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Film „Killing Them Softly“Schlechte Zähne sind das Mindeste

Andrew Dominiks Thriller „Killing Them Softly“ ist nicht nur sehr blutig, sondern auch sehr zynisch. Kapitalismuskritik ist recht billig zu haben.

Der Auftragskiller Cogan (Brad Pitt) in „Killing Them Softly“. Bild: Wild Bunch Germany

Mit seinem elegischen Film „Die Ermordung des Jesse James durch den Feigling Robert Ford“ verabschiedete Andrew Dominik den Spätwestern im Schwanengesang, mit „Killing Them Softly“ führt er nun ganz Ähnliches mit dem von Pulp- und Hard-Boiled-Literatur vollgesogenen US-Indiethriller der 90er Jahre im Schilde.

Dieser markierte damals noch mittels souverän-smarter Verweis- und Zitatsysteme akute Zeitgenossenschaft – zur festen Form geronnen ist er heute selbst als filmhistorischer Steinbruch von Interesse.

Den ausgestellten zynischen Nihilismus jenes losen Filmzusammenhangs löst bereits der Titel ein: Wird in „Killing Them Softly“ gestorben, so geschieht dies alles andere als sacht. Ray Liotta etwa, selbst ein zentrales Gesicht der 90er und hier als Klein-Mafiosi aus dem Glücksspiel-Hinterzimmer-Milieu zu sehen, wird an einer Stelle derart derb zu Brei gekloppt, dass man in der erbarmungslosen Insistenz, mit der die Kamera Liotta bis zu seiner eigenen Kotze in der Gosse folgt, fast schon Symbolpolitik lesen möchte: langsames, schmerzhaftes Sterben einer einstigen Machismo-Ikone. Aber nur fast.

Auch abseits davon aalt sich „Killing Them Softly“ genüsslich in einem bunten Strauß Devianzen, dass man dahinter kaum Reflexion, sondern Programm vermutet: Schlechte Zähne und Heroin-Elend sind noch das Mindeste, einmal unterhalten sich zwei über bestialischen Hundescheiße-Gestank im Wagen. James Gandolfini spielt eine Art ins Hysterische übersteuerte Kopie seiner Glanzrolle als Tony Soprano mit einer geradezu obsessiven Vorliebe für Analverkehr.

Finanzkrise überall

Demonstrativ lässig, eloquent und betont auf Professionalität bedacht, bildet Brad Pitt im dezent matt-schwarz gehaltenen Outfit Ruhepol und souveränes Zentrum einer Welt, die zur Blütezeit der Finanzkrise – der Film spielt 2008 – nurmehr als Morasttümpel denkbar scheint. Als kaltherziger Profi fürs mafiös Grobe, dem keine Schmutzigkeit unbekannt ist, obwohl er sich die Finger nur selten schmutzig macht, wird er auf zwei trottelig-debile Kleingangster angesetzt, die einen illegalen Glücksspielring um einige Geldsäcke erleichtert haben.

So weit, so pulpig – man mag sich gut vorstellen, dass die literarische Vorlage von George V. Higgins aus dem Jahr 1974 weniger als geradliniger Actionthriller, wohl aber als Auslotung von Figuren- und Interessenskonstellationen glänzend funktioniert.

Doch statt sich darauf zu konzentrieren, tüncht Andrew Dominik seinen Film noch tief in Subtext-Schmiere ein. Kaum eine Sequenz, die nicht via Fernsehen oder Radio Finanzkrise und Präsidentschaftswahlkampf in den Film hievt, um mit raunender Lakonie Gosse und erste Etage des Landes nebulös aufeinander zu beziehen. Droben wie hienieden geht es ums Geld, und wenn das Geld nicht mehr fließt, hört der Spaß unter Berufspolitikern wie -gangstern ganz schnell auf.

Aha – Jubel allerorten über „tiefsinnige“ Kapitalismuskritik in billigen Assoziationen. Verabschiedet hat Andrew Dominik schließlich auch den Genrefilm mit politischer Message.

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4 Kommentare

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  • S
    so(oft)

    an thomas:

    sie haben die kommentare gelesen und sind, in Ihre reaktion, ein bisschen unfreiwilig komisch- aber nur ein bisschen.

     

    sonst bin ich einverstanden. habe den film gesehen und fand ihn auch misslungen. lost in dialog würde ich sagen. und diese kapitalismuskritik, so aufs auge gedtuckt... nicht gut gemacht.

    auch brad pitt spielt nicht die rolle senes lebens.

    hoffe dass das buch besser ist, der film hat mich neugiereig gemacht.

  • G
    G.N.

    Der Film ist klasse.

    Brad Pitt,James Gandolfini, Scott McNairy,Ray Liotta,

    Ben Mendelsohn,Richard Jenkins u.s.w., alle gross.

    Die Kritik ist hoch fliegende Scheisse.

    Wenigstens kam nicht der beknackte Tarantino-Vergleich. George V.Higgins hat nämlich schon solche

    Dialoge geschrieben, da hat sich Tarantino noch die

    Pickel ausgedrückt.

  • LH
    lilli holm

    diese Kritik demonstriert nur die Eitelkeit des Schreibers.

  • T
    Thomas

    Habe den Kommentar gelesen und bin kein bisschen schlauer geworden. Bei Kritiken habe ich manchmal das Gefühl als ob der jeweilige Autor einfach blind das Fremwörterlexikon aufschlägt und die dort entdeckten Buchstabenkombinationen aneinander reiht. Sollte es Sinn ergeben, super. Wenn nicht, auch kein Beinbruch, es könnte ja weiterhin als tiefsinnig gelten.