum Leben, vorenthalten.

    Und wieder schauen die meisten weg oder lassen sich sogar noch aufhetzen zur Jagt nach den so genannten „Sozialschmarotzer“ und ihnen ist es egal, wenn ein Arbeitsloser in seiner kalten Wohnung hungert und vielleicht finden sie es dann sogar auch noch gut, wenn dieser Mensch dann aus seiner Wohnung vertrieben wird, weil er die Miete nicht mehr zahlen konnte.

    Und wieder gibt es bereitwillige Helfer des Schreckens, die kalt und herzlos Menschen ins Elend stürzen. Die Hilfesuchende mit irgendwelchen Schikanen klein machen wollen, sie zu niedersten Arbeiten versklaven und Menschen dann, aus dubiosen Gründen, die Lebensgrundlage nehmen.

    Hartz 4 ist das EXISTENZMINIMUM!

    Wie kann ein menschenwürdiges Leben, wie es von der Verfassung und den Menschenrechten gefordert wird, noch möglich sein, wenn Hartz 4 dann noch gekürzt wird?

    Anscheinend gibt es wieder Untermenschen in unserem Land, deren Leben weniger wert ist und auf die der „Normale“, der noch gebraucht wird im Produktionsablauf, herabschauen kann und von der Angst getrieben, auch dorthin abrutschen zu können, arbeitet er fleißig, nimmt Lohnkürzungen in kauf und muckt nicht auf gegen die Obrigkeiten.

    Doch die Produktion verlagert sich immer mehr in andere Gegenden und immer mehr von Menschen gemachte Arbeit wird von Maschinen übernommen, so das die Zahl derer die nicht mehr gebraucht werden immer größer wird.

    Wohin wird das führen, zu einem Land im Elend, beherrscht von Wenigen denen alles gehört und die abgeschirmt in ihrer Luxuswelt leben, währendem die Meisten, nicht mehr gebraucht werden und an Hunger, Kälte und Krankheiten zugrunde gehen?

    Sind die meisten Menschen wirklich so dumm, diesen Weg mit zu gehen?

    Bisher sieht es so aus.

  • VB
    von Bödefeld

    Was völlig unter den Tisch gekehrt wird, ist die Tatsache,m das diese Gesetzgebung einzig und allein nur einen wirklichen Zweck verfolgt hat...

     

    Einen gigantischen Niedriglohnmarkt einzuführen, die Löhne zu drücken und den noch erwerbstätigen Gehaltsempfängern Druck zu machen. Dort herrscht miitlerweile die nackte Angst vor dem Abrutschen in die Arbeitslosigkeit, unterstützt wird diese üble Kampagne auch noch von den willfährigen Massenmedien ala Springer und Co, die sich als Instrument der unfähigen Politik benutzen lassen.

    Die Gewerkschaften als sogenannte Arbeitervertreter schauen dabei zu... Ein Schlem... der Böses dabei denkt... sind doch diese mittlerweile auch nur noch Unternehmer mit sehr vielen Beschäftigten.

     

    Das Grundübel bzw. die Ursache wagt keiner anzusprechen... durch Automatisierung und Globalisierung ist nämlioch nicht mehr genügend Arbeit für Alle da... Daran zu denken würde allerdings bedeuten... Besitzstände aufzugeben um vorhandenen Arbeit gerechter zu verteilen...

  • P
    Psychologie

    Genau so ist es!

    Und noch schlimmer.

    Das Einprügel auf Leistungsempfänger, die einen Termin verpasst haben, ist eine Handlung, die Schuld und Angst in der Gesellschaft und bei den Sachbearbeitern kompensiert. Es stellt nämlich klar, daß der Hilfsbedürftige selbst schuldig ist an seiner bedürftigkeit.

    Und deshalb ist der Rest (der Sachbearbeiter und die Gesellschaft) einerseits unschuldig und muß andererseits auch selbst keine Angst vor einem ähnlichen Schicksal haben.

  • W
    Warum?

    Alles Schöngerede hilft hier nicht weiter. Gebt den SGB-II-EmpfängeRinnen endlich ihre Würde wieder und schmeißt sie nicht in den Topf mit einem, der inzwischen wegen einer Schmiergeldaffäre vorbestraft worden ist!!! Peter Hartz ist ein Vorbestrafter und sollte nicht mehr Namensgeber für mehrere Millionen Menschen sein! Bitte liebe TAZ redet nur noch von SGB-II-EmpfängeRinnen, solgange Hartz-IV genannt wird, klingt das wie ein Stigma, das ja auch von herrschenden genauso gewollt ist! Ist es denn so schwer ein wenig auf seine Worte zu achten. Und noch etwas ist faul, wieder werden HinzuverdieneRinnen einfach verschwiegen. Sie müssen aber auch jedes Mal erwähnt werden, damit die Masse begreift, dass hier mit einem Wortspiel Menschen stigmatisiert werden. ´

     

    Nehmen wir ihnen die Macht, mit Worten ganze Bevölkerungsstrukturen böse zu reden, zeigen wir mit Mittel-, Ring- und Kleinemfinger auf sie zurück, wenn sie auf uns mit dem Finger zeigen!

     

    Haltet die Reihen geschlossen, schon alles vergessen?