Kommentar Fracking: Frösche und Forscher
Bei Debatten zur Energiewende ist Bürgerbeteiligung essenziell. Davon hält das Bundeswirtschaftsministerium allerdings nicht besonders viel.
E iner der dämlicheren Sprüche im Repertoire der Mächtigen ist es, dass, wer einen Sumpf trockenlegen wolle, nicht vorher die Frösche fragen dürfe. Denn in einer Demokratie ist eben die Beteiligung der Betroffenen moralisch und rechtlich geboten. Und sie führt, ganz pragmatisch betrachtet, auch zu besseren Ergebnissen. Der Antrag von Nordrhein-Westfalen im Bundesrat zum Thema Fracking ist also keine Marginalie.
Demnach sollen bei den Genehmigungsverfahren für die Förderung von Erdgasvorkommen mittels Flüssigkeiten, die in tiefe Erdschichten gepresst werden, künftig verpflichtend Umweltverträglichkeitsprüfungen eingeführt werden. Zwar führen solche Prüfungen bislang nicht dazu, dass Infrastruktur- oder Bergbauvorhaben verhindert würden.
Aber sie schaffen Öffentlichkeit, indem sie die Beteiligung Betroffener organisieren. Dass diesen die fachliche Kompetenz für Mitsprache fehlen würde, ist kein stichhaltiges Argument. Wer sein Recht auf Mitsprache erkennt, sammelt Fachwissen – Menschen, die sich in einer Bürgerinitiative engagiert haben, wissen das.
Wenn die ins Stocken geratene Energiewende bislang eines gezeigt hat, dann, wie wichtig eine solche Teilhabe ist. Werden die Anrainer von Stromleitungen nicht an der Planung beteiligt, verhindern sie den Netzausbau. Das Gleiche gilt für den Bau von Windparks oder die Entwicklung von Elektroautos.
Wenn die Forscher nicht den Kontakt zu den potenziellen Nutzern ihrer Innovationen halten, bleiben ihre Entwicklungen im Schrank. Das größte Problem der Energiewende ist, dass eine wichtige Institution wie das Bundeswirtschaftsministerium nicht nur die Möglichkeiten erneuerbarer Energien unterschätzt, sondern auch wenig von demokratischer Teilhabe an großen Infrastruktur- und Technologieprojekten hält.
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